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Kunstraub in Paris

"EInfach" genial: Sie brauchen keine spektakuläre Technik und keinen ausgetüftelten Plan: Eine eingeschlagene Scheibe im Museum für moderne Kunst genügte Dieben in Paris, um die französische Polizei und die internationale Kunstwelt in Aufregung zu versetzen.

Von Irene Geuer, Hans Woller und Stefan Maas | 20.05.2010
    Picasso, Matisse, Braque, Modigliani und Leger. Normalerweise versetzen diese Namen Kunstliebhaber in Verzückung. Heute versetzen sie die Kunstwelt eher in Aufregung. Eine eingeschlagene Scheibe, ein geknacktes Vorhängeschloss – mehr brauchte es nicht - und schon waren fünf Bilder aus dem Museum für moderne Kunst in Paris verschwunden. Bei mir im Studio ist mein Kollege Stephan Koldehoff, Experte für gestohlene Kunst. Herr Koldehoff, als die Nachricht heute bekannt wurde, hieß es gleich, einer der bedeutendsten Kunstdiebstähle aller Zeiten. Wie sehen Sie das?

    "Die Frage ist ja zunächst mal, woran macht man das eigentlich fest? Wie immer am Wert der Bilder? Das ist ein sehr dehnbarer Begriff, denn der Kunstmarkt ist sehr wankelmütig. Oder an der kunsthistorischen Bedeutung. Was die kunsthistorische Bedeutung angeht ist es sicherlich ein bedeutendes Ereignis, denn es sind wichtige Bilder von wichtigen Malern der klassischen Moderne. Was den Wert angeht, es war ja zunächst die Rede von 500 Millionen Euro, die diese Bilder wert sein sollten, das ist mit Sicherheit zu hoch gegriffen. Ich würde sagen, mit ungefähr 100 Millionen Marktwert liegt man richtig. Da ist es, wenn man das so zynisch formulieren darf, eher ein Kunstraub, der im Mittelfeld liegt."

    Trotzdem war es ein spektakulärer Raub, schon weil er so spektakulär simpel erscheint und die französische Polizei und die Verantwortlichen im Museum ratlos zurücklässt. Was war passiert? Aus Paris berichtet Hans Woller.

    Es war 6 Uhr 50 am Morgen als Angestellte des städtischen Pariser Museums für Moderne Kunst am Trocadero ihre erste Runde drehten und dabei ein offenes Gitter, ein geknacktes Vorhängeschloss und eine eingeschlagene, zwei Meter hohe Fensterscheibe im Erdgeschoss entdeckten. Die Wärter des 1961 gegründeten Museums, das über rund 8000 Werke aus den wichtigsten Kunstströmungen des 20. Jahrhunderts verfügt - sie fanden nur noch die Rahmen der Meisterwerke vor, die den ganzen Nachmittag über in einem Innenhof an die Außenwand des Museums gelehnt waren und von der Spurensicherung der Kriminalpolizei bearbeitet wurden.

    Rahmen, die bis zur vergangenen Nacht Picassos "Taube mit Erbsen" , Matisse " Pastorale" und, in ähnlich mediterranen Farbtönen gehalten, Georges Braques "Olivenbaum in l’Estaque" umrandet hatten, sowie Modiglianis "Frau mit dem Fächer", in Gelb vor bordeauxrotem Hintergrund, das für ein breites Publikum wohl das bekannteste Werk ist und Fernand Legers "Stillleben mit Kerzen". Professor Andreas Beyer vom Deutschen Forum für Kunstgeschichte in Paris:

    "Das ist sehr schmerzlich für so ein Museum, weil der Schaden immens ist, ob das nun hundert oder fünfhundert Millionen sind, ist da fast schon egal, das sind Symbolwerte letztlich, und auch für ein Museum wie dieses ist es jetzt in Zukunft natürlich schwieriger, zum Beispiel Leihgaben zu erhalten, also das ist für ein Museum ein Supergau."

