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La Roux
Ärger im rosaroten Paradies

Das zweite Album von La Roux, "Trouble In Paradise", ist ein kleiner Befreiungsschlag der Sängerin. Die Fesseln des alten Produzenten sind abgelegt, die Themen sind ernster. Nur lächeln für die Kameras, das will sie immer noch nicht.

Von Dennis Kastrup | 26.07.2014
    Elly Jackson alias La Roux bei einem Auftritt in Portugal.
    Elly Jackson alias La Roux bei einem Auftritt in Portugal. (picture alliance / EPA / Jose Coelho)
    Der Akkord auf dem Keyboard zieht sich, immer länger und länger. Dann setzt "er" ein: Der Groove. Und er bleibt.
    "So fing das Album an. Der Groove war das Erste, was mir aufgefallen ist. Erst als ich mich von Ben gelöst und mit Ian Sherwin angefangen hatte, spürte ich diese Energie. Das ist auch ein wichtiger Grund, warum ich mich von ihm getrennt habe."
    Die Geschichte von Elly Jackson ist typisch für das Musikgeschäft. Als 21-Jährige veröffentlichte sie zusammen mit Ben Langmaid ihr Debütalbum "La Roux". Der Synthiepop kam genau zum richtigen Zeitpunkt und schloss die Lücke zwischen neuer Elektromusik und modernem Rock. La Roux wirkte frisch und anders, obwohl ihre Musik stark an die 80er erinnerte. Für den glatten Sound war Produzent Langmaid zuständig. Unterschiedliche Vorstellungen vom weiteren musikalischen Weg sorgten dann für den Bruch. Außerdem fiel Jackson in ein Loch, ausgelöst durch das viele Touren und dem plötzlichen Ruhm.
    "Ich habe daran gedacht, einfach nur Musik zu schreiben und mir keine Sorgen darüber zu machen, sie jemals zu veröffentlichen oder auf Tour zu gehen. Ich weiß aber, dass niemand das finanziell unterstützt hätte. Und ich bin mit Sicherheit nicht reich genug, um alleine zu überleben. Die Unterstützung für ein eigenes Album hätte ich nicht bekommen."
    Ernstere Themen und Sexualität
    Elly Jackson schüttelte sich ordentlich und fand dann ihn, den Groove eben.
    "Ich habe das Gefühl, dass damit das gesamte Album und die Idee davon lebendig wurden. Ian und ich haben zusammen gejammt, was ich vorher mit niemanden im Studio machen konnte. Wir haben einfach zwei Instrumente genommen und die Teile immer wieder so lange gespielt, bis der Groove einen ganz eigenen Raum erschaffen hat."
    Mit dem Groove im Rücken wagte sie sich an ernstere Themen heran. Es geht um die große Liebe, um einen Kriminellen und das Aufflammen einer Revolte nach dem Vorbild der Londoner Aufstände. Aber auch das Thema Sex wird aufgegriffen. Ein Stück heißt "Cruel Sexuality". Der Song "Sexoteque" handelt von einem Mann, der seine Sex-Sucht befriedigen muss.
    "Für mich war es sehr wichtig, Sex so zu zeigen, dass ich mich damit wohl fühle. Es passt mir nicht, wie der meiste Sex in der Musik und in den Medien dargestellt wird. Ich wollte ihn aber so abbilden, dass ich mich wohlfühle. Und das Wort 'Sexoteque' an sich raubt dem Ganzen schon den Sex. Es ist eben 'Sexoteque'."
    Lächeln wäre keine Kunst
    Dazu passt auch das öffentliche Bild von Jackson. Über ihre Begeisterung für David Bowie machte sie noch nie ein Geheimnis. Ihr androgynes Auftreten in Anzügen und die Haartolle erinnern Start an den Pop-Superstar. Auch auffallend: dieser immer fast schon gefühllose Blick auf Fotos.
    "Ich habe noch keinen meiner Lieblingskünstler auf Fotos lächeln sehen. Die sagen einem nicht Hallo. Das sieht einfach komisch aus. Manchmal erwischt ein Fotograf jemanden in einem ganz natürlichen Moment, wenn er oder sie ohne großes Nachdenken ihn oder den Maskenbildner anlächelt. Warum sollte man also vor der Kamera lächeln, wenn es nicht natürlich kommt? Ich sehe lieber so aus, wie ich nun mal aussehe."
    Auf die Musik übertragen bedeutet das: La Roux klingt nun mal so, wie sie nun mal zu diesem Zeitpunkt klingt. "Trouble In Paradise" ist ein kleiner Befreiungsschlag. Die Fesseln des alten Produzenten sind abgelegt. Elly Jackson reißt mit dem neuen Album jubelnd die Arme in die Höhe. Oftmals verleitet diese Pose auch zu Übermut. Vielleicht ist sie deshalb in manchen Stücken auch ein wenig über das Ziel hinausgeschossen, sodass die Stücke an der Grenze zum großen Mainstream-Pop kratzen. Zum Glück lächelt sie aber nicht.
    "Das Cover ist doch kein Schnappschuss von dir im Urlaub oder mit deinen Freunden auf einer Party oder beim Grillen. Es ist ein Kunstwerk. Und wenn ich Lachen würde, wäre das nichts!"