Kyiv Symphony Orchestra in Monheim am Rhein
Zwischen Krieg und Hoffnung

In Monheim am Rhein soll das Kyiv Symphony Orchestra voraussichtlich bis 2027 leben und arbeiten können. Doch es bleibt auch Ungewissheit. Wie lange wird der russische Angriff noch dauern? Und kann die nordrhein-westfälische Mittelstadt das ambitionierte Projekt wirklich stemmen?

Von Felix Wessel |
Wir sehen eine Geige, an deren Steg eine Ukraine-Flagge befestigt wurde.
Eine Fahne der Ukraine steckt vor Beginn eines Konzerts an einem Instrument des Kyiv Symphony Orchestras. (picture alliance/dpa | Robert Michael)
Russlands Krieg gegen die Ukraine trieb das Kyiv Symphony Orchestra ins Exil. Erst kam es in Gera in Thüringen unter, doch dort gab es Probleme. Die Existenz des Orchesters war in Gefahr.

“Es war halt unfassbare Verzweiflung zu spüren"

Die Stadt Monheim in Nordrhein-Westfalen wagte ein Experiment und stellte die rund 70 Orchestermitglieder für bis zu drei Jahre ein. Dass das Kyiv Symphony Orchestra hier unterkommen kann, liegt nicht zuletzt an Martin Witkowski, Intendant und Geschäftsführer der Monheimer Kulturwerke. Er habe Menschen in Not helfen und eine kulturelle Institution bewahren wollen.
“Es war halt unfassbare Verzweiflung zu spüren, diese totale Ungewissheit, wie geht es denn überhaupt jetzt weiter. Und Teile des Orchesters fingen ja auch an, sich aufzulösen, haben schon Aushilfe da und dort gespielt.”

Befreit vom Militärdienst in der Ukraine

Für die männlichen Ensemble-Mitglieder konnte Witkowski eine Befreiung vom Militärdienst erreichen - und war dafür im Austausch mit der Regierung in Kiew. Er erinnere sich noch genau an ein Gespräch mit dem geschäftsführenden Kulturminister, erzählt Witkowski im Dlf:
“Der hat gesagt, bisher gibt es nur Absprachen mit anderen Ländern, im Besonderen mit der Bundesrepublik, dass wir quasi Gegenstände - Kunstgegenstände, Skulpturen, Bilder -, dass wir die retten und unterbringen in Museen, in irgendwelchen Archiven, wie auch immer. Aber wir haben noch nie darüber gesprochen, wie sichern wir quasi ausübende Künstler. Und deswegen war der so offen für diesen Impuls, hier von uns aus Monheim, dass er sagt, ihr seid eigentlich die Ersten, die das überhaupt mal thematisieren, den oder die ausübenden Künstler zu retten.”
Doch kann das ukrainische Orchester in der neuen Übergangsheimat in Deutschland wirklich Fuß fassen? Und wie ergeht es dem kleinen Monheim (rund 45.000 Einwohner) angesichts des großen Projekts?

Ein Jahr mit dem Kyiv Symphony Orchestra

Für diese Ausgabe der „Musikszene“ hat der Autor Felix Wessel das Orchester fast ein Jahr lang begleitet. Es ist ein differenzierter Blick auf einen Klangkörper entstanden, der die Hoffnung auf bessere Zeiten trotz des erbitterten Kriegs in der Heimat nicht aufgibt.