    Der Pariser Bürgermeister, Betrand Delanoe, verkündete per Kommuniqueé, er sei traurig und schockiert über diesen Raub, der einen unerträglichen Angriff auf das universelle Kulturgut der Stadt Paris darstelle und sprach dem Direktor des Museums, Fabrice Hergott, seine Solidarität aus.
    Ein Bürgermeister, der sich als Hausherr dieses Museums am Trocadero, das für Besucher bis auf weiteres geschlossen bleibt, aber bald auch Fragen nach den Sicherheitsvorkehrungen und Standards in den städtischen Museen wird stellen lassen müssen. Denn bislang ist immer noch unklar, warum keine Alarmanlage vorhanden war oder die vorhandene Alarmanlage nicht funktioniert hat, beziehungsweise das betreffende Fenster nicht an die Alarmanlage angeschlossen war – das einzige was aus Kreisen der Ermittlungsbehörden durchsickerte ist die Information, die Videoaufzeichnungen der Überwachungskameras hätten gezeigt, wie ein Mann, schwarz gekleidet und mit Kapuze, durch ein Fenster des Museums eingestiegen sei.

    Das Französische Zentralamt zur Bekämpfung des illegalen Handels mit Kulturgütern, eine 1975 gegründete, hoch spezialisierte Behörde, hatte in den vergangenen Jahren jedenfalls bereits mehrmals die ungenügenden Sicherheitsvorkehrungen an französischen Museen beklagt, besonders in Paris, wo erst im letzten Jahr ein Zeichenblock von Picasso im Picasso Museum des 3. Arrondissements entwendet worden war.

    Stefan Koldehoff, sie haben eben schon gesagt, zunächst war von einem viel höheren Wert die Rede, jetzt geht es "nur noch" um einhundert Millionen. Wie kommt es eigentlich zu diesem Preisverfall?

    "Ich glaube, dass liegt daran, dass man sich daran erinnert hat, das vor zwei Wochen ein Picasso-Gemälde für 106 Millionen Dollar versteigert worden ist in New York, und das man da dann einfach hochgerechnet hat. Ein Picasso ist dabei, die vier anderen Bilder können auch nicht wesentlich günstiger sein. Also den Picasso-Preis mal fünf landen wir bei 500 Millionen. Wenn man sich aber mal, und das habe ich getan, von den Auktionshäusern die bisherigen Rekordzuschläge für die fünf Maler kommen lässt, dann ist der Picasso ein Ausreißer, dann liegen die andern, Braque, Leger, Matisse, Modigliani alle bei höchstens 30 – 40 Millionen. Das ist immer noch viel Geld, aber auf 500 Millionen kommt man da nicht."

    Wer stiehlt also solche Kunstwerke?

    "In der Regel organisierte Banden, hochspezialisierte Experten. Vor etwa 20 Jahren, das sagen weltweit übereinstimmend alle Polizeibehörden, kamen sie vor allen Dingen vom Balkan und aus Osteuropa. Häufig ehemalige Soldaten, die aus Armeen kamen, deren Länder in Auflösung begriffen waren, oder wo kein Sold mehr gezahlt werden konnte, die aber durchaus in der Lage waren, in Gebäude einzudringen, die gut trainiert waren. Damit einher ging damals eine zunehmende Brutalisierung des Gewerbes. Der Kunstdiebstahl war bis dahin immer so etwas wie die Gentleman-Disziplin. Man kennt ja diese netten Filme aus den 60er Jahren, in denen dann ein Carry Grant oder ein Rock Hudson über die Dächer kommt, möglichst noch die Bilderbesitzerin vorher in den Arm nimmt und küsst bevor er dann mit dem Mädchenportrait von Renoir wieder aus dem Fenster verschwindet. Das ist seit etwa 20 Jahren nicht mehr der Fall. Man erinnere sich an Fälle wie den Raub von Edward Munchs Gemälde "Der Schrei" aus dem Museum in Oslo, oder vor zwei Jahren dann den Überfall auf die Sammlung Bühler, ein Privatmuseum in Zürich, da sind maskierte Täter zu den ganz normalen Öffnungszeiten mit Schusswaffen in die Räume eingedrungen, haben die Besucher gezwungen, sich auf den Boden zu legen, brutal die Bilder von der Wand gerissen und sind damit wieder verschwunden."

