Weder als Held noch als Opfer will Alain Genestar sich verstanden wissen. Die Opfer, so schreibt der langjährige Chefredakteur des Journal du Dimanche und zuletzt der Illustrierten Paris Match, sitzen in Gefängnissen, die Märtyrer der Pressefreiheit liegen auf Friedhöfen. Die Pressefreiheit an sich stellt Genestar in Frankreich auch nicht in Frage, bedroht ist sie jedoch allemal und die Bedrohung hat auch einen Namen:Alain Genestar.
Die Freiheit der Presse oder schlicht die Freiheit an sich, muss sich wie die Technologie weiterentwickeln, es muss immer mehr Freiheit geben. Mit Sarkozy ist es gerade umgekehrt. Da heißt es, es gibt ohnehin keine völlige Freiheit, also gehen wir ohne Umschweife vor, also wird es die Regierung sein, sprich ich selbst, der den nächsten Intendanten von France Télévision benennt!
L'état c'est moi: Der Staat bin ich - so wie einst der Sonnenkönig nimmt sich in der Präsidialmonarchie Nicolas Sarkozy dieses Recht heraus - als Teil einer Reform, wo er nebenbei France Télévision, den öffentlich rechtlichen Anstalten, die Werbung nach 20 Uhr verbieten will. Darüber könnte man zweifelsohne diskutieren: Hätte nicht Nicolas Sarkozy seit Jahren ein Old Boys Network, ein Netz hervorragendster Beziehungen zu den Bossen der großen, privaten Medienunternehmen gespannt, die ganz nebenbei meist auch noch Rüstungs- und Industriebetriebe besitzen! Alain Genestar hat sich im Netz der Spinne verfangen. Wagte er es doch im Sommer 2006 in Paris Match Fotos von Cecilia, der damaligen Ehefrau des damaligen Innenministers und heutigen Präsidenten Sarkozy mit ihrem damaligen Geliebten und heutigen Ehemann abzulichten!? Eine Art von Majestätsbeleidigung, die den Präsidentschaftsanwärter zur Weißglut getrieben hatte. Was folgte war die Chronik eines angekündigten Rausschmisses. Ein Anruf Sarkozys bei seinem Freund und Bruder im Geiste Arnaud Lagardère, dem EADS Aktionär und Medienboss. Paris Match ist natürlich als Klatschillustrierte bekannt: Es ging aber nicht um Klatsch. Angeblich hätte das Blatt seit Wochen Bilder von Cecilia und ihrem Lover aufgekauft, ohne sie zu veröffentlichen. Als andere kompromittierende Bilder auf den Markt kamen, musste Paris Match reagieren. Wer sein Privatleben als Politiker inszeniert, zur Information macht, muss auch in schlechten Zeiten mit den Bildern leben, argumentiert Alain Genestar, dem Sarkozy bei einem persönlichen Treffen später versicherte, er hätte nicht seinen Kopf gefordert. Genestar versucht dies als Lüge zu entlarven.
Ich greife die Spitze an: Natürlich ist es richtig, dass Leute eingeknickt sind, weil ich letztendlich gefeuert wurde. Die Frage lautet jedoch: Weshalb sind die eingeknickt? Weil der Druck unerträglich war! Weil der Zorn so stark, in seinem Ausdruck sogar vulgär war, dass mein Chef, Arnaud Lagardère eingeknickt ist! Meine Wut richtet sich nicht so sehr gegen denjenigen, der in einem Augenblick der Schwäche nachgegeben hat, als gegen denjenigen, der den Druck gemacht hat!
Somit wird Expulsion, Rausschmiss oder auch Ausweisung in der Übersetzung, zu einer Generalabrechnung mit dem System Sarkozy. Einerseits gibt der Präsident den Journalisten sehr viel - Bild, Ton, Material - , was ihn dann zu einer Art Unverfrorenheit treibt. Andererseits kontert Genestar lästige Fragen gelegentlich mit:
Ich kenne Deinen Boss! Er erinnert die Journalisten daran. Das darf aber nicht den Inhalt des Berichtes beeinflussen! Dem Journalisten muss es gleichgültig sein, ob er seinen Chef kennt! Der Chef der Journalisten -das sind doch die Leser, und nicht unbedingt die Eigentümer der Zeitungen. Also liegt es doch an uns, zu reagieren!
Als Appell zu mehr Selbstbewusstsein und Kritik, gegen diese Form der Selbstzensur, gegen diese Schere im Kopf will Alain Genestar seine an nur einem langen Maiwochenende niedergeschriebene Abrechnung verstanden wissen. Natürlich müssen nicht alle Medien wachgerüttelt werden, Blätter wie Le Monde und Libération blieben stets auf Distanz. Das Öffentlich-Rechtliche Radio und Fernsehen hatten gleichfalls aus kritischer Perspektive das Handeln beleuchtet, mit Streiks protestierten die Mitarbeiter gleich mehrfach gegen die geplanten Reformen. Dennoch: Die Zivilcourage etwa, den großen Gipfel zur Rettung der Presse nach Sarkozys Rezept zu schwänzen, hatten dann vor einigen Wochen doch die wenigsten. Und nach Genestar gibt es mit Fernsehmoderator Patrick Poivre d'Arvor mittlerweile ein zweites prominentes Opfer eines Rausschmisses: Seit Jahrzehnten Star der fast 8 Millionen Zuschauer der Abendnachrichten im Privatsender TF1 musste PPDA, wie er genannt wird, gehen, angeblich, weil er das Benehmen des Präsidenten im Interview mit dem eines kleinen Jungen verglichen hatte.
