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Laubenbekenntnisse
Stundenlanges Rasenmähen

Vielleicht doch lieber eine Terrasse aus 70er-Jahre-Waschbeton-Platten? Petunia Pieper macht die Erfahrung, dass Rasenmähen alles andere als einfach ist. Platzwart Robert McCullagh, der es im englischen Wembley-Stadion einst wagte, nicht das Schachbrettmuster zu mähen, erntete deswegen Protest.

Von Julia Eikmann | 03.07.2016
    Im Stadion wird der Rasen ausgetauscht.
    Eine Wissenschaft für sich: Rasenpflege, wie hier nach der Vorrunde (picture alliance / dpa / Stéphane Mortagne)
    Ich gebe zu: Das hatte ich mir einfacher vorgestellt. Aber Rasenmähen ist alles andere als profan!
    Ich mache jedenfalls drei Kreuz, dass wir uns gegen den Umwelt- und ohren-schonenden Spindel-Mäher entschieden haben. Als Kind hat mir das viel Spaß gemacht, schrapp-schrapp über die winzige grüne Fläche hinter dem Haus.
    Bei jetzt fast 500qm Garten kommt aber schon mal einiges an Rasenfläche zusammen. Und bei meiner Lust am Mähen - also keiner Lust am Mähen - auch schnell einiges an Rasenlänge. Man glaubt ja gar nicht, wie schnell der sich strecken kann!
    Jetzt steh ich hier also, mit unserem Elektro-Rasenmäher. Und 20Meter Verlängerungskabel. Und einer Kabeltrommel. Und keiner Ahnung: Wie gehe ich es am besten an? Wie komme ich optimal durch den Parcours aus Beeten, Bäumen, Wegen und - als Extra-Schikane - Buddelförmchen, Hüpftieren und Bällen der Kinder?
    Rasenmäher-Roboter vielleicht nicht nur albern
    Und zwar, ohne das Kabel zu überfahren! Das, um dem Ganzen den letzten Pfiff zu geben, sich super im hohen Gras zu verbergen weiß.
    Erstmalig kommt der Gedanke auf, dass so ein Rasenmäher-Roboter vielleicht nicht nur albern ist. Leider ist der Leidensdruck noch nicht hoch genug, um mir so einen Unfug ins Haus respektive Garten zu holen. Wahrscheinlich würde er sich eh an dem vielen Kinderspielzeug verschlucken, das sich unter den langen Halmen versteckt.
    Und auch mit dem Benziner der Vorpächter konnte ich mich nicht anfreunden. Mein Garten soll nach Rosen duften, nicht nach Tankstelle!
    Bei der Fußball-Europameisterschaft in England vor 20 Jahren war ich vom Rasen in den Stadien fast so angetan wie von Bierhoffs Golden Goal. Die Sportwarte hatten tatsächlich in jedes Stadion ein anderes Muster gemäht. Hier breites Karo, da schmale Streifen, natürlich alles im Rahmen der strengen UEFA-Richtlinien.
    Ich mähe auch Muster, Typ Fluxus
    Der Rasen im alten Wembley-Stadion wurde jahrzehntelang nach dem selben Muster gepflegt. Als der Herr des heiligen Grüns, Platzwart Robert McCullagh, einmal nicht das Schachbrettmuster mähen ließ, hagelte es Proteste.
    Ich mähe auch Muster. Man erkennt sie nur nicht so leicht. Eher Typ Fluxus. Hier und da zeigen strubbelige Grasbüschel die Grenzen meines vermeintlich planvollen Rumgeeieres auf. An den Kanten beugt sich das kniehohe Gras einfach vor dem Rasenmäher weg. Hilft nichts, hier muss ich noch mal mit der Hand nachschneiden. Oder ach, ich lasse es einfach so.
    Und im Mittelteil dürfen ein paar großzügige Gras-Inseln stehen bleiben. Das freut die Insekten. Und mich, denn ich weiß jetzt schon nicht mehr, wo ich mit dem ganzen Grassschnitt hin soll. Der Kompost platzt aus allen Nähten.
    Wer meint, ein Garten mit viel Rasen wäre weniger pflegeintensiv, der irrt.
    Vielleicht mache ich doch noch meinen Frieden mit der Terrasse aus 70er-Jahre-Waschbeton-Platten. Da wächst wenigstens kein Gras mehr.
    Den Rest des Tages auf der Liege, Deine Petunia Pieper