    Dieses Mal scheint es ja eher wieder die klassische Methode gewesen zu sein. Lässt das ein Rückschluss auf die Täter zu?

    "Es ist zumindest sehr erstaunlich. Bislang ist ja die Rede von einem Einzeltäter, den die Kamera aufgenommen habe, der wie Sie vorhin schon gesagt haben, das Schloss geknackt hat an einem Gitter, dann ein Fenster eingeschlagen hat, eingedrungen ist in die Ausstellungsräume, offenbar die Bilder aus den Rahmen geschnitten, gerollt hat und damit dann wieder verschwinden konnte. Das ist schon höchst ungewöhnlich. Denn, ich kenn das Museum in Paris, bin dort oft gewesen, auch dort ist man natürlich Alarmgesichert, auch dort gibt es natürlich Lichtschranken, Lasersicherungen, Bewegungsmelder an den Fenstern. Ich vermute ehrlich gesagt eher, dass das ein sogenannter Insider-Job war. Das der oder die Täter also Unterstützung aus dem Museum hatten, irgendjemanden, der ihnen Türen öffnete, Alarmanlagen abstellte oder auf andere Weise geholfen hat."

    Zahlt eine Versicherung eigentlich für gestohlene Bilder?

    "Das ist ganz unterschiedlich. Sie tut es in der Regel bei Privatsammlern, übrigens durchaus auch in Form von Lösegeldern, denn, was Täter häufig tun, wenn sie gestohlen haben, ist sich anschließend an die Besitzer wenden um Artnapping zu betreiben, also ein Lösegeld zu erpressen. Da zahlt eine Versicherung dann in der Regel, weil dieses Lösegeld deutlich unter dem Preis läge, den man zahlen müsste, wenn das Bild nicht zurückkommt. Bei öffentlichen Museen ist das anders. Öffentliche Sammlungen sind häufig überhaupt nicht versichert, weil entweder die Prämien zu hoch sind, oder weil bei einem Versicherungsabschluss die Versicherung bestimmte Forderungen stellen würde, was Sicherheitsanlagen angeht, und das ist dann ebenfalls sehr teuer zu finanzieren."

    Auf der Internetseite der französischen Zeitung Figaro schrieb ein Leser: "Das ist ja schlechter gesichert als mein Fahrrad in meinem Keller." In der Tat denkt man als Kinogänger ja bei Kunstdiebstählen eher an Tom Cruise durch irgendwelche Netze von Laserstrahlen winden muss, um an ein Kunstwerk zu kommen, als ein Vorhängeschloss. Wieso sichern ihre Museen ihre Bilder eigentlich so schlecht, dass es immer wieder zu solchen Diebstählen kommt.

    "Weil häufig einfach kein Geld da ist, mehr in die Sicherheit zu investieren. Also sowohl in die Technik, also Alarmanlagen, als auch ins Personal, also qualifizierte Aufseher, die dann eben nicht wie offenbar in Paris geschehen, nur auf einem Punkt sitzen sondern regelmäßig ihre Runden drehen. In Paris, wo die Museen ähnlich wie in Deutschland öffentlich finanziert werden, ist die Lage ähnlich desolat wie bei uns. Es gibt kaum mehr Geld für Anschaffungen von Museen, es gibt kaum mehr Geld für Ausstellungen, kaum mehr Geld für Personal, und an die Sicherheit wird dabei häufig zuletzt gedacht. Nun muss man sich allerdings auch fragen, wie viel Sicherheit ist überhaupt möglich, wie weit kann man überhaupt gehen. US-Museen gehen zum Teil dazu über, ihr Wachpersonal zu bewaffnen, da laufen dann tatsächlich Damen und Herrn mit sichtbarem Colt an der Seite in den Räumen herum. Was wäre in dem Fall, wenn jemand versucht ein Bild zu stehlen, es wird geschossen, und ein Querschläger trifft plötzlich ein Kind oder irgendjemand anderen. Ist irgendein Bild es wert, dass ein Mensch dafür stirbt, dass es nicht gestohlen wird?"

