Donnerstag, 05. Oktober 2023

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Lautsprecher-Orchester lässt Räume klingen

Ein ganz besonderes Orchester ist zurzeit im Zentrum für Kunst und Medientechnologie (ZKM) in Karlsruhe zu Gast. Das Akusmonium aus Frankreich, das aus 35 verschieden großen Lautsprechern besteht.

Von Helga Spannhake | 29.11.2012

    "Die Grundidee ist eine Vision für die Zukunft, denke ich, weil alles erlaubt ist. / Dass man Lautsprecher wirklich wie Instrumente behandeln kann."

    "Die Art wie Klänge ausgelöst werden ist das Thema, glaube ich, dieses Jahrzehnts und auch die Art wie Klänge dann wiedergegeben werden."

    Das Akusmonium - ein Lautsprecherorchester. Das Publikum badet in Klängen, sitzt inmitten der musikalischen und geräuschhaften Sounds - erlebt: Kino für die Ohren, so der Künstlerische Leiter Ludger Brümmer:

    "Der Lautsprecher soll dort als Filter dienen und den Klang verändern. Im Akusmonium geht es darum einen Klang quasi zu interpretieren als solo, klein, als groß, als Tutti Klang. Ich kann ja ein c von einem Instrument spielen lassen. Ich kann auch ein c von allen Instrumenten spielen lassen."

    "Ich kann den gleichen Klang sowohl in einen hohen und tiefen Lautsprecher schicken und der hohe Lautsprecher ist links und der tiefe rechts. Dann habe ich den Klang quasi auseinandergerissen. Und der kriegt dann so eine Art körperliche Gestalt."

    Für Musikstudenten, die ihre Stücke für das Akusmonium arrangiert haben, war das zunächst völliges Neuland, wie Ludwig Berger aus Weimar erzählt:

    "Man hat da ein Stück gemacht, erst mal nur für zwei Lautsprecher und plötzlich erklingt das im Raum in ganz unterschiedlichen Farben."

    Beim Lautsprecherorchester sitzt der Dirigent am Mischpult und muss punktgenau Regler schieben:

    "Es ist wirklich wie ein Instrument zu spielen. Man braucht eine ganz bestimmte Motorik. Es sind ganz bestimmte Bewegungsabläufe. Ja, man müsste das eigentlich richtig üben."

    "Es sind ja schon ziemlich viele Kanäle."

    Nämlich genau 48 Kanäle, die über schwarze Regler gesteuert werden:

    "Wenn man dann schnelle Wechsel machen will und plötzlich von einer Gruppe von Lautsprechern zu nur ganz wenigen wechseln will. Da fehlen einem einfach ein paar Finger. Also, ich hätte auf jeden Fall gerne, doppelt so viele, mindestens."
    Das Akusmonium suggeriert Klangbewegungen im Raum – Klänge wandern und wandeln sich. Dafür wurden in den Arrangements Klangfiguren definiert, so Christian Curd Tschinkel aus Wien:

    "Mir persönlich liegt diese Klangflutung am meisten – einfach dass Klänge plötzlich von vorn einen Schwall ergeben."

    Der Akusmonium-Dirigent am Mischpult hört sein Werk, während er gleichzeitig die Klänge auf die Lautsprecher verteilt – eine Synchronität, die Fehler mit sich bringen kann:

    "Dass plötzlich ein Loch entsteht. Dass das Stück zerhackt wird."

    Wenn nämlich ausversehen alle Regler geschlossen sind:

    "Es gibt den Trick, dass man irgendwo zwei offen lässt."

    Damit die Klänge nicht unerwartet abreißen. - Für das Publikum ergibt sich ein fließendes, spielerisches Musikerlebnis ähnlich dem Surroundsystem im Kino – allerdings sind, durch die größere Anzahl der Lautsprecher, die Klänge viel intensiver. Ein nachdrückliches Hörerlebnis für alle, die ein Ohr haben für elektroakustische Musik in einer speziellen Raumverteilung.