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Lama-Zucht im Allgäu

Immer wieder suchen Bauern nach Alternativen, mit deren Hilfe sie ihr Einkommen steigern können. Das gilt auch in einer der intensivsten Milcherzeugungsregionen Deutschlands - im Allgäu. Auf so mancher Grünfläche dort sieht man jetzt Lamas statt Kühe. Überwiegend ist die Lama-Zucht nur ein Zubrot, aber ein Bauer aus Kaufbeuren widmet sich nur noch der Lama-Haltung, mit Erfolg.

Von Klaus Wittmann |
    Der Hof von Walter Egen liegt auf 800 Metern Höhe. Die Allgäuer Alpen liegen in Sichtweite, ein herrliches Bergpanorama. Vor fünfzehn Jahren hat hier oben der einstige Milchbauer Egen mit seiner Lama-Zucht und mit dem Verkauf von Lama-Utensilien begonnen.Heute gibt es an der Alten Steige 34 in Kaufbeuren keine einzige Kuh mehr, dafür aber Lamas, so weit das Auge reicht. Der Züchter zeigt stolz auf seine Tiere und berichtet davon, wie er den Umstieg geschafft hat:
    "Also, das lief zwei Jahre parallel, von 1990 bis 1992, und als ich gesehen habe, dass man die Lamas tatsächlich verkaufen kann, hab’ ich entschieden, alle Kühe weg und nur noch Lamas halten. Wir züchten Tiere für den Freizeitbereich, für den Therapiebereich und natürlich für andere Züchter, also Zuchttiere. Darüber hinaus kann man sie hervorragend in der Landschaftspflege einsetzen. Die Lamas sind ja Schwielensohler, die verursachen kaum Trittschäden auf der Wiese und so ein Lama ist hervorragend geeignet, auch empfindliche Biotope zu pflegen."

    Bereut habe er es keinen Moment, dass er vom Milchbauern zum Lamazüchter wurde, sagt der Mann, der auch einen Verein für Züchter, Halter und Freunde von Neuweltkameliden – also Lamas und Alpakas - ins Leben gerufen hat:

    "Wir hatten früher Milchkühe, und seit 15 Jahren züchte ich Lamas und ich bin voll überzeugt von den Zukunftsaussichten der Lamahaltung und ich hab’s noch nie bereut, mit der Milchviehhaltung aufgehört zu haben."
    Der Freizeitbereich, den Walter Egen angesprochen hat, sieht so aus, dass es seit kurzem geführte Lama-Trekking-Touren gibt, dass Lamas zu Kindergeburtstagen vermietet werden oder man ganz einfach mal mit den Tieren eine Wanderung durchs Alpenvorland oder auf einen Allgäuer Berg unternimmt:
    "Diese geführten Lama-Touren habe ich abgegeben an André Mater, weil ich selber komme gar nicht mehr dazu. Wir haben mittlerweile eine so hohe Nachfrage."

    André Mater wohnt nicht weit von Walter Egens Lamahof entfernt, und immer wenn er eine Gruppe zusammengestellt hat, holt er dieTiere am Hof ab, leichtes Gepäck wird aufgelegt – sagt Walter Egen - und los geht es:
    "Wir machen einfach eine kleine Packtasche drauf, wo ein wenig Brotzeit dran ist und etwas zu trinken. Das sind vielleicht fünf Kilo und das reicht."
    André Mater beschreibt die Touren-Varianten, die angeboten werden:
    "Dann haben wir da Halbtagestouren, Schnuppertouren oder Tagestouren. Am besten fängt man mit der Schnuppertour an, da wird man mit dem Lama bekannt gemacht und dann läuft man so zweieinhalb Stunden in der Natur. Wir haben auch gestresste Manager, die eben nach einem Seminar zu uns kommen. Und Lamas sind friedliche Tiere."
    Stellt sich natürlich die Frage nach dem immer wieder den Lamas zugeordneten Spuck-Attacken.
    Keine Angst, sagt Walter Egen:
    "Also, Lamas können natürlich spucken. Aber das machen sie innerhalb der Herde bei Rangkämpfen oder wenn sie futterneidisch sind oder die Stuten zum Beispiel, wenn die ihre Jungen verteidigen müssen. Auf Menschen wird nicht gespuckt."

    Eine Gruppe Besucher ist auf dem Hof angekommen, zur Schnuppertour.
    Sabine und Franz Bauer gehören dazu – sie möchten sich in Kürze ein oder zwei Lamas zulegen und sind zunächst voll der Vorfreude und danach schlichtweg angetan von den Tieren, die während der ganzen Tour nicht einmal gespuckt haben:

    "Ich hab’ immer schon geschaut, wenn die Tiere irgendwo in der Wiese standen. Anstelle von einem Hund hätte ich mir vorgestellt, einfach mehr oder weniger täglich auf den Allgäuer Berghof zu laufen. Das ist eigentlich Premiere, dass ich heute das erste Mal ein Lama am Seil hab.
    Der Umgang macht einfach total Spaß mit denen, und ich finde, die haben einfach wunderschöne Augen."

    Es ist eine gemütliche Wanderung und hin und wieder legt sich einfach einer der Lamahengste für ein paar Minuten in die Wiese zum Fressen. Die Tiere heißen Bali, Blanko, Pelé, Schwarzenegger und Platera. Man wird spürbar ruhiger mit den Lamas an der Leine, marschiert gemütlich dahin. Dabei erzählt Züchter Egen, woher er seine Zuchttiere bekommt:
    "Also, meine ersten Tiere, die ich gekauft habe – 1990 – das waren Nachzuchten aus deutschen Zoos. Und Ende der 90-er Jahre habe ich zur Blutauffrischung Tiere aus Chile bekommen und 2004 ist wieder ein Transport gekommen. Also, der Import in die EU und damit auch nach Deutschland ist nur aus Chile gestattet. Chile ist das einzige Land, das den internationalen Status hat, dass es seuchenfrei ist."

    Auch zu Therapiezwecken werden die Tiere eingesetzt. Immer wieder kommen Behinderteneinrichtungen wie die Lebenshilfe für zwei, drei Stunden hoch zum Lamahof. Sie bringen eigene Therapeuten mit. Walter Egen berichtet dann von seinen Reisen nach Peru, Ecuador und Chile, von der Heimat der Lamas und Alpakas und davon, dass inzwischen bundesweit rund 5.000 Lamas von Privatleuten und Landwirten gehalten werden – Tendenz steigend.

    Zusätzliche Informationen unter:

    Pichincha Llamas