"Ich nehme nicht in Anspruch, ein Maler zu sein; weil ich auf ein anderes Ziel lossteuere. Ich steuere ja auch auf die Umgestaltung der Gesellschaft zu, und …der Mensch selbst soll aktiviert werden zum Regenbogen sozusagen, das soll ihm nicht einfach vorgekaut werden, sondern er soll ein Gegenbild entwickeln, er selbst soll das Ding vollenden, er selbst soll zur Aktivität aufgerufen werden."
Joseph Beuys, der Mann mit dem Filzhut, wollte mehr sein als nur Maler und Bildhauer. Eine der größten Aktionen des Kunstprofessors, Schamanen und Grünen Politikers war das Projekt "7000 Eichen – Stadt-verwaldung statt Stadt-verwaltung". Am 16. März 1982, ein Vierteljahr vor Eröffnung der documenta 7, gab Beuys den Startschuss. Dazu hatte er zunächst vor dem Museum Fridericianum in Kassel 7000 rohe Basaltblöcke abkippen lassen.
"Das Projekt ist in der Planung soweit gediehen, dass ich mit dem documenta-Sekretär Rudi Fuchs eine ganz klare Einigung erzielt habe über den formalen Ablauf. Also, was wichtig ist, dass, wenn die documenta beginnt im Juni, dass die Anzahl der Steine, die benötigt wird, um 7000 Bäume zu pflanzen, vor dem Fridericianum liegt, plus einer schon etwas größeren Eiche mit dem dazugehörigem Stein, damit man anhand dieses Bildes das ganze Vorhaben ablesen kann."
Dutzende von freiwilligen Helfern begannen nun, im Kasseler Stadtraum junge Eichen zu setzen – neben eine steinerne Säule. Je mehr Bäume also in der documenta-Stadt gepflanzt wurden, desto kleiner wurde der Basalthaufen auf dem Friedrichsplatz. Beuys war optimistisch:
"Vielleicht dauert dieses ganze Projekt zwei Jahre, bis der letzte Baum steht, und damit auch der letzte Stein vor dem Fridericianum abgetragen ist."
Eichen wachsen langsam. Viel schneller kam der Protest. Viele Kasseler Bürger argwöhnten, Beuys wolle ihnen einen Haufen hässlicher Steine schenken, nicht aber ein Stück grüner Stadterneuerung.
"Als Kasseler Bürger wehre ich mich einfach dagegen, dass er unseren Platz hier verschandelt!"
Beuys hatte ein Konzept; es ging ihm um ein stilles Zeichen der Wandlung: Im lebendig sich ändernden, wachsenden Wesen Baum und im kristallin geerdeten Basalt sah er symbolische Bilder humaner Existenz. Zugleich dachte er realistisch. Da das Spendenaufkommen zur Finanzierung des Millionen-Vorhabens nicht reichte, griff Beuys zu einer spektakulären Aktion: Mitten auf dem Friedrichsplatz schmolz er die Nachbildung einer Zarenkrone ein und goss daraus einen goldenen Hasen. Diesen "Friedenshasen" verkaufte er für 777.000 Mark an einen Stuttgarter Sammler.
"Was will denn Herr Beuys? Also, ich spreche im Namen vieler: Herr Beuys will die Leute für dumm verkaufen. Denn was man hier sieht, das ist keine Kunst, die Steinhalde, sondern das ist mehr oder weniger – äh, verkrachte Kunst!"
Bald verebbten die Proteste. Und selbst der Kasseler Bürgermeister Hans Eichel wurde fast zum Beuys-Jünger:
"In dem Maße, in dem dann die Bäume in der Stadt sichtbar wurden, schwenkte dann die öffentliche Meinung der Bürger um. Am Schluss war das wirklich die soziale Plastik …. Und das war im Sinne von Beuys und seinem Motto ’Jeder Mensch ist ein Künstler.’"
"Also wenn eine solche Behauptung fällt, jeder Mensch ist ein Künstler, ist das nicht eine Behauptung, von der ich annehme, man müsse daran glauben, sondern das Ergebnis meiner Werkstatt. Dass nach der Moderne eine tief greifende Wandlung des menschlichen Bewusstseins, des sozialen Ganzen sich vollziehen muss, habe ich mich natürlich bemüht, Versuche, Experimente oder man kann auch sagen Taten zu tun."
Die Vollendung seines Experiments "7000 Eichen" erlebte Beuys nicht mehr; er starb 1986. Ein Jahr darauf, während der documenta 8, pflanzte Wenzel Beuys, der Sohn des Künstlers, den letzten Setzling neben die erste Eiche vorm Fridericianum. Der ungeliebte Stein-Haufen dort ist längst verschwunden. Dafür wimmelt es heute in Kassel von Tausenden junger Eichen; auch andere Baumarten wurden gepflanzt, ein Tulpenbaum, Ginkgos und Eschen. Und im neuen Beuys-Park gehen Kassels Bürger spazieren.
