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Leben in Brüssel
Alltag unter Vorbehalt

In den vergangenen Tagen waren die Straßen in Brüssel leerer als sonst, es war viel Polizei zu sehen, auch Soldaten, sogar gepanzerte Fahrzeuge. Und die höchste Terrorwarnstufe soll noch bis kommenden Montag gelten. Die Schulen aber sind wieder geöffnet, sie haben die Sicherheitsvorkehrungen verschärft.

Von Jenny Genzmer | 25.11.2015
    Man sieht einen Polizisten mit Mütze und kugelsicherer Weste, dahinter stehen Schüler.
    Ein Polizist bewacht eine Schule in Brüssel. (picture-alliance / dpa / Olivier Hoslet)
    In Brüssel kehrt langsam die Normalität zurück. Schulen und Geschäfte sind wieder geöffnet und auch die Metros rollen aus ihren Depots. Zumindest in der Innenstadt. Laurianne, Auszubildende in der Fachhochschule Galilée im Brüsseler Stadtteil Etterbeek, hat eine Odyssee hinter sich
    "Ich musste einen Bus nehmen, weil es dort, wo ich wohne, keine Metro gab, die fuhr. Ich bin also mit dem Bus, dann mit der Tram, dann nochmal mit dem Bus gefahren, um herzukommen. Das war ein riesen Umweg."
    Die Schülerin kommt aus einem entlegeneren Stadtbezirk, und sucht nun nach ihrem Personalausweis. Wegen der Terrorwarnstufe vier, hat die Schule zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen ergreifen müssen, sagt der Leiter der Wirtschaftsabteilung Philippe Aken:
    "Wir haben das ganze Gebäude gesichert, es gibt nur einen einzigen Zugang. Die Schüler müssen entweder ihren Schul- oder ihren Personalausweis zeigen, ebenso die Lehrer. Wir haben eine Wache engagiert, die systematisch die Schultaschen durchsucht, die Schüler müssen auch ihre Jacken öffnen. Seit heute morgen verläuft auch alles normal."
    Trotzdem hoffe er, man könne bald von Niveau vier auf Niveau drei zurückgehen. Dann könne man die Sicherheitsmaßnahmen lockern und zur Normalität zurückgehen.
    Verständnis dafür, dass Eltern ihre Kinder nicht zur Schule schicken
    Viele Eltern von Schulkindern sind hingegen noch besorgt wegen der anhaltenden Terrorwarnstufe. Joelle Milquet, die Bildungsministerin der Föderation Wallonie-Brüssel sagte dem belgischen Radiosender rtbf, sie habe Verständnis, wenn Eltern ihre Kinder in dieser Woche nicht in die Schule schicken.
    "Wir haben seit Sonntag eine kostenlose Hotline geschaltet. Natürlich sind manche Eltern zu Recht beunruhigt. Den erklären wir dann, was wir alles unternehmen, um sie zu beruhigen. Aber natürlich haben wir alle, vor allem ich, Verständnis dafür."
    Hinweise darauf, dass Schulen potenzielle Ziele für Anschläge seien, gebe es nicht, sagte Belgiens Außenminister Didier Reynders dem US-Amerikanischen Sender ABC. Es wäre aber nötig diese zu schützen, auch um die Eltern zu beruhigen. Eine konkrete Bedrohung bestehe jedoch für kommerzielle Einrichtungen wie Einkaufszentren, so Reynders. Im flämischen Fernsehen verteidigte Belgiens Innenminister Jan Jambon die aktuellen Sicherheitsmaßnahmen und den polizeilichen Großeinsatz vom Sonntag.
    "Das war auch der Grund, warum wir im Krisenzentrum die Entwicklung so intensiv verfolgt haben: Es gab in der Tat Hinweise, dass am Sonntagabend Anschläge ausgeführt werden sollen, und die haben aber nicht stattgefunden. Das ist eine gute Sache."
    "Polizei macht alles nur noch schlimmer."
    Laurianne hat auf ihrem Schulweg von heute Morgen viele Polizisten gesehen erzählt sie. Vor allem rund um den Place Schuman, wo die ganzen EU-Institutionen gelegen sind. Angst machen sie ihr zwar nicht, aber...
    "...Polizei macht alles nur noch schlimmer. Alles sagen, sie schützen uns. Ich würde aber sagen, wenn man überall Polizei aufstellt, dann suggeriert man uns auch, dass es ein Problem gibt. Wir müssen wirklich zur Normalität zurück. Wenn man überall Polizei sieht, dann verstärkt das nur das Gefühl unsicher zu sein."
    Sollte den Behörden kein Durchbruch, wie die Festnahme des flüchtigen Salah Abdeslam gelingen, wird die höchste Terrorwarnstufe - und damit auch das Polizeiaufgebot, zumindest noch bis zum nächsten Montag aufrecht erhalten werden.