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Latino-Medien in der US-Wahl
Demografische Größe zu politischem Einfluss machen

US-Bürger mit lateinamerikanischem Hintergrund sind die am schnellsten wachsende Wählergruppe in den USA. Das spiegelt sich aber noch nicht in der Wahlbeteiligung wider. 2012 gaben weniger als die Hälfte aller wahlberechtigten Latinos ihre Stimme ab. Spanischsprachige Medien intensivieren deshalb in diesem Jahr ihre Bemühungen zur Wählermobilisierung.

Von Kerstin Zilm | 16.07.2016
    Hillary Clinton antwortet auf einer Veranstaltung der "Washington Post" und des Senders Univision in Florida auf eine Frage.
    Hillary Clinton antwortet auf einer Veranstaltung der "Washington Post" und des Senders Univision in Florida auf eine Frage. (imago )
    Die marktbeherrschenden spanischsprachigen US-Fernsehsender wollen mehr als drei Millionen neue Wähler mit lateinamerikanischem Hintergrund motivieren, bei der Präsidentschaftswahl ihre Stimme abzugeben. Univision und Telemundo starteten deshalb millionenschwere Mobilisierungs-Kampagnen auf Spanisch. "Nuestro compromiso contigo es ..." Und auf Englisch. "Dear voter, my future and the future of those who cannot vote is in your hands..."
    Sie schalten Werbespots, stellen große Reporter-Teams für Wahlberichterstattung ab, stoßen auf sozialen Medien Diskussionen an, veröffentlichen Informationen über den Weg von der Immigration bis zur Staatsbürgerschaft, verteilen Broschüren über Kandidaten, Parteien und Wahlprogramme. "Die Latinostimmen sind ausschlaggebend bei der Entscheidung über den nächsten US-Präsident. Deshalb haben wir eine große Verantwortung gegenüber unseren Zuschauern." , sagte Telemundo-Vizepräsident für Nachrichtenprogramme Luis Carlos Vélez bei der Vorstellung der Wählermobilisation seines Senders: "Wir wollen ihnen nicht sagen, was sie tun oder denken sollen. Wir wollen ihnen mehr Einfluss und Informationen geben. Sie verdienen umfassende Fakten und Analysen über Entscheidungen, die ihr Leben betreffen. "
    Die Zahl der wahlberechtigten US-Bürger mit lateinamerikanischem Hintergrund wächst rapide. Rund 800.000 hispanische Jugendliche, die in den USA geboren wurden, erreichen jedes Jahr das Wahlalter. Dazu kommen Einwanderer, die die Staatsbürgerschaft bekommen. Im November werden rund 27 Millionen hispanische US-Bürger wahlberechtigt sein. Das Ziel der Medien-Kampagnen ist, mehr als die Hälfte von ihnen zu den Urnen zu locken. Bisher gaben selbst bei Wahlen, in denen Immigrationspolitik im Mittelpunkt stand weniger als 50 Prozent ihre Stimme ab. Latinos nutzen ihren potenziellen Einfluss nicht aus, erklärt Roberto Suro, Professor für Medien und Politik an der Universität von Southern California: "Latinos sind deutlich hinter ihren Möglichkeiten zurückgeblieben. Der Anteil von Wahlberechtigten, die tatsächlich ihre Stimme abgeben, ist weitaus geringer als der von Weißen, Afroamerikanern oder Asiaten. Wie kann demografischer Wandel in politischen Einfluss umgesetzt werden? Das ist die große Frage. Sie haben die Zahlen, aber nicht die Wähler."
    Die spanischsprachigen Medien sagen, dass sie in den Mobilisierungskampagnen neutral bleiben werden. Doch: Univision gehört zum Teil Haim Saban, einem Demokraten, der Millionen in Wahlkampagnen der Clintons investierte und Donald Trump ließ Univisions Nachrichtenmoderator Jorge Ramós aus einer Pressekonferenz entfernen. "Excuse me, sit down, you were not called. Sit down. Sit down. Sit down! Sit down please. You weren’t called. Go back to Univision."
    Gibt Trump den Sendern Interviews - was kaum geschieht-, ist er harschen Fragen ausgesetzt. Hillary Clinton bekommt dagegen Gelegenheit, ihre Politik in Ruhe darzulegen:
    Wähler-Mobilisierung unter hispanischen Bürgern bedeute, mehrheitliche demokratische Wähler zu mobilisieren, erklärt Medien-Professor Suro. Er ist skeptisch, was den Erfolg der Kampagnen von spanischsprachigen Sendern angeht. Junge Latino-Wähler für den politischen Prozess zu interessieren, sei die größte Hürde auf dem Weg zu mehr Wahlbeteiligung. Nur wenn sie zu den Urnen kommen, können Bevölkerungszahlen zu politischem Einfluss werden. Doch sie gehören nicht zum Zielpublikum von Univision und Telemundo. Roberto Suro: "Sie wissen bis heute nicht, wie sie die Aufmerksamkeit von diesem großen Wählerblock erreichen können. Und ob junge Wähler ihre Stimmen abgeben, werden wir erst nach der Wahl wissen. Sie sind total unvorhersehbar." Es könnte deshalb gut sein, dass Latino-Stimmen nicht über den Wahlausgang entscheiden.