Burkhard Birke hat für uns das Buch von Alain Genestar gelesen. Es heißt: "Expulsion", ist beim französischen Verlag Grasset et Fasquelle erschienen, hat 146 Seiten und kostet 9 Euro 50.
Die Freiheit der Presse oder schlicht die Freiheit an sich, muss sich wie die Technologie weiterentwickeln, es muss immer mehr Freiheit geben. Mit Sarkozy ist es gerade umgekehrt. Da heißt es, es gibt ohnehin keine völlige Freiheit, also gehen wir ohne Umschweife vor, also wird es die Regierung sein, sprich ich selbst, der den nächsten Intendanten von France Télévision benennt!
L'état c'est moi: Der Staat bin ich - so wie einst der Sonnenkönig nimmt sich in der Präsidialmonarchie Nicolas Sarkozy dieses Recht heraus - als Teil einer Reform, wo er nebenbei France Télévision, den öffentlich rechtlichen Anstalten, die Werbung nach 20 Uhr verbieten will. Darüber könnte man zweifelsohne diskutieren: Hätte nicht Nicolas Sarkozy seit Jahren ein Old Boys Network, ein Netz hervorragendster Beziehungen zu den Bossen der großen, privaten Medienunternehmen gespannt, die ganz nebenbei meist auch noch Rüstungs- und Industriebetriebe besitzen! Alain Genestar hat sich im Netz der Spinne verfangen. Wagte er es doch im Sommer 2006 in Paris Match Fotos von Cecilia, der damaligen Ehefrau des damaligen Innenministers und heutigen Präsidenten Sarkozy mit ihrem damaligen Geliebten und heutigen Ehemann abzulichten!? Eine Art von Majestätsbeleidigung, die den Präsidentschaftsanwärter zur Weißglut getrieben hatte. Was folgte war die Chronik eines angekündigten Rausschmisses. Ein Anruf Sarkozys bei seinem Freund und Bruder im Geiste Arnaud Lagardère, dem EADS Aktionär und Medienboss. Paris Match ist natürlich als Klatschillustrierte bekannt: Es ging aber nicht um Klatsch. Angeblich hätte das Blatt seit Wochen Bilder von Cecilia und ihrem Lover aufgekauft, ohne sie zu veröffentlichen. Als andere kompromittierende Bilder auf den Markt kamen, musste Paris Match reagieren. Wer sein Privatleben als Politiker inszeniert, zur Information macht, muss auch in schlechten Zeiten mit den Bildern leben, argumentiert Alain Genestar, dem Sarkozy bei einem persönlichen Treffen später versicherte, er hätte nicht seinen Kopf gefordert. Genestar versucht dies als Lüge zu entlarven.
Ich greife die Spitze an: Natürlich ist es richtig, dass Leute eingeknickt sind, weil ich letztendlich gefeuert wurde. Die Frage lautet jedoch: Weshalb sind die eingeknickt? Weil der Druck unerträglich war! Weil der Zorn so stark, in seinem Ausdruck sogar vulgär war, dass mein Chef, Arnaud Lagardère eingeknickt ist! Meine Wut richtet sich nicht so sehr gegen denjenigen, der in einem Augenblick der Schwäche nachgegeben hat, als gegen denjenigen, der den Druck gemacht hat!
Somit wird Expulsion, Rausschmiss oder auch Ausweisung in der Übersetzung, zu einer Generalabrechnung mit dem System Sarkozy. Einerseits gibt der Präsident den Journalisten sehr viel - Bild, Ton, Material - , was ihn dann zu einer Art Unverfrorenheit treibt. Andererseits kontert Genestar lästige Fragen gelegentlich mit:
Ich kenne Deinen Boss! Er erinnert die Journalisten daran. Das darf aber nicht den Inhalt des Berichtes beeinflussen! Dem Journalisten muss es gleichgültig sein, ob er seinen Chef kennt! Der Chef der Journalisten -das sind doch die Leser, und nicht unbedingt die Eigentümer der Zeitungen. Also liegt es doch an uns, zu reagieren!
Als Appell zu mehr Selbstbewusstsein und Kritik, gegen diese Form der Selbstzensur, gegen diese Schere im Kopf will Alain Genestar seine an nur einem langen Maiwochenende niedergeschriebene Abrechnung verstanden wissen. Natürlich müssen nicht alle Medien wachgerüttelt werden, Blätter wie Le Monde und Libération blieben stets auf Distanz. Das Öffentlich-Rechtliche Radio und Fernsehen hatten gleichfalls aus kritischer Perspektive das Handeln beleuchtet, mit Streiks protestierten die Mitarbeiter gleich mehrfach gegen die geplanten Reformen. Dennoch: Die Zivilcourage etwa, den großen Gipfel zur Rettung der Presse nach Sarkozys Rezept zu schwänzen, hatten dann vor einigen Wochen doch die wenigsten. Und nach Genestar gibt es mit Fernsehmoderator Patrick Poivre d'Arvor mittlerweile ein zweites prominentes Opfer eines Rausschmisses: Seit Jahrzehnten Star der fast 8 Millionen Zuschauer der Abendnachrichten im Privatsender TF1 musste PPDA, wie er genannt wird, gehen, angeblich, weil er das Benehmen des Präsidenten im Interview mit dem eines kleinen Jungen verglichen hatte.
Burkhard Birke hat für uns das Buch von Alain Genestar gelesen. Es heißt: "Expulsion", ist beim französischen Verlag Grasset et Fasquelle erschienen, hat 146 Seiten und kostet 9 Euro 50.