Donnerstag, 18. April 2024

Archiv

Landtagswahl in Schleswig-Holstein
"Bin sehr optimistisch, dass Jamaika möglich sein kann"

Die Mehrheit der Wähler wolle eine CDU-geführte Regierung in Schleswig-Holstein, sagte Michael Grosse-Brömer, Parlamentarischer Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Es mache Sinn, dass CDU-Spitzenkandidat Daniel Günther nun mit Grünen und FDP über ein Bündnis reden wolle. Außerdem könnten Grüne und FDP in Schleswig-Holstein gut miteinander arbeiten.

Michael Grosse-Brömer im Gespräch mit Tobias Armbrüster | 08.05.2017
    Der parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Michael Grosse-Brömer.
    Michael Grosse-Brömer, Erster Parlamentarischer Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. (Patrick Seeger/dpa)
    Tobias Armbrüster: Fehleranalyse ist angesagt heute bei der SPD, vor allem bei der SPD in Schleswig-Holstein. Sie hat nur noch 27 Prozent bekommen, gestern bei der Landtagswahl. Ob die Partei in Kiel noch mal die Regierungsbildung übernehmen kann, das ist äußerst fraglich. Zur Last gelegt wird das vor allem dem Spitzenkandidaten und SPD-Ministerpräsidenten Torsten Albig. Der hat sich unter anderem in einem Interview mit einer Illustrierten unvorteilhaft geäußert und eine Menge Wählerinnen verprellt. Aufwind dagegen verspürt die Gegenseite natürlich, die CDU, und genau das wollen wir genauer wissen. Am Telefon ist der CDU-Politiker Michael Grosse-Brömer, Parlamentarischer Geschäftsführer der Unions-Fraktion im Deutschen Bundestag. Schönen guten Morgen!
    Michael Grosse-Brömer: Schönen guten Morgen, Herr Armbrüster.
    Armbrüster: Herr Grosse-Brömer, haben Sie der "Bunten" schon danke gesagt?
    Grosse-Brömer: Ach, wir müssen keiner Zeitung danken, die ja nur das berichtet, was stattfindet. Und stattgefunden hat, wir müssen unserem Spitzenkandidaten danken, der es geschafft hat, durch eigene Vorteile, durch gute Inhalte einen starken Wahlkampf zu machen, und das haben wir in der Tat getan. Das ist der zweite Wahlsieg jetzt im Superwahljahr für die Union. Damit hat die SPD zweimal nicht gerechnet. Insofern ist das ein schöner Start auch mit Blick auf die Bundestagswahl im September.
    "Die Kanzlerin ist auch ein ganz wichtiges Pfund für die Union"
    Armbrüster: Was kann die Union im Bund lernen, unbekannte Gesichter sind manchmal besser als bekannte?
    Grosse-Brömer: Nein! Aber wir können lernen, dass es sehr viel Sinn macht, einen geschlossenen Landesverband wie in Schleswig-Holstein auch zu formen und ihn zu motivieren, gemeinsam dafür zu kämpfen, dass die Ideen und Inhalte der Union in der Öffentlichkeit bekannt werden und eine Mehrheit bekommen, und das hat Daniel Günther, wie ich finde, in einer sehr guten Art und Weise geschafft, einmal Geschlossenheit herzustellen und zum zweiten mit den Inhalten vor Ort, Bildung, Verkehrspolitik, innere Sicherheit, die Punkte anzusprechen, die auch die Schleswig-Holsteinerinnen und Holsteiner gestört haben. Insofern, glaube ich, ist das eine klare demokratische Entscheidung, der Kampf um die richtigen Ideen und die richtigen Punkte, und den hat die CDU gewonnen.
    Armbrüster: Welche Botschaft geht denn von diesem Wahlsieg von Herrn Günther aus an die Merkel-Kritiker in der Union, vor allem an die CSU?
    Grosse-Brömer: Erst mal geht die Botschaft ja aus von diesem Wahlsieg, dass, wie ich gestern gehört habe in der ARD, 50 Prozent der CDU-Wähler in Schleswig-Holstein es sehr, sehr wichtig fanden, dass wir eine Kanzlerin haben, die ruhig und souverän regiert. Und für sie war das ganz konkret auch ein Grund, CDU zu wählen in Schleswig-Holstein. Insofern kann ich auch die SPD verstehen, die versucht, das jetzt alles nur regional zu erklären. Aber hätte Herr Schulz wirklich irgendeinen Effekt, dann wäre der ja irgendwo in Schleswig-Holstein auch bemerkbar geworden. Das war auch nicht der Fall. Insofern ist das wie immer eine Kombination aus landespolitischen Spezifika, aber auch der Blick auf bundespolitische Bedeutung, und da gibt es aus meiner Sicht jedenfalls auch eine klare Botschaft: Die Kanzlerin mit ihrer souveränen Art des Regierens ist auch ein ganz wichtiges Pfund für die Union, auch in Landtagswahlkämpfen.
    Armbrüster: Das heißt, Botschaft an die CSU, besser mal ab und zu Klappe halten und auf die Kontinuität der Kanzlerin achten?
    Grosse-Brömer: Nein, wir sind uns ja mit der CSU auch einig, dass geschlossenes Auftreten auch im Bund dazu führt, dass man mehr Zustimmung bei den Wählerinnen und Wählern bekommt.
    "Wir brauchen auch eine starke Opposition im Deutschen Bundestag"
    Armbrüster: Das sah aber in den letzten Monaten ab und zu etwas anders aus.
