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Landschaftspflege in Deutschland

Im niedersächsischen Hannoversch-Münden findet derzeit der Deutsche Landschaftspflegetag 2001 statt - veranstaltet vom Deutschen Verband für Landschaftspflege gemeinsam mit der Alfred-Töpfer-Akademie, einer Bildungs- und Forschungseinrichtung den Naturschutz in Niedersachsen.

von Sibylle Hartmann |
    Hinter dem Begriff Landschaftspflege verbirgt sich der Spagat zwischen Agrarpolitik und Verdienstmöglichkeiten im ländlichen Raum auf der einen und Naturschutz und der Pflege von Kulturlandschaften auf der anderen Seite. Beide Interessen unter einen Hut zu bringen, ist nicht immer einfach, aber keineswegs unmöglich.

    Mehr als 20 Beispiele aus ganz Deutschland zeigen - Landschaftspflege kostet nicht nur - sie bringt auch Geld. Das gelingt, wenn Land- und Forstwirte mit Naturschützern und Landschaftspflegern zusammenarbeiten, ihre regionalen Besonderheiten herausstellen und erfolgreich vermarkten. Klaus Blümlhuber, Geschäftsführer des Landschaftspflegeverbands Kelheim bei Regensburg stellt den Naturpark Altmühltal vor, der mit 50 Schafherden mit jeweils 500 Tieren größtes Landschaftspflegeprojekt dieser Art in Deutschland ist:

    Es ist eine touristisch stark frequentierte Region, auch landschaftlich sehr schön. Das Problem, was wir haben ist, dass die Schäfereien wirtschaftlich immer uninteressanter werden und deswegen ist die Idee geboren über die Vermarktung des Altmühltaler Lamm den Schäfern ein besseres Entgeld zukommen zu lassen. Zudem ist es auch für die Wirte interessant und so haben wir auch die Wirtschaft hiermit unterstützt.

    Landschaftspflege ist deswegen wichtig, weil die klassische Beweidung von Wiesen mit Rindern vor allem durch BSE und MKS enorm zurückgegangen ist. Zwar haben Schweine- und Geflügelzüchter von der Krise profitiert, doch sie halten ihre Tiere in geschlossenen Ställen. Die Folge ist, Grünland liegt brach, droht zu verbuschen und Artenvielfalt geht verloren:

    Neben der Erhaltung des Landschaftsbildes, das ja für den Touristen ganz entscheidend ist, ist mindestens genauso wichtig für uns, die Erhaltung dieser wertvollen Wacholderheiden. Da kommt eine Vielzahl von seltenen Pflanzen- und Tierarten vor, nur als Beispiel Enzian, Orchideen, der Apollofalter; also Tiere und Pflanzen, die vom Aussterben bedroht sind und nur über diese dauerhafte Nutzung wird es uns gelingen, diese wertvollen Biotope zu erhalten.

    Intakte Kulturlandschaften mit Äckern, Wiesen und Biotopen, die gewinnbringend von Schafen, Rindern, Ziegen und Ponies genutzt werden können, zahlen sich nicht nur für den Tourismus aus, erklärt Florian Meusel, Geschäftsführer des Naturparks Thüringer Wald:

    Heute ist es ja so, dass wir einen großen Nutzen aus der Pflege der Bergwiesen haben und auch die Einheimischen freuen sich darüber, dass ihre Orte und ihre Heimat wieder in Ordnung sind und das hat auch zur Folge, dass junge Leute gern in den Dörfern leben bleiben und sich nicht nur Gäste daran freuen und das ist genau das, was wir wollen, dass junge Leben in den Dörfern erhalten, als auch das Einkommen der Landwirte damit sichern.

    Damit auch anderswo die Menschen in den Dörfern bleiben, ist schnelles Umdenken der Landwirte gefragt. Denn Fachleute prognostizieren eine Halbierung der derzeit arbeitenden landwirtschaftlichen Betriebe. Die Region Thüringer Wald mit ihren 220 Gemeinden nutzt die Bergwiesen am Rennsteig, die die Wanderer und Touristen schätzen, als Aushängeschild:

    Dass die gesunde Landwirtschaft auch gesunde Produkte liefert. Das ist die bewährte Thüringer Bratwurst, aber das sind auch gute Käsesorten oder das Original Thüringer Heubad, was aus den besonders guten Bergwiesen in den Kammlagen entsteht. Also eine Verbindung von Tourismus und Bergwiesenprodukten, die dort neu zu erleben sind.

    Maschinen wären ohnehin nicht rentabel für die Steilhänge mit Weiden und Magerrasenflächen, die Vierbeiner kurz halten. Transparente Landwirtschaft ist das Schlagwort der Landwirte. Hoffeste und Veranstaltungen von Vereinen und Verbänden erzeugen Vertrauen bei den Verbrauchern. In Niedersachsen finden Früchte und Säfte von Streuobstwiesen großen Anklang, sagt Klaus König vom Landschaftspflegeverband Göttingen:

    Im Landkreis Göttingen haben wir eine vielfältige Kulturlandschaft, wir haben traditionelle Streuobstwiesen auf denen Obst produziert wurde, wo wir Bestände verjüngen, wo wir die Beerntung der Flächen wieder attraktiver gemacht haben durch eine höhere Vergütung der Äpfel, die zu den Mostereien gebracht werden und haben dann auch die Vermarktung des Apfelsaftes hier in der Region organisiert.

    Regionale Produkte haben ihren Preis, sagt Klaus König - Aufgabe des Marketings sei es, dem Kunden zu erklären, warum diese Wurst oder dieser Saft teurer ist, als der von Großkonzernen. Außerdem ist die Politik gefragt, die Mehrkosten zwischen Massenwaren und regionalen Erzeugnissen niedrig zu halten, fordert Josef Göppel, Vorsitzender des Deutschen Verbandes für Landschaftspflege:

    Wenn ein Landwirt eine Rinderherde anschafft, um große Flächen auf billige Wiese abzuweiden, um damit die Flächen zu pflegen oder wenn ein Landwirt eine alte Schafrasse anschafft, wie z.B. im Landkreis Göttingen das Leineschaf, dass der Landschaftspflegeverband sozusagen ins Leben zurückgebracht hat, dann wollen wir, dass dafür Prämien gezahlt werden, weil dies eine Leistung ist für die Allgemeinheit.

    Einige wenige Projekte zeigen wie Landschaften ökologisch und wirtschaftlich zugleich erfolgreich sein können. Ziel der Fachleute des Deutschen Landschaftspflegetages in Hannoversch Münden ist es, auch bei hartem globalen Wettbewerb und Fehlern in der Agrarpolitik solche Kulturlandschaften flächendeckend auszuweiten.