Italien, das Land des schönen Wetters, der fröhlichen Menschen der herzlichen Gastfreundschaft, der kinderreichen Familien, das gibt es nicht mehr, sagt Massimo Fini. Das romantische Italienbild von einst, auch von Deutschen Besuchern bisweilen verherrlicht, in dem das Leben gelebt und genossen wurde, hat sich radikal verändert. Italien hat seine himmlischen Dimensionen verloren:
"Der einzige Gott, der hierzulande noch angebetet wird, ist das Geld. Daneben existiert nichts mehr. Keine nationale Identität, keine fundamentalen, apolitischen Werte, wie zum Beispiel Ehrlichkeit, Loyalität, Ehre oder eine gute Kinderstube."
"Italien hat seine jugendliche Frische und seine antike Eleganz verloren. Es ist ein Land ohne Lächeln geworden, es wirkt bedrückt, vulgär und vom Geld besessen, von Statussymbolen". Zwischen den Menschen herrsche Gleichgültigkeit. Italien sei ein Land ohne Mitleid, dafür unheilbar korrupt - das betreffe nicht nur die Politiker, sondern auch die Bürger - und habe sich mafia-ähnliches Verhalten angeeignet, schreibt der Journalist, Historiker und kritische Linke in seinem resümierenden Vorwort. Italien sei immer noch anarchisch, aber überhaupt nicht mehr lustig, habe keinen Respekt vor Regeln, Würde, Prinzipien und Werten. Kurz: ein Land ohne Seele. Italien ist Opfer seines eigenen Fortschritts geworden, sagt Massimo Fini.
"Italien zahlt einen höheren Preis als andere Länder für die Industrialisierung. Wir waren ein so schönes Land mit wunderbaren Landschaften und Städten voller Kunstwerke. Das haben wir verspielt."
Die Zerstörung des Lebensraumes habe sichtbare Folgen für die Menschen in Italien, sagt Fini:
"Man sieht traurige Gesichter und düstere Mienen, das war ganz anders, als wir noch ärmer waren. Der Wohlstand hat uns vulgärer gemacht, ohne uns wirkliche Vorteile zu bringen. Stattdessen sind wir heute ständig in Hetze, von einem Ziel zum nächsten."
Der unaufhaltsame Niedergang des idealisierten Italiens begann Anfang der 80er-Jahre. Als Symbol dafür steht das vom damaligen Bauunternehmer Silvio Berlusconi geschaffene moderne Mailänder Stadtviertel Milano Due – es sollte die Morgenröte einer neuen Welt in Italien sein. Die luxuriösen Hochhäuser waren verkabelt und empfingen die ersten privaten Fernsehprogramme. Parallel zueinander verflachten die Werte: die privaten infolge der Banalitäten auf der Mattscheibe, die öffentlichen mit der zunehmenden Korruption in Parteien und Parlament.
Auf den Hoffnungsschimmer der Justizkampagne Mani Pulite gegen Korruption und Amtsmissbrauch in den 90er-Jahren folgte die Restauration der Politik der Vetternwirtschaft und schließlich die Machtübernahme ihres wichtigsten Urhebers: Silvio Berlusconi. Ihm widmet Fini eine chronologische Reihe von Artikeln voll hellsichtiger Kritik in beißender Wortwahl. Und kommt zu dem Ergebnis, dass Berlusconi perfekt jenes Italien verkörpert, das Finis Buch als seelenlos bezeichnet. Er beschreibt Berlusconi als Prototyp der Postmoderne: Unpersönlich, anonym ohne Historie, Kultur, Ideologie und Wurzeln, eine leere Hülle. Ein Erneuerer und Baumeister, der das Alte zerstört, um Neues zu schaffen, - das sich dann aber als viel schlechter herausstellt als das, was vorher war. Berlusconis Existenz erschöpfe sich in diesem Schaffen ohne Ziel und Zweck. Er sei permanent unzufrieden, erreiche nie eine innere Ausgeglichenheit. "Und wäre er der mächtigste Mann der Welt, ihm würde immer noch etwas fehlen", so Finis Psycho-Analyse des italienischen Regierungschefs. Aber all das sei nicht alleine Berlusconis Schuld, sondern das Schicksal des modernen Menschen, der ständig mehr wolle - gegen alle Vernunft.
"Das exponentielle Wachstum, auf dem nicht nur die italienische oder die westliche, sondern inzwischen die Weltwirtschaft basiert, existiert nur in der Theorie, nicht aber in der Natur. Früher oder später wird alles implodieren."
Senz'anima ist ein Buch, das bei seiner Veröffentlichung angesichts eines breiten Angebots zeit- und regierungskritischer Werke ein erstaunliches Interesse auf den italienischen Büchertischen fand. Schon nach wenigen Tagen musste eine zweite Auflage gedruckt werden. Für Italophile mit guten Sprachkenntnissen ein alternativer Reiseführer durch Italiens politische Landschaft.
