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Laufzeitverlängerung abgelehnt

Die dunkle Seite der Klimadebatte könnte in einer Renaissance der Atomenergie bestehen. Zumindest stehen die Energiekonzerne schon in den Startlöchern, um die Restlaufzeiten ihrer Kernreaktoren verlängern zu lassen. Vattenfall will Brunsbüttel zwei Jahre länger am Netz lassen, und RWE hatte beantragt, dem ebenfalls aus den 70er stammenden Reaktor Biblis A eine Zusatzfrist bis 2011 zu gewähren. Die hat Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) heute jedoch abgelehnt.

Von Dieter Nürnberger | 09.03.2007
    Die Entscheidung des Bundesumweltministers Sigmar Gabriel (SPD) fiel so aus, wie es in den vergangenen Tagen und Wochen auch vermutet wurde. Konkret: Das zuständige Ministerium will die vom Energieversorger RWE beantragte Übertragung von Strommengen des stillgelegten Kernkraftwerkes Mülheim-Kärlich auf Biblis A ablehnen. Einfache Begründung des Ministers: Dieser Antrag widerspreche dem Atomgesetz. Sigmar Gabriel:

    " RWE wusste und hat auch unterschrieben in einem Vertrag, dass es keine Möglichkeit gibt, von Mülheim-Kärlich auf Biblis A Strommengen zu übertragen. Dass das Unternehmen trotz der eigenen Unterschrift unter diese Vereinbarung doch eine Übertragung beantragt hat, ist insofern erstaunlich. "

    Hintergrund der Geschichte ist, dass das Atomgesetz durchaus die Übertragung von Restlaufzeiten erlaubt. Allerdings eher von älteren Reaktoren auf neuere, die neueren würden dann also länger laufen. Mülheim-Kärlich ist 1986 nur kurz in Betrieb gegangen, es gab stets Rechtsstreitigkeiten, und im Atomgesetz hatte man sich deshalb darauf geeinigt, diesem Kraftwerk nur eine fiktive Reststrommenge zuzuschreiben. Der Vertrag regelt jedoch auch, dass nur an bestimmte Kraftwerke übertragen werden dürfe. Biblis A gehört jedoch nicht dazu. Soweit ist die Ablehnung aus Sicht des Bundesumweltministeriums juristisch einwandfrei. Für den Fall einer Ablehnung hatte RWE einen Hilfsantrag gestellt, hier geht es dann um Strommengen des AKW Emsland, die wiederum auf Biblis A übertragen werden sollen. Dieser Antrag wird nun weiter geprüft. Und entscheidend seien hier die Sicherheitsaspekte, so der Bundesumweltminister:

    " Nach allgemeinen Auslegungsgrundsätzen hat der Antragsteller, RWE also, nachzuweisen, dass die gesetzliche Vermutung des Atomgesetzes, dass es ein höheres Risiko bei älteren Kraftwerken gibt als bei jüngeren, im konkreten Fall unzutreffend ist. Deswegen müssen wir einen Sicherheitsvergleich machen. Der Antragsteller muss diese gesetzliche, grundsätzliche Vermutung, dass jüngere Kraftwerke in ihrer Sicherheitstechnik optimierter sind als die älteren, widerlegen. Wenn der Antragsteller das nicht tut, dann ist das für das Ministerium nur aufgrund der Aktenlage möglich. "

    Und deshalb erging auch heute die Aufforderung an RWE, aussagekräftige Dokumente für eine vergleichende Sicherheitsanalyse vorzulegen. RWE hat dies wohl noch für den Monat März angekündigt. Es gibt ja auch noch weitere Anträge für eine Übertragung von Reststrommengen. Vattenfall hat dies beispielsweise in dieser Woche getan. Noch einmal Sigmar Gabriel:

    " Vattenfall hat ebenfalls beantragt, die Laufzeit für das Kernkraftwerk Brunsbüttel mit Hilfe einer Elektrizitätsmenge aus Mülheim-Kärlich zu verlängern. Wie Biblis A ist auch Brunsbüttel aus gutem Grund im Atomgesetz nicht als Anlage benannt, auf die Strommengen von Mülheim-Kärlich übertragen werden dürfen. Auch insofern ist also eine Vergleichbarkeit mit dem RWE-Antrag gegeben. "

    Man mag hier bereits eine Art Vorentscheidung heraushören. Aber auch dieser Antrag werde nach Gesetzeslage geprüft werden, so der Minister. Heute ging es aber allein um den RWE-Antrag und demnach wird der pannenanfällige Reaktor Biblis A wohl wie im Atomvertrag vorgesehen 2009 abgeschaltet - der Antrag von RWE somit abgelehnt werden.