    Die schlechte Sicherung spielte auch bei einem der spektakulärsten Kunstdiebstähle aller Zeiten eine entschieden Rolle. 1911 wurde die Mona Lisa aus dem Louvre gestohlen. Paris war geschockt, die Welt hielt den Atem an, es kam sogar zu internationalen Verwicklungen. Irene Geuer über den Diebstahl des berühmtesten Lächelns der Welt.

    Es war der 22. August 1911 als in Frankreichs wichtigstem Museum, im Louvre, immer noch alles seinen geregelten Gang ging. Am Vormittag fragte einer der Mitarbeiter beiläufig nach, wo denn die Mona Lisa sei? Diese Frage erschreckte zunächst niemanden. In einer ersten Stellungnahme versuchte dies der stellvertretende Museumsleiter Stunden später so zu erklären:

    "Heute Vormittag bemerkte der Aufseher im Salon Carré, dass das Bild nicht da war, er erklärte es sich aber mit der Nachlässigkeit des amtlich zugelassenen Photographen, der es oft in sein Atelier nimmt und es erst am nächsten Morgen vor Öffnung des Museums zurückbringt."

    Erst am Mittag kamen dem Aufseher Zweifel und er informierte den Oberaufseher.

    "Der stürzte zu mir ins Büro und sagte, keiner wisse, wo das Bild geblieben sei. Ich rief Lépine an."

    den damaligen Pariser Polizeipräfekten

    "Richtig – Lepine ordnete die Schließung des Museums an und schickte ein Heer von Beamten, das nach einer Stunde gründlichen Suchens den leeren Rahmen einsam auf einer Garderobentreppe stehen sahen."

    Das wohl teuerste Bild der Welt hatte nur an vier Haken gehangen. Zwei davon stützten lediglich den Rahmen. Kommissar Lépine, der den Innenminister über diesen Vorfall informiert hatte, erklärte schließlich:

    "Ich glaube, es gab nicht nur einen Dieb. So handelt es sich vielleicht um einen Sabotageakt unzufriedener Louvre-Angestellter. Ich glaube, wir werden das Bild bald auffinden können."

    Die Zeitungen griffen die Worte des Kommissars auf. Der Louvre sei nichts anderes als ein Schuttabladeplatz für regierungstreue Versorgungsfälle. Der Diebstahl wurde zum Politikum. Köpfe rollten, schließlich übernahm das Finanzministerium die Zuständigkeit für die Museen.

    Währenddessen verwandeln sich die Ermittlungen in eine Jagd. Überall werden Männer gesichtet, die ein 76,8 mal 53 Zentimeter großes Paket bei sich tragen. Die französische Polizei verfolgt Passagierschiffe nach Südamerika und nach New York. Angeblich soll sich die Mona Lisa an Bord befinden. Eine Hellseherin versucht zu helfen: Der Dieb sei jung und habe dichtes Haar. Andere glauben an einen feindlichen Akt Deutschlands. Schließlich brodelt gerade die Marokko-Krise. Zeitungen überbieten sich mit Belohnungen für Hinweise auf den Dieb. Doch ein solcher meldet sich selbst. Gery Pieret, ehemaliger Boxer und angeblicher Kunstkenner. Und er macht Schlagzeilen:

    "Ein Dieb bringt uns eine im Louvre gestohlene Skulptur. Kurator erkennt das Stück als Museumsbesitz wieder. Eine unglaubliche Geschichte."

