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Laurent Blancs Alptraum

Es sollte ein Befreiungsschlag werden, doch der Alptraum ging nahtlos weiter: Frankreichs Nationalmannschaft ist nicht nur bei der letzten Weltmeisterschaft ausgeschieden, was quasi eine Staatsaffäre auslöste, sondern auch der Neuaufbau unter Trainer Laurent Blanc misslang deutlich.

Von Burkhard Birke |
    Katastrophal: Für Frankreichs größte Sportzeitung L'Equipe, gab es nichts zu beschönigen. Ohne die gesperrten WM Stars Ribéry, Evra, Anelka und Toulalan legte die Mannschaft von Trainer Laurent Blanc einen glatten Fehlstart gegen die Nummer 77 der FIFA Rangliste hin.

    Das war die kalte Dusche, die der eingewechselte Weißrusse Sergej Kislak der Equipe Tricolore in der 86. Minute zum Entsetzen der Zuschauer verpasste. Die waren scharenweise zurückgekommen. 76 000 feuerten die Bleus im Stade de France an, um sie am Ende auszupfeifen:

    "Tore schießen sei das Schwierigste - es gebe nicht viele Spieler, die Tore schießen könnten."

    Resümierte ein sichtlich frustrierter Trainer Laurent Blanc direkt nach dem Spiel. Der Weltmeister von 98 glaubt zumindest positive Ansätze beim Spielaufbau zu erkennen, aber ...

    "Wir wollten gegen Weißrussland Punkte holen. Das ist schief gegangen. Wir brauchen jetzt eine Schocktherapie - immerhin haben wir mit Louis Saha und Loic Remy zwei Stürmer verloren und jetzt müssen wir uns für das wichtige Spiel gegen Bosnien neu mobilisieren."

    Vier Spiele in Folge haben die Bleus verloren: Das hat es zuletzt 1937 gegeben! Die Partie am Dienstag in Bosnien gewinnt schon fast so etwas wie Endspielcharakter, will Frankreichs Nationalelf, übrigens nur noch Nummer 21 in der Fifa-Rangliste, auf dem Weg zur EURO nicht völlig ins Hintertreffen gelangen. Die Spieler sind sich der Verantwortung durchaus bewusst. Gael Clichy:

    "Natürlich war das ein Fehlstart, aber wir müssen auf dem Positiven aufbauen: Auf unserer Einstellung. Natürlich sind wir enttäuscht auch für unsere Anhänger...."

    Die waren durchaus bereit, ihrer Mannschaft, den Bleus, den Blauen nach Spielerstreik, Sexskandalen und dem blamablen Abschneiden bei der WM in Südafrika eine Chance zu geben. Obwohl generell das Image stark gelitten hat: 61 Prozent der Franzosen hatten vor dem gestrigen Spiel eine schlechte Meinung vom Fußball; nur gut ein Drittel wollte die Qualifikation mitverfolgen. Die blamable Leistung gestern dürfte den Trend noch verstärken, dabei hatte, wie der frühere Spieler und Trainer Elie Baup betont, mit dem Trainerwechsel eine begrüßenswerte Image und Kommunikationsoffensive stattgefunden:

    "Es ist gut, dass die Spieler die Marseillaise singen müssen, dass Zinedine Zidane zur Motivation ins Trainingslager kam, die Kommunikation mit den Journalisten, den Fans verbessert wurde - die größte Baustelle ist heutzutage auf dem Feld!"

    Dort darf man sich alles nur keine Niederlage gegen Bosnien leisten. Ansonsten ruht die Hoffnung auf der Entdeckung oder auf der Rückkehr von Persönlichkeiten wie Ribéry, der noch zwei Spiele gesperrt bleibt. Persönlichkeiten, die ein Match entscheiden können. Spieler wie Valbuena und Mvila lassen immerhin hoffen. Trainer Laurent Blanc wusste zwar, dass es nicht leicht würde, jetzt steht er aber vor einer wahren Herkulesaufgabe. Sein extrem unbeliebter Vorgänger Raymond Domenech indes pokert mit seinem Arbeitgeber.