"Zum Lachen geht man in den Keller". Dieses Sprichwort hat man in Mainz wörtlich genommen. Wer den Kreuzgang des Mainzer Doms durchquert und die Räume des Dommuseums betritt, wird in die Kellergewölbe geschickt. Ein Dialog aus Umberto Ecos "Der Name der Rose" dröhnt aus Lautsprechern:
"J: Das Lachen ist die Schwäche, die Hinfälligkeit und Verderbtheit unseres Fleisches."
"B: Aber was schrickt Dich so sehr an dieser Abhandlung über das Lachen. Du schaffst das Lachen nicht aus der Welt, in dem Du dieses Buch aus der Welt schaffst!"
"J: Hier wird das Lachen zum Thema der Philosophie gemacht!"
Sean Connery spielt in der Verfilmung von "Der Name der Rose" bekanntlich den Franziskanermönch William von Baskerville. Das ist der dem Lachen zugewandte Gegenspieler des benediktinischen "Fundamentalisten" Jorge von Burgos. Der will die Christenmenschen des Mittelalters vor einer Aristoteles-Schrift schützen, die das Lachen positiv sieht. Kurator Winfried Wilhelmy zeigt zu Beginn der Mainzer Ausstellung, dass sich der Streit über das Lachen tatsächlich durch das ganze Mittelalter zog:
"Aber, anders als 'Im Namen der Rose', gibt es selbst benediktinische Stimmen, auch in der benediktinischen Regel steht es, dass unter bestimmten Umständen Lachen durchaus erlaubt ist. Wenn es gemäßigt bleibt, wenn es heiter bleibt und nicht verletzend ist."
Schließlich habe auch Jesus, so die damals herrschende Meinung bei den Klerikern, niemals lauthals gelacht! Den Mund zu öffnen, galt als per se gefährlich: Für den Chorgesang war es ausnahmsweise erlaubt, zum Reden ließ es sich nicht vermeiden, doch hemmungsloses Lachen - das ging gar nicht. Der Teufel hingegen kann gleich mehrere höhnisch lachende Gesichter am Körper zeigen – auf dem Bauch etwa oder auf dem Hinterteil. Winfried Wilhelmy:
"Und dann – Entschuldigung, nennt man sie 'Arschgesicht' in der Fachliteratur. Solch ein Gesicht ist auch im Katalog abgebildet, nicht in der Ausstellung, aber es kommt eben öfter vor, das auf rückwärtigen Körperteilen lachende Gesichter sind."
Wunderbare Originalplastiken und Nachbildungen frivol-diabolisch Lachender und fromm-keusch Lächelnder, aber auch zum Teil noch nie gezeigte farbenprächtige Miniatur-Malereien in den kostbaren Büchern der Mainzer Martinus-Bibliothek – die Ausstellung bietet eine gute Übersicht über das Feld des Lach-Kulturkampfes im 13. Jahrhundert.
Aus Sicht der Mönche vor der Wiederentdeckung der aristotelischen Schriften ist das Lachen nicht nur Teufels-, sondern auch Frauensache:
"Frauen lachen, weil sie dumm sind und ungebildet. Sie haben keinen Verstand und Bildung wurde ihnen, so sagt es Johannes von Salesbury, ja nicht zugestanden. Deswegen können sie eigentlich nur kichern und dreist lachen. Sie verstehen eben nicht, Maß und Zucht zu halten."
Die "Fuststraßen-Madonna" von 1250 markiert dagegen den lach- und geschlechterpolitischen Wendepunkt, den Beginn der post-aristotelischen Phase des mittelalterlichen Lach-Streits. Sie ist benannt nach ihrem früheren Aufstellungsort in der Mainzer Fuststraße. Die heilige Maria ähnelt hier stark einem freien, selbstbewussten Blumenkind der 68er-Zeit: Langes offenes Haar, eng anliegendes rotes Gewand, unter dem sich die Brüste abzeichnen und einem Kind auf dem Arm, das die Mutter strahlend angrinst.
An den Schluss hat Kurator Winfried Wilhelmy quasi programmatisch den Gipsabguss einer Figur aus der frühen Neuzeit platziert – einer Epoche, in der der mittelalterliche Kulturkampf um das Lachen beendet war.
"Ein lachender Narr. Der freut sich einfach. Nix mehr davon, ob Christus gelacht hat, ob es gut oder böse ist, der freut sich einfach."