    Anscheinend war dieser Gery Pieret im Louvre ein- und ausgegangen und hatte sich in verschiedenen Abteilungen bedient. Anschließend verscherbelte er seine Beute. Unter anderem an einen Künstler namens Picasso. Den hatte er bei dem Dichter Apollinaire kennen gelernt. Als

    "L´affaire des statuettes"

    ging diese Affäre in die Geschichte ein.

    "und insofern nimmt es nicht wunder, das beim Diebstahl, beim spektakulären Diebstahl nun eben auch so bunte Vögel will ich sagen wie Picasso oder Apollinaire zeitweilig auch in den Fokus der Behörden geraten sind","

    sagt die Kunsthistorikern Ulli Seegers, die im Auftrag des Art Loss Registers weltweit nach verschwundener Kunst fahndet. Schließlich aber bekam der Richter Mitleid mit den Künstlern, die bei ihrer Vernehmung in Tränen ausgebrochen waren. Sie konnten einfach nichts mit dem Verschwinden der Mona Lisa zu tun haben. Auch der Verdacht, Geriet Pieret sei der Meisterdieb, bestätigte sich nicht.

    "Ich betrat den Louvre gegen sieben Uhr Morgens und gelangte ungesehen in den Salon Carré. Ich hängte die Mona Lisa ab, nahm sie und ging fort."

    Sagte der wahre Dieb zwei Jahre später, als er sich in Italien einem Kunsthändler anvertraute. Es war Vincenzo Perrugia. Aber es gibt auch noch eine andere Version. Danach hatte Perugia zwei Komplizen und einen wohlhabenden Auftraggeber, der ihm allerdings kein Glück brachte.

    ""Der ist schlichtweg drauf sitzen gelassen worden, also sein argentinischer Auftraggeber meldete sich nicht mehr und war nun eben auch für den armen Vincenzo nicht mehr erreichbar, so dass er nun einfach zwangsläufig gezwungen war, nun diese Mona Lisa in seiner Mansardenwohnung (…) zu lagern."

    Perugia selbst sagte nie etwas von einem Auftraggeber. Er habe die Mona Lisa allein gestohlen, um sie in ihre Heimat, nach Italien zu bringen. Sieben Monate Haft, so lautete das Urteil. Und wenn heute jemand der Mona Lisa allzu nahe kommt, dann....

    Der Diebstahl der Mona Lisa 1911. Stefan Koldehoff, Sie sind Experte für gestohlene Kunst. Der Dieb der Mona Lisa stahl aus Nationalgefühl. Was sind eigentlich die Motive, wenn die Bilder so bekannt sind, dass man sie nicht verkaufen kann. Gibt es den geheimnisvollen Milliardär, der sich gerne Bilder in den eigenen Keller hängt?

    "Nein, den gibt es nicht. Der wird zwar immer sofort genannt, wenn so etwas wie nun in Paris geschehen ist, aber die Polizeibehörden auf der ganzen Welt, und ich habe darüber mit Interpol, Europol, dem Bundeskriminalamt, mit Scottland Yard, mit dem FBI gesprochen, haben nicht ein einziges Mal einen solchen Auftraggeber dingfest machen können, und es hätte eine Menge geschnappter Täter gegeben, die gerne darüber hätten aussagen können, um eine Strafminderung zu bekommen. Nein, den Menschen, der in seinem mit rotem Samt ausgepolsterten Kellertresor sitzt und sich ergötzt an einem gestohlene van Gogh, einem gestohlenem Rembrand und dann aber auch gerne noch eine Renoir oder einen Modigliani hätte, der ist Phantasie, und er ist es glaube ich ganz bewusst, denn er lenkt natürlich ganz wunderbar davon ab, dass die Museen selbst nicht genug für die Sicherheit ihrer Sammlungen tun, die ihnen ja von der Öffentlichkeit nur überantworteten worden sind."

