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Landwirtschaftliche Beratungsstellen

Wirtschaftliche Schwierigkeiten, Probleme mit der Nachfolge, und Generationenkonflikte: Das waren bisher die zentralen Themen, mit denen die bundesweit rund 24 landwirtschaftlichen Beratungsstellen und Sorgentelefone konfrontiert wurden. Nunmehr wird von den Beratern auch Hilfe im Umgang mit der BSE-Krise erwartet.

Von Anne Riedel |
    Die Belastbarkeit der bäuerlichen Betriebe wird derzeit auf eine harte Probe gestellt. Denn neben den bisherigen Problemen müssen die Landwirte nun auch noch die sogenannte BSE-Krise verkraften. Dass viele damit nicht klar kommen, spüren allmählich auch die landwirtschaftlichen Sorgentelefone und Beratungsstellen: Seit einigen Wochen melden sich bei den über 200 haupt- und ehrenamtlichen Beratern immer häufiger Bauern, die nicht mehr wissen, wie es weitergehen soll, Sie sind mit Blick auf die BSE-Krise oft verzweifelt, rat- und hilflos/ fühlen sich von Politikern und Verbänden im Stich gelassen leiden unter der Ungewissheit und haben natürlich auch existentielle Angst. Patentrezepte kann freilich auch die Bundesarbeitsgemeinschaft der landwirtschaftlichen Beratungsstellen und Sorgentelefone nicht, bieten. Das sieht auch deren Geschäftsführer Hartmut Schneider.

    Hartmut Schneider: Es gibt keine Lösungen, also es gibt nur die einzige Möglichkeit, diese Krise durchzustehen/ und das geht am Besten dadurch, wenn man, die Angst vor der Angst verliert und sich der Angst, die ja nun mal da ist, auch stellt. .... Und für uns ist es so, wenn ich unsere Beratungsarbeit als ein Stück Begleitungsarbeit begreife, dass man manchmal eben mit den Menschen auch in ein tiefes Tal hinunter muss, das Tal durchschreiten muss und dann eben erst wieder Licht am Horizont sieht und langsam aus diesem Tal herauskommt.

    Es ist Seelsorge, die da betrieben wird. Und dieser Ansatz kommt nicht von ungefähr: Fast alle Beratungsstellen und Sorgentelefone werden von den Kirchen getragen. Nun heißt es zwar, dass der Glaube Berge versetzen kann. Allerdings mögen viele Bauern wohl nicht allein auf Gottes Hilfe setzen. Die rund 1,000 Männer und Frauen aus der Landwirtschaft, die sich jährlich bei den Beratungsstellen melden/ erwarten auch praktische Unterstützung. Und die bekommen sie auch, wenn möglich.

    Ein Beispiel: Vielen Ratsuchenden steht das Wasser in wirtschaftlicher Hinsicht bis zum Hals. Gleichwohl hängen auch sie an ihren oft traditionsreichen Höfen. Dann gilt es, in vielen Gesprächen ein neues Ziel zu stecken. Der Weg dorthin, so sieht es Schneider, ist oft schwer:

    Hartmut Schneider: Es ist gar nicht so leicht, überhaupt neue Perspektiven zu finden. Oder erstmal neue Perspektiven zu denken: Was heißt das denn, wenn ich meinen Haupterwerbsbetrieb verkleinern muss, durch Verkauf oder wie auch immer in den Nebenerwerb gehe, dann müssen auch außerlandwirtschaftliche Arbeitsplätze gefunden werden für die Kinder, für Frau, Mann, .... also, da Begleitung anzubieten, und auch dort ein Stück des Weges mitzugehen und auch hier und da zu helfen, Informationen zu sammeln und ...vielleicht zu Erkenntnissen zu kommen, die man allein so gar nicht gesehen hätte.

    Das gilt auch für einen anderen zentralen Problembereich in der Landwirtschaft: Die große Mehrheit aller Ratsuchenden kommt, weil es .Krisen in der Partnerschaft gibt. Oder Konflikte zwischen den drei und zum Teil sogar vier Generationen, die zusammen unter einem Dach des bäuerlichen Hofes leben. Da geht es dann darum, gemeinsam klare Regelungen über Zuständigkeiten und Freiräume festzulegen. Konkrete Hilfen können die Berater auch geben, wenn es um die Hofnachfolge geht. Das ist, so Schneider, oft ein weitreichende Aufgabe:

    Hartmut Schneider: Das ist ein großer Themenkomplex, weil da auch im Vorfeld von Verträgen Verabredungen zu treffen sind, die auch über mehrere Jahre, manchmal Jahrzehnte dann auch auszutragen und auszuhalten sind.

    Das alles erscheint derzeit einfach im Vergleich zu den Problemen, die durch die BSE-Krise verursacht wurden, Da können die landwirtschaftlichen Berater derzeit nur Trost und seelsorgerische Begleitung bieten. Mehr zu tun, so sagt es eine hessische Beraterin, sei vor allem Sache der Politiker.