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Labor im Ausnahmezustand

Nobelpreis. – Vor den Toren Kölns, im Forschungszentrum Jülich, hat Peter Grünberg den Riesenmagnetowiderstand entdeckt – und seinem Arbeitgeber damit zweistellige Millioneneinnahmen beschert. Sein Labor ist dafür vom Feinsten, was man auf der Welt für Geld bekommen kann. Manfred Kloiber hat sich darin umgesehen.

    Kienzlen: Herr Kloiber, Sie haben sich ein wenig in Peter Grünberg Labor umsehen können. Heute ein Labor im Ausnahmezustand, nehme ich an, oder?

    Kloiber: Ja, ziemlich. Hier geht es natürlich drunter und drüber, alles in Freude. Aber ich hatte zum Beispiel auch die Gelegenheit, noch die Sputter-Maschine, die eben Herr Grotelüschen angesprochen hat, die original Sputter-Maschine zu sehen, die immer noch im Labor steht, mit denen damals die ersten Schichten erzeugt wurden, wo auch der Effekt dann sozusagen entdeckt wurden.

    Kienzlen: Die Räume, in denen Sie jetzt stehen, sind ja tatsächlich noch die, in denen die preiswürdigen Entdeckungen auch gemacht worden. Beschreiben Sie uns doch einmal, wie es da aussieht!

    Kloiber: Na, es sind auf jeden Fall sehr, sehr gut ausgestattete und gut aufgeräumt Labors. Mit einem Universitätslabor wäre das hier überhaupt nicht zu vergleichen. Hier ist natürlich gar nichts, was an einem universitären Betrieb erinnert, sondern das ist konzentrierte Forschung. Und wenn man die Mitarbeiter hier fragt - ich habe mich mit Azubis genauso unterhalten, wie mit Verwaltungsangestellten und natürlich mit den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern - die sagen alle, die Bedingungen sind hier sehr, sehr viel besser, und vor allen Dingen sagt man immer wieder, die Antwort habe ich ganz oft gehört: Hier muss man sich nicht um Lehre kümmern, sondern man kann einfach nur forschen. Also da ist man auf einem sehr, sehr hohen Niveau, meint man jedenfalls in Jülich.

    Kienzlen: Woran arbeitet Grünbergs Forschergruppe heute?

    Kloiber: Interessanterweise an den umgekehrten Effekt, nämlich der Frage, kann man mit Strom auch schalten, und dann diesen magnetischen Speicher, die MRams, alleine durch den Stromfluss umpolen, die magnetischen Felder, die dort vorhanden sind. Und sie dann mit den gleichen Effekt, halt mit dem Riesenmagnetowiderstand, wieder auslesen. Das hätte dann den großen Vorteil, dass man keine elektromagnetische Anregungen der Speicherzelle bräuchte, sondern man schickt einfach in die Speicherzelle Strom, die wird ausgerichtet, und man kann sie wieder dadurch auslesen, das man ebenfalls Strom anliegt, aber viel geringeren Strom. Und das wiederum ist doch genau das Problem: Man hat festgestellt, ja, das funktioniert. Wenn ich Strom durch dieses Sandwich schicke, findet eine magnetische Ausrichtung statt, aber man muss extrem viel Strom durchschicken. Wenn man das nicht tiefgekühlt macht, dann würde der Sandwich abbrennen, weil der Strom einfach noch viel zu hoch ist. Das Ganze ist ein Größenoptimierungsproblem. Man sucht eben halt nach den richtigen Größenverhältnissen der Zelle, damit die Stromdichte pro Flächeninhalt optimal ist und das ganze funktioniert. Nebenbei sucht man auch nach geeigneten Materialien, die es dann ermöglichen, eben auf diesem Gebiet weiterzugehen, andere Ferromagneten, oder Halbmagneto- oder als Metalle, die diese Eigenschaften haben.

    Kienzlen: Das klingt ja doch nach sehr angewandter Forschung, gar nicht nur Grundlagenforschung!

    Kloiber: Na, das weist man hier weit von sich. Die sagen, wir kümmern uns jetzt nicht um den MRam und wie das einmal technisch aussehen soll, sondern wir suchen einfach nach diesen Materialien. Die gucken, gibt's diesen Effekt, wie kann man ihn optimieren, aber auf einer sehr, sehr abstrakten Ebene halt, Grundlagenforschungsebene.