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"Lady Di des europäischen Rechtsextremismus"

Ein rechter Rabauke brettert im Wodkarausch mit 142 Kilometern pro Stunde gegen einen Betonpfeiler und stirbt, wie er zuvor Politik gemacht hatte: verantwortungslos. So interpretiert man Jörg Haiders Tod außerhalb der Kärntner Landesgrenzen. Zwischen Spittal an der Drau und Klagenfurt dagegen löste Haiders Alko-Crash unerhörte Emotionen aus.

Von Günter Kaindlstorfer |
    Hunderttausende Haiderfans hatten das Gefühl, sie hätten ihren "Landesvater" verloren. Dabei hatte einfach nur ein politischer Gambler, ein xenophober Polit-Playboy das ihm gemäße Ende gefunden.

    "Weinende Frau: "Er hat das Geburtengeld eingeführt. Schiach ist das, dass er gegangen ist."
    Trauernde Frau: "Er hat viel für die Kärntner getan. Er hat jedem auf der Straße die Hand gegeben, er ist immer hinter uns gestanden, ich find's einfach nur traurig.
    Weinender Haider-Mitarbeiter: "Ich werde ihn wahnsinnig vermissen, er war mein Lebensmensch, er war mein bester Freund, und ich sage einfach: ,Danke, Jörg, wo immer du jetzt auch bist!""

    "Pfiat Gott, liebe Alm, pfiat Gott tausend Mal...
    ... muss wieder ins Tal."

    Bereits in den ersten Stunden nach Haiders Tod setzte die Mythisierung des schillernden Rechtsradikalen ein. Eine DVD-Edition mit Kärntner Volksliedern, die Haider kurz vor dem nächtlichen Crash noch aufgenommen hatte, avancierte zum Verkaufsschlager – auch auf diversen Shopping-Kanälen im TV.

    "Ich muss Sie aus Ihren Träumen reißen. Mittlerweile haben wir nur noch 1000 Stück unserer Kollektion 'In Memoriam Dr. Jörg Haider.' Drei Titel hat er selber gesungen, insgesamt kriegen Sie 34 Titel, auf der CD übrigens sind noch vier Extra-Titel drauf, ja, damit Sie auch sehen: Hier kriegen Sie wirklich was für Ihr Geld, so eine Edition gibt's in der Form nie, nie wieder."

    Die Ikonisierung Jörg Haiders wird dieses Wochenende einen neuen Höhepunkt erreichen. Im Klagenfurter "Bergbau-Museum" – einem ehemaligen Schutz-Stollen aus der NS-Zeit – wird sich eine Großausstellung mit der Biografie des Nazisprosses aus Bad Goisern auseinandersetzen. In wenigen Tagen soll in Klagenfurt auch eine vier Meter hohe Jörg-Haider-Statue enthüllt werden. Saddam Hussein, den der Kärntner Landeshauptmann mehrfach in Bagdad besucht hatte, hätte sicher seine Freude gehabt an der figurativen Überhöhung seines politischen Freundes. Am Sonntag wird an der Unfallstelle im Süden Klagenfurts schließlich ein Bildstock mit vier Heiligenbildern feierlich enthüllt werden: Der heilige Georg und der heilige Christophorus laden da ebenso zu andächtiger Verehrung ein wie der "Heilige Jörg".
    Der Kärntner Schriftsteller Josef Winkler beobachtet den erneut hochbrodelnden Haider-Kult mit einer gewissen Fassungslosigkeit.

    "Es wäre besser gewesen, wenn man ihn nicht eingeäschert hätte, sondern einbalsamiert, dann hätte man im Amt der Kärntner Landesregierung eine Kapelle errichten können, und dann wäre er als zukünftiger Seliger in einen Schneewittchen-Sarg hineingekommen, und dort könnten ihm seine Verehrer jeden Tag ihre Kerzen darbringen."

    Einstweilen müssen sich die Verehrer Jörg Haiders mit dem Grab ihres Idols im Kärntner Bärental begnügen. Hunderte von Trauernden entzünden dort täglich Kerzen, legen Blumen nieder.

    Es gibt auch Gerüchte, wonach Jörg Haider in einer Grotte am Wörthersee drei slowenischen Hirtenkindern erschienen sein soll: Sie konnten indes noch nicht verifiziert werden.