Ein Reiseführer, der nicht unbedingt Lust auf eine Reise macht: "Senz'anima", "Ohne Seele" – das Buch von Massimo Fini ist in Italien bei Chiarelettere erschienen, mit 496 Seiten, zum Preis von 15 Euro, ISBN: 978-8861901070 .
"Der einzige Gott, der hierzulande noch angebetet wird, ist das Geld. Daneben existiert nichts mehr. Keine nationale Identität, keine fundamentalen, apolitischen Werte, wie zum Beispiel Ehrlichkeit, Loyalität, Ehre oder eine gute Kinderstube."
"Italien hat seine jugendliche Frische und seine antike Eleganz verloren. Es ist ein Land ohne Lächeln geworden, es wirkt bedrückt, vulgär und vom Geld besessen, von Statussymbolen". Zwischen den Menschen herrsche Gleichgültigkeit. Italien sei ein Land ohne Mitleid, dafür unheilbar korrupt - das betreffe nicht nur die Politiker, sondern auch die Bürger - und habe sich mafia-ähnliches Verhalten angeeignet, schreibt der Journalist, Historiker und kritische Linke in seinem resümierenden Vorwort. Italien sei immer noch anarchisch, aber überhaupt nicht mehr lustig, habe keinen Respekt vor Regeln, Würde, Prinzipien und Werten. Kurz: ein Land ohne Seele. Italien ist Opfer seines eigenen Fortschritts geworden, sagt Massimo Fini.
"Italien zahlt einen höheren Preis als andere Länder für die Industrialisierung. Wir waren ein so schönes Land mit wunderbaren Landschaften und Städten voller Kunstwerke. Das haben wir verspielt."
Die Zerstörung des Lebensraumes habe sichtbare Folgen für die Menschen in Italien, sagt Fini:
"Man sieht traurige Gesichter und düstere Mienen, das war ganz anders, als wir noch ärmer waren. Der Wohlstand hat uns vulgärer gemacht, ohne uns wirkliche Vorteile zu bringen. Stattdessen sind wir heute ständig in Hetze, von einem Ziel zum nächsten."
Der unaufhaltsame Niedergang des idealisierten Italiens begann Anfang der 80er-Jahre. Als Symbol dafür steht das vom damaligen Bauunternehmer Silvio Berlusconi geschaffene moderne Mailänder Stadtviertel Milano Due – es sollte die Morgenröte einer neuen Welt in Italien sein. Die luxuriösen Hochhäuser waren verkabelt und empfingen die ersten privaten Fernsehprogramme. Parallel zueinander verflachten die Werte: die privaten infolge der Banalitäten auf der Mattscheibe, die öffentlichen mit der zunehmenden Korruption in Parteien und Parlament.
Auf den Hoffnungsschimmer der Justizkampagne Mani Pulite gegen Korruption und Amtsmissbrauch in den 90er-Jahren folgte die Restauration der Politik der Vetternwirtschaft und schließlich die Machtübernahme ihres wichtigsten Urhebers: Silvio Berlusconi. Ihm widmet Fini eine chronologische Reihe von Artikeln voll hellsichtiger Kritik in beißender Wortwahl. Und kommt zu dem Ergebnis, dass Berlusconi perfekt jenes Italien verkörpert, das Finis Buch als seelenlos bezeichnet. Er beschreibt Berlusconi als Prototyp der Postmoderne: Unpersönlich, anonym ohne Historie, Kultur, Ideologie und Wurzeln, eine leere Hülle. Ein Erneuerer und Baumeister, der das Alte zerstört, um Neues zu schaffen, - das sich dann aber als viel schlechter herausstellt als das, was vorher war. Berlusconis Existenz erschöpfe sich in diesem Schaffen ohne Ziel und Zweck. Er sei permanent unzufrieden, erreiche nie eine innere Ausgeglichenheit. "Und wäre er der mächtigste Mann der Welt, ihm würde immer noch etwas fehlen", so Finis Psycho-Analyse des italienischen Regierungschefs. Aber all das sei nicht alleine Berlusconis Schuld, sondern das Schicksal des modernen Menschen, der ständig mehr wolle - gegen alle Vernunft.
"Das exponentielle Wachstum, auf dem nicht nur die italienische oder die westliche, sondern inzwischen die Weltwirtschaft basiert, existiert nur in der Theorie, nicht aber in der Natur. Früher oder später wird alles implodieren."
Senz'anima ist ein Buch, das bei seiner Veröffentlichung angesichts eines breiten Angebots zeit- und regierungskritischer Werke ein erstaunliches Interesse auf den italienischen Büchertischen fand. Schon nach wenigen Tagen musste eine zweite Auflage gedruckt werden. Für Italophile mit guten Sprachkenntnissen ein alternativer Reiseführer durch Italiens politische Landschaft.
Ein Reiseführer, der nicht unbedingt Lust auf eine Reise macht: "Senz'anima", "Ohne Seele" – das Buch von Massimo Fini ist in Italien bei Chiarelettere erschienen, mit 496 Seiten, zum Preis von 15 Euro, ISBN: 978-8861901070 .