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Lebenslanges Lernen
Weder Uni noch VHS: "Zeit für Wissen"

Die Kölner Akademie "Zeit für Wissen" wendet sich an wissbegierige Menschen, denen VHS-Kurse zu wenig bieten und die sich an der Uni deplatziert fühlen.

Von Andrea Lueg | 17.01.2014
    Mit dem Aufzug geht es in den achten Stock eines Bürogebäudes im Kölner Zentrum. Man betritt helle Räume, eine kleine Anmeldung, zwei Veranstaltungsräume mit schönem Ausblick, eine noch etwas kahle Cafeteria. In dieser Woche hat das zweite Trimester bei "Zeit für Wissen" begonnen. 17.30 Uhr, das Seminar "Wie ein Buch entsteht" ist gerade zu Ende gegangen, ein gutes Dutzend Teilnehmer strömt in den Flur.
    "Ich bin heute zum ersten Mal hier, es war heute die Einführung und wir sind sehr gespannt."
    Die beiden Damen mittleren Alters sind ziemlich typisch für die Zielgruppe der Akademie. Sie begeistern sich für ein Thema, sind anspruchsvoll, brauchen aber keine Zertifikate. Ihr Interesse zielt vor allem darauf, für sich selbst etwas Neues zu erfahren.
    "Weil ich auch schon ein wenig veröffentlicht habe, Kurzgeschichten, ich verspreche mir sehr viel von dem Kurs und was ich heute gehört habe, wird's auch voll erfüllt."
    Im September letzten Jahres hat die Akademie den Betrieb aufgenommen, ein großer ortsansässiger Verlag ist der Finanzier. Für 98 Euro im Monat kann man garantiert zwei Kurse belegen, das meiste aus dem Bereich Geisteswissenschaften. "Berlin in Literatur und Film" zum Beispiel oder "Das Rheinland vor dem ersten Weltkrieg". Akademieleiter Bernd Fodi hatte schon lange die Idee, Menschen anzusprechen, die sich weiterbilden wollen, aber nicht müssen, und für die es bisher kein passendes Angebot gab.
    "Das sind Leute, die sind fachlich, inhaltlich interessiert, aber sie haben's ausprobiert, die Uni ist für sie keine Heimat. Sie haben die Problematik der großen Veranstaltungen, der 19- bis 21-jährigen Studenten, die dort die Berufsqualifizierung im Hintergrund haben. Bei uns sind im Fokus kleinere Kurse, kompaktere Kurse, mehr auf Augenhöhe, das heißt auch eigene Erfahrungen einbringen."
    Das Niveau der Uni soll durchaus erreicht werden, aber eben ohne die Zwänge von Curricula und Credit Points, ohne überfüllte Hörsäle und fiese Toiletten. Maximal 40 Teilnehmer gibt es pro Seminar, Prüfungen sind nicht üblich.
    Gerard Goodrow leitete früher die Art Cologne und ist einer der Dozenten. Er kennt auch den Hochschulbetrieb, schätzt aber durchaus die Teilnehmer seiner Kurse bei der Akademie.
    "Es ist schon ganz anders, es ist in der Tat so, dass die Leute mit Leidenschaft und Interesse kommen, die haben schon Erfahrung, es war immer wieder so, wenn ich über die 60er- und 70er-Jahre gesprochen habe in der Kunstszene, dass der eine oder andere dann sagt: Ich war da, bei der Eröffnung, bei der Ausstellung überhaupt. Und das ist dann schön, weil es ist ein Geben und Nehmen, was man weniger hat mit den jüngeren Studenten."
    Die Seminarbesucher hätten auch schlicht die Zeit, mal bis zur kommenden Woche ein Buch zu lesen, erzählt Goodrow. Das setzt dann unter Umständen aber auch den Dozenten unter Druck.
    "Die sind sehr anspruchsvoll, die stellen auch bessere Fragen. Das heißt, ich muss mehr auf Trab sein, ich kann es nicht, wie bei den jüngeren Studenten, so bisschen verschleiern, dass ich etwas nicht weiß."
    Unter den Dozenten sind einige, zumindest in der Region bekannte Köpfe. Doch vor allem, so betont Akademieleiter Fodi, schauen die wählerischen Wissbegierigen auf die Qualität. Und darauf, wie ihre Bedürfnisse wahrgenommen werden. Darauf hören Fodi und sein Kollege Thomas Bollwerk deshalb auch bei der Weiterentwicklung des Konzeptes.
    "Es ist ein wichtiger Aspekt, dass wir tatsächlich den Dozenten sehr viel Freiraum lassen in der Themenfindung, zum einen, weil sie ihre eigene Expertise mitbringen, zum anderen, weil sie ein sehr gutes Gespür dafür haben, welche Themen nachgefragt werden."
    260 Teilnehmer kamen im ersten Trimester, 380 starten nun ins zweite. Das Angebot wurde erweitert und mit einer neuen Cafeteria auch Raum geschaffen für den Austausch unter den Akademie-Studenten. Konkurrenz für die örtlichen Volkshochschulen ist "Zeit für Wissen" sicher nicht und erst recht nicht für die Universität. Auch finanziell wird sich das Projekt derzeit nicht tragen. Aber eine Lücke im Angebot für lebenslanges Lernen schließt die Akademie allemal.