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Lebensmittelkennzeichnung
Ampel oder Herz für gesundes Essen

Einfache Logos, die gesunde Lebensmittel kennzeichnen, gibt es bereits in Schweden, den Niederlanden oder Finnland. Doch hilft das Konsumenten sich gesünder zu ernähren? Auf einem Kongress der Europäischen Gesellschaft für Adipositas in Göteborg diskutierten Experten aus den verschiedenen Ländern die Wirksamkeit und auch, ob so eine Kennzeichnung freiwillig oder verpflichtend sein sollte.

Von Christine Westerhaus | 02.06.2016
    Eine Familie beim einkaufen im Supermarkt.
    "Ein Teil der Konsumenten nutzt die Kennzeichnungen, allerdings sind es vor allem diejenigen, die sowieso motiviert sind, sich gesünder zu ernähren." (imago stock&people)
    Ein grünes Schlüsselloch in Schweden, ein rotes Herz in Finnland und eine blaues Häkchen in einem grünen Kreis in den Niederlanden. Die Logos, mit denen in diesen Ländern gesunde Lebensmittel kennzeichnet werden, sind schlicht. Hersteller dürfen sie auf ihre Verpackungen drucken, wenn die darin enthaltenen Lebensmittel einen bestimmten Salz, Fett und Zuckergehalt nicht übersteigen. Sie sollen Verbrauchern helfen, im Supermarkt gesunde Lebensmittel zu finden, ohne erst die langen Listen an Inhaltsstoffen auf den Verpackungen studieren zu müssen, die zusätzlich aufgedruckt sind. Ob sich Konsumenten davon beeinflussen lassen, hat Ellen van Kleef von der Universität Wageningen in den Niederlanden untersucht.
    Unterschiedliche Kennzeichnungsarten
    "Ein Teil der Konsumenten nutzt die Kennzeichnungen, allerdings sind es vor allem diejenigen, die sowieso motiviert sind, sich gesünder zu ernähren. Viele orientieren sich leider überhaupt nicht danach. Die Studien zeigen, dass es sehr darauf ankommt, welches Kennzeichnungssystem genutzt wird, welches Land man sich anschaut und wie lange die Menschen schon Erfahrungen mit einem bestimmten Logo sammeln konnten."
    In Schweden beispielsweise werden salz- und zuckerarme Lebensmittel mit einem hohen Gehalt an Ballaststoffen schon seit 1987 gekennzeichnet. Umfragen haben ergeben, dass 93 Prozent der Verbraucher das grüne Schlüsselloch-Symbol kennen. Mehr als die Hälfte gibt an, dass es ihnen im Supermarkt hilft, die richtige Wahl zu treffen. Dieses Kennzeichen bringt aber nicht nur Verbraucher dazu, gesünder einzukaufen. Es sporne auch die Industrie an, Salz, fett und zuckerarme Produkte auf den Markt zu bringen, sagt Anette Jansson, die bei der schwedischen Lebensmittelbehörde in Uppsala arbeitet.
    "Wir haben in einer Studie 15 Firmen befragt und alle gaben an, dass sie sich an den Kriterien für das Schlüsselloch-Symbol orientieren: Wenn sie neue Produkte entwickeln, aber auch, wenn sie Erzeugnisse in veränderter Form wieder auf den Markt bringen wollen. Das Logo sorgt also auch dafür, dass die Lebensmittelindustrie gesündere Produkte herstellt."
    Manche Hersteller werben sogar mit der Kennzeichnung. Seit ein paar Jahren nutzen auch Norwegen, Dänemark und Island das schwedische Symbol. Litauen und Mazedonien sind seit 2015 dabei. In Finnland hat der nationale Herzverband im Jahr 2000 ein eigenes Logo eingeführt: ein rotes Herz. Die Erfahrungen dort sind ebenfalls gut. In den Niederlanden hat die Lebensmittelindustrie 2006 auf Initiative der Weltgesundheitsorganisation WHO selbst ein Logo eingeführt. Die Kriterien, die Hersteller erfüllen müssen, um ihre Waren mit dem Label zu kennzeichnen, sind in allen Ländern in etwa gleich. Doch in den Niederlanden sei das Problem, dass bisher nur wenige Hersteller mitmachen, sagt Ellen van Kleef:
    "Das verunsichert die Verbraucher: Dann wissen sie nicht, ob ein Produkt nur deshalb kein Logo hat, weil es ungesund ist oder weil der Hersteller seine Lebensmittel einfach nur nicht kennzeichnet."
    Freiwillige oder verpflichtende Kennzeichnung?
    Auch Anette Jansson von der schwedischen Lebensmittelbehörde ist überzeugt, dass eine freiwillige Verpflichtung der Hersteller nicht viel bringt. Die Initiative für eine Kennzeichnung sollte von der Regierung eines Landes ausgehen.
    "Ich denke, das ist sehr wichtig, denn so ein Logo ist wie eine Marke, in die man Geld investieren und die man bewerben muss. Und mit der Unterstützung der Regierung ist es auch möglich, Schulessen oder Speisen in Kantinen zu kennzeichnen."
    Das Thema Ernährung hat sich auch die WHO vor ein paar Jahren auf die Agenda gesetzt. Sie macht sich seitdem dafür stark, dass gesunde Lebensmittel in allen Ländern klar gekennzeichnet werden, erklärt João Breda von der Abteilung nichtübertragbare Krankheiten der WHO:
    "Viele Menschen sträuben sich gegen solche Kennzeichnungen, weil sie finden, dass man es den Konsumenten überlassen soll, Entscheidungen zu treffen. Oder sie meinen, dass es keine ungesunden Lebensmittel gibt. Wissenschaftliche Studien beweisen aber das Gegenteil. Und in allen Regionen der WHO ist die falsche Ernährung der wichtigste Risikofaktor für die Gesundheit. Das ist das, was die Leute heutzutage umbringt. Wir müssen also mehr dagegen tun."