Vielleicht war er das, wenn man so respektlos sein darf: ein Theorie-Klempner, ein Theoretiker, der das Thermostat als Erkenntnisinstrument jedem Diskurs vorzog. Was nicht ausschließt, dass der Mann, der Humor besaß, auch gern Zaubertricks vorführte und für Magie eine Antenne hatte. Aber bleiben wir eine Sekunde beim Thermostat und der Theorie.
Der Tisch ist bekanntlich das Lieblingsobjekt der Philosophen. Man kann so schön über Bild, Objekt, Vorstellung und Wirklichkeit reden. Die Heizung hingegen wäre demnach das Lieblingsobjekt des Kybernetikers; also desjenigen, der der Theorie der Steuermannskunst anhängt. Für die Ersten, die "Tisch-Denker", gibt es zwischen Vorstellung und Wirklichkeit noch eine platonische Brücke. Für die Zweiten, die "Thermostat-Denker", geht es um Analogien von Menschen, lebenden Organismen und Maschinen, also um anpassungsfähige Rückkoppelungen.
Heinz von Foerster brachte den Denk-Unterschied gern auf die Formel `Entdecken oder Erfinden´? Wer Begriffe wie Ordnung , Zahl, Formel, Gegenstand oder Naturgesetz für Erfindungen hält, ist ein Konstruktivist. Kybernetiker jedenfalls halten eine vorgängige Wahrheit, eine absolute Erkenntnis für unmöglich, weil der Wissenschaftler zwischen Beobachter und Beobachtendem, trennt. Foerster hat diese Trennung nicht mitgemacht. Er fragte: Was bleibt vom Forscher, wenn er diese wesentliche Eigenschaft des Beobachters, nämlich zu beobachten, ausschließt? Es bleibt ein verantwortungsarmer Objektivist. Für den verantwortungsvolleren KybernEthiker ist der Organismus aber unkündbarer Teil und Teilnehmer der Beobachtungswelt zugleich.
Und jetzt kommt die Zumutung. Nach Foerster können wir deshalb nur die Fragen zuverlässig entscheiden, die prinzipiell unentscheidbar sind. Eine zwölfstellige Primzahl können wir verhältnismäßig schnell erkennen. Wie das Universum entstanden ist, ist dagegen unentscheidbar. Foerster sagt dazu: die entscheidbaren Fragen sind schon entschieden, durch die Spielregeln, die die Fragen und Regeln der Antwort begrenzen. Aber jetzt: die unentscheidbaren, letztlich metaphysischen Fragen , müssen ohne Logik und Mathematik auskommen. Sie haben deren Zwang abgeworfen und die Freiheit der Wahl gewonnen. Verantwortung und Entscheidung wird dadurch zurückgewonnen. Verantwortbar sind also nur die unentscheidbaren Fragen. Das klingt paradox und ist auch so gemeint. Weil also Beobachter und Beobachtetes zusammengehören, wird aus dem vormals allein vor sich hinforschenden Forscher, ein "kybernEthischer" Beobachter.
Was wir Heinz von Foerster verdanken, ist die Anerkennung der blinden Flecken unseres Sehens und Handelns. Sie erst macht für Verantwortung wieder frei. Unterbelichtet bleibt in dieser Thermostat-Theorie, der sich selbst kontrollierenden und regelnden Weltanschauungs-Heizung aber der Einfluss kontingenter Macht. Wer aufs Thermostat haut, macht die ganze Heizung kaputt. Zweifelhaft bleibt weiterhin die Forderung, geschlossene Systeme würden die Kommunikation, den sozialen In- und Output verbessern. Foerster schreibt (in dem Buch "KybernEthik" von) 1993: "Ohne Kommunikation gibt es keine Regelung; ohne Regelung gibt es kein Ziel; und ohne ein Ziel werden Begriffe wie Gesellschaft oder System zu Leerformeln". Das gilt am Ende wohl doch mehr für Heizungen als für Menschen.
Heinz von Foerster hat es nie bis zu Lexikonehren gebracht. Dafür war er vielleicht immer zu kritisch und wissenschaftsskeptisch. Zusammen mit dem im Sommer verstorbenen Biologen und Schriftsteller Erwin Chargaff repräsentiert er einen Typus von skeptischem (Wiener) Gelehrten, der es wagte "in fremden Gegenden" zu gehen, sich auch für Malerei, Tanz und Zwölftonmusik zu interessieren. Man hat es ihm bisher noch nicht hoch genug angerechnet.