Im närrischen Mainz begibt man sich bekanntermaßen seit Jahrhunderten zum Lachen nicht mehr in den Keller, sondern zu gegebener Zeit in Festsäle und auf Straßen – für die Ausstellung über die Zeit der aristotelischen Lachrevolution ist der Gang in den Domkeller jedoch unbedingt empfehlenswert.
"J: Das Lachen ist die Schwäche, die Hinfälligkeit und Verderbtheit unseres Fleisches."
"B: Aber was schrickt Dich so sehr an dieser Abhandlung über das Lachen. Du schaffst das Lachen nicht aus der Welt, in dem Du dieses Buch aus der Welt schaffst!"
"J: Hier wird das Lachen zum Thema der Philosophie gemacht!"
Sean Connery spielt in der Verfilmung von "Der Name der Rose" bekanntlich den Franziskanermönch William von Baskerville. Das ist der dem Lachen zugewandte Gegenspieler des benediktinischen "Fundamentalisten" Jorge von Burgos. Der will die Christenmenschen des Mittelalters vor einer Aristoteles-Schrift schützen, die das Lachen positiv sieht. Kurator Winfried Wilhelmy zeigt zu Beginn der Mainzer Ausstellung, dass sich der Streit über das Lachen tatsächlich durch das ganze Mittelalter zog:
"Aber, anders als 'Im Namen der Rose', gibt es selbst benediktinische Stimmen, auch in der benediktinischen Regel steht es, dass unter bestimmten Umständen Lachen durchaus erlaubt ist. Wenn es gemäßigt bleibt, wenn es heiter bleibt und nicht verletzend ist."
Schließlich habe auch Jesus, so die damals herrschende Meinung bei den Klerikern, niemals lauthals gelacht! Den Mund zu öffnen, galt als per se gefährlich: Für den Chorgesang war es ausnahmsweise erlaubt, zum Reden ließ es sich nicht vermeiden, doch hemmungsloses Lachen - das ging gar nicht. Der Teufel hingegen kann gleich mehrere höhnisch lachende Gesichter am Körper zeigen – auf dem Bauch etwa oder auf dem Hinterteil. Winfried Wilhelmy:
"Und dann – Entschuldigung, nennt man sie 'Arschgesicht' in der Fachliteratur. Solch ein Gesicht ist auch im Katalog abgebildet, nicht in der Ausstellung, aber es kommt eben öfter vor, das auf rückwärtigen Körperteilen lachende Gesichter sind."
Wunderbare Originalplastiken und Nachbildungen frivol-diabolisch Lachender und fromm-keusch Lächelnder, aber auch zum Teil noch nie gezeigte farbenprächtige Miniatur-Malereien in den kostbaren Büchern der Mainzer Martinus-Bibliothek – die Ausstellung bietet eine gute Übersicht über das Feld des Lach-Kulturkampfes im 13. Jahrhundert.
Aus Sicht der Mönche vor der Wiederentdeckung der aristotelischen Schriften ist das Lachen nicht nur Teufels-, sondern auch Frauensache:
"Frauen lachen, weil sie dumm sind und ungebildet. Sie haben keinen Verstand und Bildung wurde ihnen, so sagt es Johannes von Salesbury, ja nicht zugestanden. Deswegen können sie eigentlich nur kichern und dreist lachen. Sie verstehen eben nicht, Maß und Zucht zu halten."
Die "Fuststraßen-Madonna" von 1250 markiert dagegen den lach- und geschlechterpolitischen Wendepunkt, den Beginn der post-aristotelischen Phase des mittelalterlichen Lach-Streits. Sie ist benannt nach ihrem früheren Aufstellungsort in der Mainzer Fuststraße. Die heilige Maria ähnelt hier stark einem freien, selbstbewussten Blumenkind der 68er-Zeit: Langes offenes Haar, eng anliegendes rotes Gewand, unter dem sich die Brüste abzeichnen und einem Kind auf dem Arm, das die Mutter strahlend angrinst.
An den Schluss hat Kurator Winfried Wilhelmy quasi programmatisch den Gipsabguss einer Figur aus der frühen Neuzeit platziert – einer Epoche, in der der mittelalterliche Kulturkampf um das Lachen beendet war.
"Ein lachender Narr. Der freut sich einfach. Nix mehr davon, ob Christus gelacht hat, ob es gut oder böse ist, der freut sich einfach."
Im närrischen Mainz begibt man sich bekanntermaßen seit Jahrhunderten zum Lachen nicht mehr in den Keller, sondern zu gegebener Zeit in Festsäle und auf Straßen – für die Ausstellung über die Zeit der aristotelischen Lachrevolution ist der Gang in den Domkeller jedoch unbedingt empfehlenswert.