    Beim Diebstahl der Mona Lisa damals schwärmte die Polizei aus, durchsuchte die Stadt, durchsuchte sogar ein Kreuzfahrtschiff. Passiert das heute auch noch so? Ist das heute, was in Paris passiert ist? Oder wie fahndet man heute nach gestohlener Kunst?

    "Es ist physisch kaum mehr möglich, nach solchen Bildern zu suchen. Gehen Sie mal davon aus, dass tatsächlich alle fünf Bilder aus ihren Rahmen von den Keilrahmen abgeschnitten wurden, also nur noch gerollte Leinwände sind. Die können Sie leicht verschwinden lassen und irgendwohin verschicken, das wird niemand mehr ausfindig machen können. Nein, das wichtige ist jetzt glaube ich, dass die Polizei ihre Kontaktleute in Richtung organisiertes Verbrechen, ihre V-Männer aktiviert und fragt, wer hat irgendwo was gehört, irgendwo was gesehen, denn es ist durchaus beliebt, Kunstwerke dafür einzusetzen, bei anderen Delikten eine Strafminderung zu erwirken. Also, wenn ich euch verrate, wo dieses und jenes gestohlene Bild ist, dann vermindert doch bitte die Strafe, die ihr mir vor acht Jahren für irgendwelche Rauschgiftdelikte oder für Gewalttaten aufgebrummt habt."

    Aber verkäuflich scheinen die Bilder ja nicht zu sein. Das heißt, die Diebe sitzen jetzt auf vielleicht gerollten Bildern. Was passiert damit? Nehmen sie dann irgendwann Kontakt mit dem Museum auf?

    "Ich beantworte die Frage mal indem ich Ihnen sage, was in den letzten Jahren so mit gestohlenen Bildern möglich war. Es war möglich in Luxemburg, fragen Sie mich bitte nicht nach den genauen Details, Geldwäsche mit Hilfe gestohlener Bilder zu betreiben. Es war möglich in der Türkei mit Hilfe von Goya und andern Altmeistergemälden Rauschgift zu bezahlen, um in den europäischen Drogenhandel einzusteigen. Es war möglich in Irland mit gestohlenen Kunstwerken Gefangene der IRA aus einem Gefängnis freizupressen, um sie in ein komfortabeler anders verlegen zu lassen, und es war in Großbritannien in den 50er Jahren sogar möglich, damit zu protestieren dagegen, dass man Rundfunkgebühren zahlen musste, weil man doch immer nur die Privaten Sender hörte, die es damals schon in Großbritannien gab. Dafür hat ein älterer Lastwagenfahrer aus der National Gallery das Portrait des Herzogs von Wellington gestohlen. Also es gibt eine Menge von Möglichkeiten, aber das beliebteste ist tatsächlich das Artnapping, also das Wende an die Besitzer der Bilder, das Erpressen von Lösegeld. Manchmal merken Täter dann allerdings auch, dass sie auf keinem dieser Wege zum Erfolg kommen. Das sie eigentlich dieses Delikt völlig umsonst begangen haben."

    Und was passiert dann?

    "Dann besteht eigentlich nur die Möglichkeit, die Bilder so lange liegen zu lassen, 20 bis 30 Jahre, bis das Delikt verjährt ist, und dann gibt es natürlich nette Möglichkeiten mit Hilfe von Schließfachschlüsseln oder anderen Wegen Bilder auch anonym zurückzugeben. Denn da muss man sehr klar unterscheiden. Die Aufklärungsquote ist relativ gering, was Kunstdiebstahl angeht. Die Täter werden sehr selten nur gefasst, die Bilder aber kehren Gott sei Dank relativ häufig wieder zurück."

    Spektakuläre Rückkehr, spektakulärer Kunstraub im Museum für Moderne Kunst in Paris. Einige Fragen haben wir gerade in unserer Sendung mit Stefan Koldehoff klären können, dafür vielen Dank. Für Ihr Interesse an dieser Sendung dankt Stefan Maas.