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Der Tisch ist bekanntlich das Lieblingsobjekt der Philosophen. Man kann so schön über Bild, Objekt, Vorstellung und Wirklichkeit reden. Die Heizung hingegen wäre demnach das Lieblingsobjekt des Kybernetikers; also desjenigen, der der Theorie der Steuermannskunst anhängt. Für die Ersten, die "Tisch-Denker", gibt es zwischen Vorstellung und Wirklichkeit noch eine platonische Brücke. Für die Zweiten, die "Thermostat-Denker", geht es um Analogien von Menschen, lebenden Organismen und Maschinen, also um anpassungsfähige Rückkoppelungen.
Heinz von Foerster brachte den Denk-Unterschied gern auf die Formel `Entdecken oder Erfinden´? Wer Begriffe wie Ordnung , Zahl, Formel, Gegenstand oder Naturgesetz für Erfindungen hält, ist ein Konstruktivist. Kybernetiker jedenfalls halten eine vorgängige Wahrheit, eine absolute Erkenntnis für unmöglich, weil der Wissenschaftler zwischen Beobachter und Beobachtendem, trennt. Foerster hat diese Trennung nicht mitgemacht. Er fragte: Was bleibt vom Forscher, wenn er diese wesentliche Eigenschaft des Beobachters, nämlich zu beobachten, ausschließt? Es bleibt ein verantwortungsarmer Objektivist. Für den verantwortungsvolleren KybernEthiker ist der Organismus aber unkündbarer Teil und Teilnehmer der Beobachtungswelt zugleich.
Und jetzt kommt die Zumutung. Nach Foerster können wir deshalb nur die Fragen zuverlässig entscheiden, die prinzipiell unentscheidbar sind. Eine zwölfstellige Primzahl können wir verhältnismäßig schnell erkennen. Wie das Universum entstanden ist, ist dagegen unentscheidbar. Foerster sagt dazu: die entscheidbaren Fragen sind schon entschieden, durch die Spielregeln, die die Fragen und Regeln der Antwort begrenzen. Aber jetzt: die unentscheidbaren, letztlich metaphysischen Fragen , müssen ohne Logik und Mathematik auskommen. Sie haben deren Zwang abgeworfen und die Freiheit der Wahl gewonnen. Verantwortung und Entscheidung wird dadurch zurückgewonnen. Verantwortbar sind also nur die unentscheidbaren Fragen. Das klingt paradox und ist auch so gemeint. Weil also Beobachter und Beobachtetes zusammengehören, wird aus dem vormals allein vor sich hinforschenden Forscher, ein "kybernEthischer" Beobachter.
Was wir Heinz von Foerster verdanken, ist die Anerkennung der blinden Flecken unseres Sehens und Handelns. Sie erst macht für Verantwortung wieder frei. Unterbelichtet bleibt in dieser Thermostat-Theorie, der sich selbst kontrollierenden und regelnden Weltanschauungs-Heizung aber der Einfluss kontingenter Macht. Wer aufs Thermostat haut, macht die ganze Heizung kaputt. Zweifelhaft bleibt weiterhin die Forderung, geschlossene Systeme würden die Kommunikation, den sozialen In- und Output verbessern. Foerster schreibt (in dem Buch "KybernEthik" von) 1993: "Ohne Kommunikation gibt es keine Regelung; ohne Regelung gibt es kein Ziel; und ohne ein Ziel werden Begriffe wie Gesellschaft oder System zu Leerformeln". Das gilt am Ende wohl doch mehr für Heizungen als für Menschen.
Heinz von Foerster hat es nie bis zu Lexikonehren gebracht. Dafür war er vielleicht immer zu kritisch und wissenschaftsskeptisch. Zusammen mit dem im Sommer verstorbenen Biologen und Schriftsteller Erwin Chargaff repräsentiert er einen Typus von skeptischem (Wiener) Gelehrten, der es wagte "in fremden Gegenden" zu gehen, sich auch für Malerei, Tanz und Zwölftonmusik zu interessieren. Man hat es ihm bisher noch nicht hoch genug angerechnet.
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