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Laserscan-Technologie
Neue Einblicke in Siedlungsstrukturen der Maya

Verborgen im dichten Regenwald Guatemalas liegen Bauten und Straßen der Maya-Kultur. Mit Laser-Scannern haben Archäologen die von Menschenhand geschaffenen Strukturen unter dem Blätterdach zu Tage gebracht. Sie lassen auf eine ungeahnt dichte Besiedlung vor 1300 Jahren schließen.

Von Lucian Haas | 28.09.2018
    3-D-Bild einer riesigen, bisher unbekannten Maya-Stätte um die Stadt Tikal in Guatemala. Die Darstellung wurde von Guatemala's Mayan Heritage and Nature Foundation zur Verfügung gestellt. Forscher gaben die Entdeckung am 1. Februar 2018 bekannt.
    3-D-Bild einer riesigen, vor einigen Monaten entdeckten Maya-Stätte um die Stadt Tikal in Guatemala. (PACUNAM via AP / Canuto & Auld-Thomas)
    Der Archäologe Francisco Estrada-Belli erforscht das Tiefland Guatemalas. Neuerdings geht er dafür gerne in die Luft.
    "Für uns Forscher im Maya Biosphären-Reservat von El Petén ist die Laserscan-Technologie Lidar fantastisch. Wie eine Röntgenkamera. Man blickt quasi durch den dichten Regenwald hindurch und kann damit das Bodenrelief sehr fein kartieren. Wir erkennen Kanäle, Terrassen, Befestigungsanlagen – viele Dinge, die wir mit traditionellen Erhebungsmethoden bisher übersehen haben."
    Maya-Kultur immer noch voller Rätsel
    Die Kultur der Maya ist immer noch voller Rätsel. Bekannt und in Teilen ausgegraben sind ihre Pyramiden-Städte wie zum Beispiel Tikal in Guatemala. Es waren jeweils einzelne urbane Königreiche. Doch wie stark das Umland dieser Machtzentren besiedelt war, welche Verbindungen zwischen den Städten existierten, wie intensiv dort Landwirtschaft betrieben wurde, darüber gab es bisher nur wenige Erkenntnisse. Umso bedeutender ist darum eine Studie, die Francisco Estrada-Belli vom Institut für Anthropologie der Tulane University in New Orleans gemeinsam mit 17 Fachkollegen jetzt im Fachmagazin Science veröffentlicht hat. Mehr als 2000 Quadratkilometer einstigen Maya-Landes kartierten die Forscher vom Flugzeug aus per Lidar. Es ist die bislang größte archäologische Studie dieser Art.
    "Die Studie zeigt deutlich, dass die Maya Siedlungsstrukturen besaßen, deren Ausmaß so bisher nicht erfasst worden war. Die Maya erreichten eine Bevölkerungsdichte, die mit anderen großen Zivilisationen der Antike vergleichbar ist: in Mesopotamien, Ägypten oder China."
    Mehr als 60.000 antike Bauten in der untersuchten Fläche konnten die Forscher ausfindig machen. Darunter nicht nur Pyramiden und Häuser, sondern auch Verteidigungswälle, Dammwege, Entwässerungsgräben, landwirtschaftliche Terrassen. Daraus lässt sich hochrechnen: 80 bis 120 Menschen pro Quadratkilometer dürften dort in der Blütezeit der sogenannten klassischen Periode der Maya zwischen 650 und 800 nach Christus gelebt haben. Für das gesamte Gebiet, das sich von Südmexiko über Guatemala, Belize und Honduras erstreckt, bedeutet das rund sieben bis elf Millionen Menschen. Da im Umland der Städte erkennbar intensive Landwirtschaft betrieben wurde, hält Francisco Estrada-Belli das sogar für eine eher konservative Schätzung.
    Siedlungsstrukturen ungeahnten Ausmaßes
    "Wenn wir das ganze Land betrachten und vor allem jene Flächen, die mit Terrassenanbau oder Entwässerungsgräben intensiver genutzt wurden, dann würde das sogar für mehr als elf Millionen reichen."
    Die flächendeckenden Lidar-Daten liefern noch weitere Anhaltspunkte, um manche Vorstellungen von der Maya-Kultur zu überdenken. So betrachteten einige Forscher die Maya bisher als eine Ansammlung eher isolierter Stadtstaaten. Doch jetzt zeigt sich: Auch das Umland war stärker besiedelt und mit Verbindungsstraßen durchzogen. Es gab sogar Verteidigungsanlagen außerhalb der Städte.
    "Die Stadt als Zentrum des Königreichs war mit dem Hinterland gut vernetzt. Alles sieht nach einem sehr gut integrierten System aus – sowohl politisch, ökonomisch als auch mit Blick auf die Kriegsführung."
    Archäologie profitiert von Lidar-Technologie
    Für die Archäologie ist die Lidar-Technologie ein großer Fortschritt. Während man früher nur mit Ausgrabungen einzelne Stätten und Strukturen untersuchen konnte, lassen sich die Studien nun auf ganze Landschaften ausdehnen.
    "Wir haben gerade mal an der Oberfläche gekratzt. Da gibt es noch so viel zu entdeckten. Noch mehr Städte, noch mehr Bauten. Es bleiben noch mal 20.000 Quadratkilometer mehr zu erkunden, allein in Guatemala."