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Laserdrucker unter Verdacht

Medizin. - Seit Jahren werden Laserdrucker und vor allem das Farbpulver ihrer Kartuschen verdächtigt, Gesundheitsschäden verursachen zu können. Der von ihnen verteilte Feinstaub könne die Atemwege schädigen und erhöhe das Krebsrisiko. Jetzt entfachen zwei aktuelle Studien den Streit darum erneut.

Von Maren Schibilsky | 02.10.2007
    Im Keller des Fraunhofer Wilhelm-Klauditz-Instituts in Braunschweig steht ein großer geschlossener Glaskasten. Drähte und Schläuche führen hinein. Im Innern ist Platz für einen Laserdrucker. Mindestens zwei Mal die Woche stehen in dieser Prüfkammer Modelle führender Herstellerfirmen. Die Emissionen werden abgesaugt und gemessen: Ozon, organische Verbindungen, Staub. Seit 2003 analysieren Innenluftchemiker die Emissionen von Laserdruckern für die Vergabe des Umweltprüfzeichens ´Blauer Engel´. Die Wissenschaftler messen darüber hinaus regelmäßig Anzahl und Größe von Ultrafeinpartikeln, die jeder Drucker freisetzt. Erik Uhde schaut auf das Display des angeschlossenen Partikelzählers.

    "Was man sehen kann, sind die Feinstäube, ein Aerosol, das sehr viel kleiner ist, als was man als Staub bezeichnen würde. Abhängig vom Betriebszustand des Drucker und abhängig vom Typ, kann ein solcher Drucker ein Aerosol freisetzen."

    Eine Gasmenge, in der kleinste Partikel schweben. Diese stehen seit langem im Verdacht, krank zu machen. Es sollen Feinpartikel sein, die beim Fixieren des Toners auf dem Papier entstehen. Erst Anfang August bekräftigte dies ein australisches Forscherteam der Universität in Brisbane. Für ihre neue Studie hatten die Forscher 62 international vertriebene Druckermodelle getestet. Sie kamen zu dem Ergebnis, dass fast ein Drittel gefährliche Mengen an Tonerpartikeln an die Luft abgegeben haben. Manche seien genau so gefährlich wie Zigarettenrauch. Der Braunschweiger Innenluftchemiker Michael Wensing bezweifelt diese Ergebnisse.

    "Bei Zigarettenrauch weiß man, das er aus 3000 verschiedenen und zum Teil auch sehr giftigen Verbindungen besteht. Wenn wir uns anschauen, was aus einem Laserdrucker emittiert, es ist bis dato überhaupt nicht aufgeklärt, wie die chemische Natur von den Partikeln ist, die freigesetzt werden."

    Die Braunschweiger Wissenschaftler haben sich bei ihren eigenen Messungen zunächst die Partikelgrößen genau angeschaut. Mit einem überraschenden Resultat.

    "Da ist es so, dass normale Tonerpartikel im Bereich von ein bis zehn Mikrometer Größe haben. Bei Messungen, die wir an Laserdruckern gemacht haben, findet man Partikel, die den Faktor zehn oder hunderttausend kleiner sind. Die Partikel, die der Größe eines Tonerpartikel entsprechen würden, die findet man schon mal nicht."

    Die Braunschweiger Forscher sind jetzt der Chemie dieser Ultrafeinpartikel auf der Spur. Bisher ist es nicht gelungen, sie zu charakterisieren und ihre genaue Wirkung zu beschreiben. Die Innenluftchemiker fanden heraus, dass die Partikel Kondensationsprodukte sind, winzige Tröpfchen oder Kristalle – wie sie auch Toaster oder Dunstabzugshauben ausstoßen. Nur 50 bis 100 Nanometer groß. Daher ist es so schwierig, sie zu entschlüsseln– erklärt Erik Uhde.

    "Das Problem mit diesen Partikeln ist hauptsächlich, dass sie sich verhalten wie ein Gas. Das heißt, dass man sie nicht eben mal mit einem einfachen Filter fangen kann, sondern man muss Mittel und Wege finden, sie irgendwo an einer Oberfläche abzuscheiden. Das gelingt häufig gar nicht so gut mit den Partikeln. Und selbst, wenn es einem gelingt, sie abzuscheiden, hat man eine so winzige Stoffmenge, dass es immer noch schwierig ist, sie chemisch zu charakterisieren."

    Ohne genaue chemische Analyse warnen die Braunschweiger Wissenschaftler vor übereilten Schlüssen. Bisher gibt es keine Beweise, dass diese Ultrafeinpartikel die Atemwege und Schleimhäute reizen oder gar das Krebsrisiko erhöhen. Auch die Studie des Universitätsklinikums Gießen brachte – laut Vorabveröffentlichung - kein konkretes Ergebnis. Die Gießener Forscher untersuchten im Auftrag des Bundesamtes für Risikobewertung Bürobeschäftigte, die über gesundheitliche Probleme im Zusammenhang mit Laserdruckern klagten. Michael Wensing fordert gezielte Ursachenforschung, um die Diskussion endlich zu versachlichen.

    "Ein gewisses Manko der australischen Studie und auch anderer Daten, die veröffentlicht sind, besteht darin, dass oft nur ein einziger und oft nur sehr kurzzeitiger Druck untersucht wird und bewertet wird. Wir wissen aber aufgrund unserer zahlreichen Studien, wo wir Mehrfachmessungen an einem Gerät machen, dass das Auftreten der Ultrafeinpartikel häufig nur im allerersten Moment stattfindet, wo ein Druckvorgang gestartet wird. Oder schon in dem Moment, wo fünf oder zehn Seiten gedruckt sind, geht die Freisetzung der Ultrafeinpartikel schlagartig zurück, obwohl ich möglicherweise noch zehn oder hundert Seiten drucke."

    Bis die Chemie der Ultrafeinpartikel enträtselt und ihre Wirkung erforscht ist, sollten Büroangestellte darauf achten, dass Laserdrucker entsprechend der Herstelleranweisung aufgestellt und betrieben werden, regelmäßig gewartet und in einer ausreichend belüfteten Umgebung stehen.