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Lakis Lazopoulos: "Angela Merkel ist unsere Kanzlerin"

Der griechische Komiker Lakis Lazopoulos kommt mit seiner Show "Sorry, I’m greek" in seinem Heimatland so gut an, dass er jetzt sogar in Deutschland auf Tour geht. Deutsche und Griechen sollen gemeinsam über sich lachen können - dafür hat Lazopoulos seine Witze auf Deutsch übersetzt.

Von Miltiadis Oulios |
    Lakis Lazopoulos steht in Folkloretracht auf der Bühne und kramt sein letztes Geld aus dem weißen Faltenrock: "148 Euro und 50 Cent", murmelt er.

    "148 Euro und 50 Cent."

    "Ich bin doch hier in Deutschland? Euch schulden wir doch Geld, oder? Hier habt ihr meinen letzten Groschen, dann sind wir quitt. Ich halte es nicht mehr aus, jede Nacht im Traum Wolfgang Schäuble zu begegnen."

    Griechenlands Starkomiker Lakis Lazopoulos ist auf seiner Deutschlandtour nicht zimperlich. Die Griechen, witzelt er, werden ihre Schulden bis zum Jüngsten Gericht nicht zurückzahlen können. Bevor sie ins Paradies dürfen, wird der Herrgott sie bestimmt fragen: Habt ihr eure Schulden bei den Deutschen beglichen? Bundeskanzlerin Angela Merkel karikiert er als stocksteife Wirtschaftskriegerin. Merkel sei bereit, den griechischen Rentnern unter die Matratze zu greifen, um noch den letzten ersparten Euro einzuziehen.

    "Angela Merkel ist längst unsere Kanzlerin, ohne dass wir sie gewählt haben. Uns regieren ihre Beamten. Wenn die Deutschen entschieden haben, uns als Protektorat zu behandeln, dann müssen sie sich jetzt auch die Stimme des Protektorats anhören."

    Wer sich diese dreieinhalb Stunden griechischer Satire anschaut, muss sein Selbstbild vom deutschen Zahlmeister korrigieren. Die Nummernshow mit Live-Band und Tanzeinlagen seines Ensembles ist nicht frei von Kalauern. Zugleich geht sie aber in die Tiefe. Lakis arbeitet sich nämlich an der Frage ab: Was ist wichtiger? Der Mensch oder das Geld? Anders als hierzulande schließen sich beim Griechen massenkompatible Comedy und politisches Kabarett nicht aus.

    "Unsere Tradition ist Aristophanes. Seine Komödien wurden in der Antike von jedem gesehen und er war zugleich derjenige, den die Herrschenden hassten. Sie konnten ihm aber nichts anhaben, weil er ihre Funktionsweisen auf eine sehr schöne Art dekonstruierte. Um dies tun zu können, bedarf es aber der Bildung. Für mich als Grieche ist Aristophanes der Maßstab, wie gute Satire funktionieren muss."

    Der Kabarettist versucht nun die nationalen Grenzen des Genres zu durchbrechen. Die deutsche Übersetzung seines Textes läuft auf einer Leinwand über der Bühne. Das funktioniert nur bedingt, denn Humor zu übersetzen, ist schwierig. Manche Pointe bleibt auf der Strecke. Trotzdem kommt seine Botschaft auch bei Zuschauern an, die kein Griechisch verstehen.

    "Ich finde es gut, dass die Griechen auf dem Weg der Selbstfindung sind, man muss das ja irgendwie verarbeiten diese ganze Krise. Die nehmen sich natürlich selbst auf die Schippe. Das kam gut rüber. Was überspitzt rüberkam, ist das mit Frau Merkel, aber sonst ok. Wahres dran ist, dass wirklich nicht die heutigen Griechen alle Schulden, dieser Schuldenberg, der entstanden ist in der Vergangenheit und heute muss jemand dafür bluten, nämlich die Gesellschaft und die jungen Leute und die Zukunft."

    Lazopoulos Show ist vor allem deswegen unterhaltsam, weil er als Schauspieler brilliert. Er schlüpft in Kostüme, verstellt seine Stimme und spielt die unterschiedlichsten Typen, die für die Krise der griechischen Gesellschaft stehen. Einer der Höhepunkte ist seine Darstellung des zynischen, griechischen Steuerbetrügers, der nichts bereut. Ein fetter Typ im teuren Anzug, der damit prahlt, jeden Politiker bestechen zu können und einen Teil seines schwarz verdienten Geldes für wohltätige Zwecke zu spenden.

    "Ich sage ich wäre ein Schwein. Das größere Schwein ist derjenige, der ein Schwein wie mich toleriert und insgeheim bewundert. So wie ihr."

    In solchen Momenten ist Lakis stark, wenn er die Verantwortung für die Schuldenkrise nicht nur den Politikern zuschiebt. Eine Lösung bietet der Kabarettist selbstredend nicht, aber einen Einblick in die griechische Seele anno 2012. Das Resümee seiner Show besteht in einem unerwarteten Bekenntnis zu Europa.

    "Sorry, I'm greek. Entschuldigung, aber ich bin Grieche. Ich habe eine Meinung und einen festen Platz in Europa. Denn Europäer ist nicht derjenige, der dem anderen leichtfertig mit Rauswurf droht. Europäer ist derjenige, der trotz all der Häme, und obwohl er ständig hört, dass er rausfliegen soll, darauf besteht, ein Teil Europas zu bleiben."

    "Sorry, ich bin Grieche und ich bin gekommen, um zu erklären, was meinem Land passiert ist."


    Hinweis:

    Heute Abend tritt Lakis Lazopoulos mit "Sorry, I'm greek" in Nürnberg auf. Er ist noch bis zum 27.05.2012 in verschiedenen deutschen Städten zu sehen.