Samstag, 18. Mai 2024

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Landwirtschaftsmesse im hohen Norden

Gesunde Kühe - Gesunde Milch. Mit diesem Motto warten die Rinderhalter, die Züchter der Universität Kiel und die Bundesanstalt für Milchforschung auf der diesjährigen NORLA auf. Dabei geht es vor allem darum, Leistung und Gesundheit der Tiere in Einklang zu bringen. Milchproduktion um jeden Preis ist für die Landwirte kein Ziel mehr, dem sie sich verpflichtet fühlen, betont der Bauernpräsident des Landes Schleswig-Holstein, Otto Dietrich Steensen:

Von Annette Eversberg | 18.09.2003
    Wir haben Spitzenleistungen, die eigentlich gar nicht mehr nachzuvollziehen sind. Und ich würde sagen, es muss nicht immer die ganz hohe Spitzenleistung sein, sondern ein gutes gehobenes Mittelmaß kann auch von Erfolg sein.

    10.000 Liter Milch, die aus einer einzigen Kuh herausgeholt werden können, bedeutet eine Belastung für die Tiere, die sie nur wenige Jahre aushalten können. Und je höher die Belastung, desto labiler ist die Gesundheit der Kühe, weiß Dr. Werner Lüpping von der Abteilung Tierhaltung der Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein:

    Es geht einmal um den Stoffwechsel der Tiere. Bei diesen hohen Leistungen wird der Stoffwechsel ja erheblich beansprucht. Und hier muss man sehen, dass man Tiere bekommt, die diese Stoffwechselaktivität von Natur aus mitbringen und die dann nicht im Bestand drei Jahre stehen, sondern fünf oder sechs Jahre im Bestand verbleiben.

    Die Gesundheit wird nicht nur durch die Züchtung, sondern auch durch die Haltung gefördert. Die Rinderställe wurden immer wieder verbessert, um sich den Bedürfnissen der Kühe und Fleischrinder anzupassen. Werner Lüpping plädiert aus der Erfahrung der letzten Jahre für den so genannten Kaltstall:

    Der Kaltstall hat sich hervorragend bewährt. Wir wissen schon seit vielen Jahren, dass die Tiere, die Kühe, eine kalte Luft lieben. Sie fühlen sich bei 0 Grad sehr wohl. Dann kommt hinzu, dass wir heute Ställe bauen mit sehr viel Luftvolumen, so dass auch die Qualität in den Ställen besser ist. Wir haben Offenställe, der Luftaustausch passiert, und die Tiere müssen, um das vereinfacht auszudrücken, nicht mehr im Mief der Ställe der früheren Jahre stehen.

    Eine gesunde Tierhaltung hängt jedoch auch davon ab, wieweit der Landwirt mit den neuen Anforderungen zurecht kommt. Der Bau von Kaltställen stellte sogar eine Verbesserung dar, weil er einfacher und kostengünstiger ist, als die gut isolierten Warmställe. Auch bezüglich des Arbeitsaufwandes kann Otto-Dietrich Steensen nicht klagen:

    Ich würde ja sagen, unter dem Strich ist es ja wesentlich weniger geworden. Die Technik hat uns geholfen mit dem Futtermischwagen. Wir haben große breite Futtergänge. Wir haben in der Melktechnik große Erleichterung, ob das nun bei den großen Einheiten ein Karussell ist oder side by side. Arbeitserleichterung ist auf allen Gebieten ein wesentlicher Fortschritt. Das heißt, dass ich aber am Sonnabend und Sonntag meine Kühe melken muss.

    Das schafft kein Landwirt mehr allein. Bei wachsenden Anforderungen an die tiergerechte Haltung und das hohe technische Know-how in den landwirtschaftlichen Betrieben sind gut ausgebildete Kräfte gefragt. Auch in der Verwaltung. Die Landfrauen bieten eine Ausbildung zur Agrarbürofachkraft an. Denn die Anträge für die Gelder aus Brüssel sind längst nicht mehr nebenbei am Küchentisch zu erledigen, betont die Präsidentin des Schleswig-Holsteinischen Landfrauenverbandes, Erika Lenz:

    Das ist eine Qualifizierungsmaßnahme, die wir nicht neu erfunden haben, sondern die ist in Nordrhein-Westfalen auf den Weg gebracht worden. Wir tauschen uns eben innerhalb der Landfrauenverbände aus, und insofern möchten wir die auch in Schleswig-Holstein anbieten, speziell wird es sicherlich für Bäuerinnen sein.

    Auf der NORLA werden außerdem insgesamt elf verschiedene Berufe vom Landwirt über den Tierwirt, den Fischwirt, den Molkereifachmann, den milchwirtschaftlichen Laboranten und den Gartenbaufachwerker vorgestellt. 1800 Lehrstellen im Bereich der Landwirtschaft und des Gartenbaus sind allein in Schleswig-Holstein zu besetzen und werden in diesem Jahr auch besetzt. Allerdings müssen die Bewerber nicht nur Verständnis für die Landwirtschaft, sondern auch besondere technische und mathematische Voraussetzungen mitbringen, betont Dr. Marquard Gregersen, Direktor der Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein:

    Wenn wir in der Landwirtschaft sehen, was so ein Arbeitsplatz kostet, was ein moderner Schlepper mit dem entsprechenden Gerät dazu kostet, welche Werte bewegt und qualifiziert über den Boden gebracht werden müssen, dann hilft nur Qualifikation.