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Lammleber hoch mit Dioxin belastet

Die Lebern von Schafen können große Mengen an Dioxinen enthalten, hochgiftige Chemikalien, die bei der Verbrennung von chlorhaltigen Stoffen entstehen. Mittlerweile wissen die Behörden, dass sich das Problem Schafslebern nicht auf einzelne Regionen oder Überflutungsregionen beschränkt. Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern warnen inzwischen vor dem Verzehr.

Von Michael Engel |
    " ... die Lammleber in das heiße Olivenöl legen, dann Dill, Salz und Pfeffer dazugeben ..."

    Gourmets schätzen die Lammleber. In der kretischen Küche nennt sich die Delikatesse "Sikotaria", in der türkischen "Arnavut Cigeri", deutsche Restaurants offerieren "Gebratene Leber von der Heidschnucke". Doch ob Lamm, Schaf oder Hammel - die Leber dieser Tiere ist durchweg mit Dioxin beziehungsweise PCB belastet. Bei 70 Proben aus dem Gebiet zwischen Ems und Elbe wurden 68 Mal die Grenzwerte überschritten, sagt Friedrich-Otto Ripke, Staatssekretär im Niedersächsischen Verbraucherschutzministerium.

    "Und die 70 Lebern stammen dann letztendlich aus dem ganzen Landesgebiet Niedersachsens. Unabhängig davon, ob Überschwemmung oder nicht. Und wir haben auch unabhängig von Vordeich- oder Hinterdeichgebiet positive Befunde gefunden. Das heißt für uns: Offensichtlich sind die Schaflebern, beziehungsweise die Schafe selbst besonders affin, das heißt, sie sammeln das PCB, und es muss wohl auch so sein, dass wir PCBs flächendeckend finden können."

    Unterdessen haben auch Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern Leberproben analysiert: Mit ähnlichen Resultaten, unabhängig davon, ob die Schafe aus mehr oder weniger belasteten Gebieten stammen. Die Werte seien zwar nicht toxisch, doch könne ein regelmäßiger Genuss von Schafleber die Gesundheit gefährden, so das Ministerium. Warum nur Schafe, nicht aber Kühe belastet sind, darüber gibt es nur Vermutungen. Veterinäroberrätin Dr. Katrin Sassen überwacht die Untersuchungen in Niedersachsen.

    "Die Schafe sind Tiere, die, anders als Kühe, und insbesondere auch anders als Schweine, ernährt werden mit einer sogenannten Grundfutterernährung. Das heißt, die hauptsächlichen Ernährungsbestandteile sind eben Weideflächen und dann eben auch das Futter, das von diesen Flächen als Winterfutter gewonnen wird – als Silage oder Heu –, und das ist eigentlich der Grund dafür, dass die Gehalte an Dioxinen, die sich eben in den Futtermitteln befinden, in diesem Aufwuchs befinden, in diesen Schafen mehr gefunden werden."

    Um die Situation besser beurteilen zu können, startete das Bundesumweltministerium ein flächendeckendes Monitoring. Ende dieses Jahres sollen die bundesweiten Analysen abgeschlossen sein. Unterdessen warnen Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern vor dem Verzehr von Schafleber. Friedrich-Otto Ripke aus dem Niedersächsischen Landwirtschaftsministerium rechnet anschließend durchaus mit einem Verzehrverbot.

    "Wir warnen landesweit vor dem Verzehr von Schaflebern. Zu einem Verbot gehört mehr. Dazu gehört zunächst einmal das erwähnte, bundesweite Monitoring, um wirklich einmal belastbare Zahlen zu haben, denn wir greifen ja mit rechtstaatlichen Mitteln dann auch in den Markt ein und auch in die Möglichkeit der Anbieter, ihre Ware zu verkaufen. Dafür brauchen wir belastbare Daten. Und das ist dann auch Bundesentscheidung. Ich denke mal, nach dem Monitoring wird es zu einer solchen Entscheidung kommen. Dann wird das Verbot des Verzehrs wohl ausgesprochen werden können."

    Das Ministerium in Hannover will jetzt vor allem die türkische Bevölkerung informieren und eindringlich vor dem Verzehr von Lammleber warnen. Andere Innereien der Tiere wie auch Lammkoteletts und Hammelbraten seien dagegen unbedenklich.