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Kurswechsel der Fed erschreckt Börsen

Fed-Chef Ben Bernanke hat die US-Wirtschaft durch schwere Turbulenzen gesteuert und bereitet nun die sanfte Landung vor. Er geht mit einer Strategie in den Sinkflug, die der US-Notenbank Bewegungsspielraum für das heikle Manöver ermöglicht und den Märkten zugleich Planungssicherheit für das Ende der Ära des billigen Geldes verspricht. Doch die Börsen Europas reagieren verschreckt, der DAX in Frankfurt verliert mehr als drei Prozent an Wert.

Von Brigitte Scholtes | 20.06.2013
    Es war keine Überraschung, und doch hat die Ankündigung der amerikanischen Notenbank, die Anleihekäufe von Herbst an zu drosseln, haben die Finanzmärkte weltweit erschüttert. Bisher kauft die Fed jeden Monat Anleihen im Wert von 85 Milliarden Dollar, voraussichtlich von September an könnte dann weniger Geld in den Markt fließen. Allerdings hatte Ben Bernanke, der Chef der amerikanischen Notenbank, das von der Entwicklung der amerikanischen Konjunktur abhängig gemacht:

    "Wenn sich das wirtschaftliche Umfeld schneller aufhellt als erwartet, können wir die Anleihekäufe etwas stärker reduzieren. Wenn der Ausblick schlechter wird, könnte sich der Ausstieg etwas verzögern. Das kann man mit dem Autofahren vergleichen: Das ist so, als würden wir das Gas etwas wegnehmen, wenn das Auto schneller wird. Aber wir treten damit nicht auf die Bremse."

    Das aber reichte den Finanzmärkten nicht zur Beruhigung, auch wenn eigentlich ja die Nachricht positiv ist, dass sich die amerikanische Wirtschaft nach Ansicht der Fed erholt. Warum die Märkte so heftig reagieren, erläutert Uwe Angenendt, Chefvolkswirt der BHF-Bank:

    "Wir haben natürlich eine sehr starke Rallye weltweit gesehen. Das hat mit der Fed angefangen, die EZB hat nachgezogen und jetzt zum Schluss auch noch die Bank of Japan, die massiv mit Liquidität nachhilft. Und insofern ist der Markt etwas abhängig von dieser vielen Liquidität. Das ist eben eine Schrecksekunde, wenn dann gesagt wird, wir nehmen das wieder zurück."

    Offenbar hatten auch viele Investoren geglaubt, die Fed werde sich noch bis zum nächsten Jahr Zeit lassen mit dem Einstieg in den Ausstieg. Doch das dürfte nun schneller geschehen, meint Bernd Weidensteiner, Volkswirt der Commerzbank:

    "Die Fed wird im September oder spätestens Dezember weniger Anleihen kaufen, dann in jeder Sitzung, die im Sechswochenrhythmus stattfinden, wahrscheinlich die Käufe weiter reduzieren und Mitte des Jahres 2014 komplett einstellen. Der erste Zinsschritt, der kommt aber wahrscheinlich nicht vor 2015."

    Denn die Zinsen will die amerikanische Notenbank erst wieder erhöhen, wenn die Arbeitslosenrate auf 6,5 Prozent gesunken ist. Für das vierte Quartal erwartet sie noch 7,4 Prozent. Immerhin. Die Märkte sehen jetzt klarer, sie dürften sich etwas beruhigen, und die Fed dürfte umsichtig vorgehen, erwartet Weidensteiner:

    "Allerdings waren die Renditen auch auf so tiefem Stand, also längerfristig müssen die einfach steigen. Und irgendwann ist der Zeitpunkt gekommen, wo es eben anfängt, dass es mal etwas nach oben geht. Einen richtigen Bärenmarkt bei den Anleihen erwarten wir allerdings auch wieder nicht. Dafür wird Bernanke schon sorgen, dass er sehr vorsichtig den Entzug vornimmt."