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Lebensmittelklarheit
Fünf Jahre Kampf gegen Etikettenschwindel

Das Projekt Lebensmittelklarheit ist ein Internetportal, bei dem Kunden Lebensmittel melden können, die aus ihrer Sicht in der Aufmachung oder in der Produktinformation Mängel haben. Seit fünf Jahren nun gibt es dieses mit Mitteln des Bundesverbraucherministeriums finanzierte Projekt. Jetzt wurde Bilanz gezogen.

Von Dieter Nürnberger | 13.07.2016
    Eine Familie beim einkaufen im Supermarkt.
    Was genau ist drin und stimmt das wirklich? (imago stock&people)
    Das Projekt Lebensmittelklarheit ist ein Internetportal - übrigens finanziert aus Mitteln des Bundesverbraucherministeriums - wo Kunden Lebensmittel melden können, die aus ihrer Sicht in der Aufmachung oder in der Produktinformation Mängel haben.
    Die Verbraucher haben diese Möglichkeit auch genutzt: Knapp 800 Produkte landeten dem Portal. Weil die Etiketten auf den Produkten mehr versprechen, als eingehalten werden kann - oder weil Falsches versprochen wird. Die Hersteller werden dann mit diesen Vorwürfen konfrontiert und können natürlich Stellung nehmen. Auch auch dieses Verfahren kann dann vom Kunden auf dem Portal transparent nachverfolgt werden.

    Klaus Müller vom Vorstand des Verbraucherzentrale Bundesverbandes zog heute zumindest eine positive Bilanz - und er konnte dies auch anhand von Zahlen untermauern:
    "Die Hersteller - das ist ja unser Ziel - reagieren. Rund ein Drittel steht in der Rubrik 'geändert'. Geändert bedeutet, dass die Hersteller die Verpackung infolge der Kritik modifiziert, angepasst oder geändert haben. Und ein kleiner Teil der Produkte wurde sogar vom Markt genommen."

    Pro Woche werden im Schnitt 13 Produkte und deren Aufmachung von Verbrauchern gemeldet oder kritisiert. Darunter auch ganz prägnante Beispiele: Etwa ein Cappuccino, der mit dem Zusatz "ungesüßt" beworben wird, dennoch aber fast 50 Prozent Zucker aufweist. Oder auch eine Mozzarella-Pizza, bei der allerdings deutlich mehr Edamer als Mozzarella verarbeitet wurde.
    Das sind einige eindeutige "Klassiker" der Verbrauchertäuschung. Oft allerdings ist das gar nicht so offensichtlich. Von Verbrauchern kritisiert wurde beispielsweise auch der Saft "Hohes C - heimische Früchte" des Herstellers "Eckes Granini". Auf dem Vorderseiten-Etikett sind gleich groß Äpfel und Holunderbeeren abgebildet. Schaut man auf das Inhaltsverzeichnis hinten auf der Flasche, stellt man allerdings fest, dass über 90 Prozent des Saftes aus Apfelsaftkonzentrat besteht.

    Und beim Punkt "Heimische Früchte" stellt sich dann heraus, dass diese generell aus Deutschland und Österreich stammen, in geringen Zutaten sogar aus Südamerika. Interessant ist dann natürlich die Stellungnahme des Herstellers "Eckes Granini": Wir zitieren einen Auszug daraus.

    "Als nationaler Hersteller erheben wir weder den Anspruch ein regionales Produkt anzubieten, noch wollen wir den Anschein erwecken. Auf die Herkunft der Früchte weisen wir daher auf dem Etikett hin."
    Auch ein Tätigkeitsfeld für die Politik
    Wir lernen also: "Heimische Früchte" sind zumindest nicht per se regionale Früchte. Wir haben beim Hersteller auch noch mal nachgefragt - dieser Saft werde inzwischen nicht mehr produziert, heißt es, aber nicht etwa, weil man die Kritik einzelner Verbraucher nachvollziehen kann, sondern, weil man nun ein neues, ein anderes Produkt anbieten möchte.
    Es gibt somit für das Projekt Lebensmittelklarheit viel zu tun, sagt der Verbraucherzentrale Bundesverband. Diese Arbeit wird auch von der Verbraucherorganisation Foodwatch geschätzt, doch verweist deren stellvertretender Geschäftsführer Matthias Wolfschmidt gleichzeitig darauf, dass ein Vorgehen gegen eindeutige Verbrauchertäuschung auch Sache der Politik sein müsse.

    "Inzwischen sind auf dem Portal Hunderte von Produkten als "täuschend" eingestuft worden. Das zeigt, es gibt ein Problem im Markt. Es zeigt sich allerdings auch: Dieses Problem lässt sich nicht allein durch das Aufzeigen einzelner problematischer Fälle lösen. Da ist der Gesetzgeber gefragt. Es ist überfällig, dass die Bundesregierung hier endlich tätig wird und dieser weitverbreiteten Täuschung und Irreführung einen Riegel vorschiebt. Davor drückt sich bislang aber der zuständige Bundesverbraucherminister Schmidt."

    Dem Verbraucherportal Lebensmittelklarheit kann somit ein gewisser Erfolg bescheinigt werden, einige Hersteller haben fragwürdige Etiketten inzwischen modifiziert. Und noch eines: Als vor fünf Jahren das Projekt gegründet wurde, geschah dies mit reichlich Gegenwind aus der Wirtschaft.