Joseph Beuys, der Mann mit dem Filzhut, wollte mehr sein als nur Maler und Bildhauer. Eine der größten Aktionen des Kunstprofessors, Schamanen und Grünen Politikers war das Projekt "7000 Eichen – Stadt-verwaldung statt Stadt-verwaltung". Am 16. März 1982, ein Vierteljahr vor Eröffnung der documenta 7, gab Beuys den Startschuss. Dazu hatte er zunächst vor dem Museum Fridericianum in Kassel 7000 rohe Basaltblöcke abkippen lassen.
"Das Projekt ist in der Planung soweit gediehen, dass ich mit dem documenta-Sekretär Rudi Fuchs eine ganz klare Einigung erzielt habe über den formalen Ablauf. Also, was wichtig ist, dass, wenn die documenta beginnt im Juni, dass die Anzahl der Steine, die benötigt wird, um 7000 Bäume zu pflanzen, vor dem Fridericianum liegt, plus einer schon etwas größeren Eiche mit dem dazugehörigem Stein, damit man anhand dieses Bildes das ganze Vorhaben ablesen kann."
Dutzende von freiwilligen Helfern begannen nun, im Kasseler Stadtraum junge Eichen zu setzen – neben eine steinerne Säule. Je mehr Bäume also in der documenta-Stadt gepflanzt wurden, desto kleiner wurde der Basalthaufen auf dem Friedrichsplatz. Beuys war optimistisch:
"Vielleicht dauert dieses ganze Projekt zwei Jahre, bis der letzte Baum steht, und damit auch der letzte Stein vor dem Fridericianum abgetragen ist."
Eichen wachsen langsam. Viel schneller kam der Protest. Viele Kasseler Bürger argwöhnten, Beuys wolle ihnen einen Haufen hässlicher Steine schenken, nicht aber ein Stück grüner Stadterneuerung.
"Als Kasseler Bürger wehre ich mich einfach dagegen, dass er unseren Platz hier verschandelt!"
Beuys hatte ein Konzept; es ging ihm um ein stilles Zeichen der Wandlung: Im lebendig sich ändernden, wachsenden Wesen Baum und im kristallin geerdeten Basalt sah er symbolische Bilder humaner Existenz. Zugleich dachte er realistisch. Da das Spendenaufkommen zur Finanzierung des Millionen-Vorhabens nicht reichte, griff Beuys zu einer spektakulären Aktion: Mitten auf dem Friedrichsplatz schmolz er die Nachbildung einer Zarenkrone ein und goss daraus einen goldenen Hasen. Diesen "Friedenshasen" verkaufte er für 777.000 Mark an einen Stuttgarter Sammler.
"Was will denn Herr Beuys? Also, ich spreche im Namen vieler: Herr Beuys will die Leute für dumm verkaufen. Denn was man hier sieht, das ist keine Kunst, die Steinhalde, sondern das ist mehr oder weniger – äh, verkrachte Kunst!"
Bald verebbten die Proteste. Und selbst der Kasseler Bürgermeister Hans Eichel wurde fast zum Beuys-Jünger:
"In dem Maße, in dem dann die Bäume in der Stadt sichtbar wurden, schwenkte dann die öffentliche Meinung der Bürger um. Am Schluss war das wirklich die soziale Plastik …. Und das war im Sinne von Beuys und seinem Motto ’Jeder Mensch ist ein Künstler.’"
"Also wenn eine solche Behauptung fällt, jeder Mensch ist ein Künstler, ist das nicht eine Behauptung, von der ich annehme, man müsse daran glauben, sondern das Ergebnis meiner Werkstatt. Dass nach der Moderne eine tief greifende Wandlung des menschlichen Bewusstseins, des sozialen Ganzen sich vollziehen muss, habe ich mich natürlich bemüht, Versuche, Experimente oder man kann auch sagen Taten zu tun."
Die Vollendung seines Experiments "7000 Eichen" erlebte Beuys nicht mehr; er starb 1986. Ein Jahr darauf, während der documenta 8, pflanzte Wenzel Beuys, der Sohn des Künstlers, den letzten Setzling neben die erste Eiche vorm Fridericianum. Der ungeliebte Stein-Haufen dort ist längst verschwunden. Dafür wimmelt es heute in Kassel von Tausenden junger Eichen; auch andere Baumarten wurden gepflanzt, ein Tulpenbaum, Ginkgos und Eschen. Und im neuen Beuys-Park gehen Kassels Bürger spazieren.