    Grosse-Brömer: Ja, das ist klar. Die CSU hat auch immer einen eigenen, auch bundespolitischen Anspruch, und lebt auch ein bisschen von ihrer eigenen, etwas sperrigen Art, manchmal auch – jedenfalls sage ich das mal als Norddeutscher. Andererseits ist die CSU in ihrem Land ja extrem erfolgreich und deswegen ist das eine wichtige Grundlage für gemeinsame Wahlsiege. Das sehen wir gemeinsam so und das werden wir in den nächsten Wochen und Monaten auch gemeinsam so umsetzen.
    Armbrüster: Aber die Botschaft ist ja auch klar in dem Sinne: CSU erfolgreich in Bayern, das könnt ihr ruhig machen, aber Beschädigung der Kanzlerin ist kontraproduktiv für die komplette Union. Kann man das so sehen?
    Grosse-Brömer: Horst Seehofer hat jetzt mehrfach darauf hingewiesen, dass diese Kanzlerin ein großes Pfund ist für die Unions-Parteien und damit auch für die CSU. Und er hat ihr ja die gesamte Unterstützung der CSU zugesagt. Ich finde das auch richtig, weil sie ist begründet, und gerade im Vergleich zu den Wettbewerbern, und so muss man das ja sehen. Eine Demokratie lebt vom Streit um die besten Ideen, um die besten Konzepte, und da, glaube ich, gibt es zwei Punkte: einmal die inhaltlichen Konzepte. Die werden wir, jeweils beide Parteien, noch deutlicher machen in den nächsten Wochen und Monaten. Aber es geht auch um die Person, die dann als Spitzenkandidat oder Kandidatin vorweg geht, und da ist in unruhigen Zeiten nach meiner festen Überzeugung eine ruhig regierende, souverän regierende Kanzlerin mit großer Erfahrung sehr, sehr wertvoll.
    Armbrüster: Das klingt nach einem sehr langweiligen Bundestagswahlkampf, den wir da vor uns haben.
    Grosse-Brömer: Na das glaube ich nicht. Das wurde ja immer über Wahlkämpfe gesagt. Wir sehen ja jetzt auch gerade in den Landtagswahlen, dass die Wahlbeteiligung zunimmt, und ich glaube, ein Grund dafür ist, dass man auch ein Stück weit polarisiert. Und wir werden auch deutlich machen, dass uns von der SPD manches unterscheidet. Ich bin immer noch der Überzeugung, CDU/CSU und SPD passen natürlich im Prinzip nicht zusammen. Wir brauchen auch eine starke Opposition im Deutschen Bundestag. Aber wir können auch manchmal nicht davor weglaufen, dass es andere Mehrheiten nicht gibt. Insofern haben wir ein klares Ziel: Wir wollen jenseits der SPD sicherlich versuchen, Mehrheiten in Deutschland zu bekommen, um unsere Ziele, unsere politischen Grundsätze umsetzen zu können, und ich glaube, das wird jetzt nicht einfach langweilig, sondern das wird schon deutlich werden, wo da Unterschiede sind. Ich jedenfalls freue mich auf diesen Wahlkampf wie viele in der CDU. Wir haben viel Rückenwind durch die letzten beiden Landtagswahlergebnisse bekommen.
    "Bin sehr optimistisch, dass Jamaika möglich sein kann"
    Armbrüster: Stichwort Regierungsbildung. Da können wir zunächst mal wieder nach Kiel blicken. Da haben Sie jetzt das nächste Experiment vor der Haustür, nämlich eine nächste mögliche Jamaika-Koalition. Ist die CDU dafür bereit?
    Grosse-Brömer: Der Freund und Kollege Daniel Günther hat ja gestern auch deutlich gesagt, dass seine Wunschkoalition eine schwarz-gelbe Koalition gewesen wäre, und jetzt muss man gucken, wie das jetzt im Wahlergebnis umzusetzen ist, und da ist Jamaika eine von drei Möglichkeiten. Ich glaube, die Große Koalition strebt dort niemand an. Ich glaube, es ist wichtig, darauf hinzuweisen, dass es eine klare Entscheidung gab gestern. Die Menschen in Schleswig-Holstein wollen eine andere Regierung und die CDU soll sie anführen. Das ist eine klare Aussage.
    Armbrüster: Das sieht die SPD ja durchaus anders. Die SPD sagt, da können wir auch noch mitreden, es gibt auch noch die Möglichkeit einer Ampel.
    Grosse-Brömer: Ja klar können sie mitreden. Aber ich glaube, Herr Kubicki hat gestern schon gesagt, die SPD muss sich erst mal überlegen, warum sie dermaßen abgewatscht wurde bei dieser Landtagswahl. Und selbst die Genossen sagen ja, das hat interne Gründe, wir haben da offensichtlich nicht gut gearbeitet. Ob man mit denjenigen jetzt weiterregieren will, die nicht gut gearbeitet haben, das halte ich jetzt nicht für eine gute Idee, schon gar nicht mit Blick auf die Aussagen auch der Wählerinnen und Wähler. Die Mehrheit der Wähler will eine CDU-geführte Regierung in Schleswig-Holstein. Auch das ist eine wichtige Grundlage. Deswegen macht es schon Sinn, dass Daniel Günther gesagt hat, ich rede jetzt mit FDP und Grünen, und da auch beide untereinander in diesem Bundesland jedenfalls ganz gut miteinander arbeiten können, bin ich da sehr optimistisch, dass Jamaika möglich sein kann.
    Armbrüster: Live hier bei uns in den "Informationen am Morgen" war das Michael Grosse-Brömer, Parlamentarischer Geschäftsführer der Unions-Fraktion im Deutschen Bundestag. Vielen Dank, Herr Grosse-Brömer.
    Grosse-Brömer: Danke Ihnen, Herr Armbrüster.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.