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Lecker, lecker: Insekten!

Insekten könnten unsere Speisekarte ergänzen: Ihre Zucht beansprucht nur vergleichsweise winzige Flächen, außerdem belastet sie die Umwelt kaum. Jetzt haben niederländische Wissenschaftler das erste offizielle Insektenkochbuch herausgebracht.

Von Remko Kragt |
    "Es wird aufgetischt!"

    Und was da aufgetischt wird! Eine große Pizza, Vollkornboden, das Ganze überbacken mit altem Goudakäse und unter der Käseschicht eine kräftig gewürzte Tomatensoße mit frischen Champignons und Zucchini.

    Und darauf ein gutes Dutzend dicker Heuschrecken und eine Lage fetter Mehlwürmer.

    "Guten Appetit!"

    Die Insekten wurden eigens in den Niederlanden besorgt. Zwar sind sie dort genauso wenig als Lebensmittel zugelassen wie in Deutschland. Aber das niederländische Gesetzbuch kennt die sogenannte Duldung, der unsere Nachbarn übrigens auch die Coffeeshops verdanken. So verkauft ein Fleischgroßhandel ungehindert gefriergetrocknete, kleine Monster vor allem an Gastronomen. Die bereiten damit Gerichte wie Kürbissüppchen mit Buffalowürmern, Chili mit Heuschrecken oder die von einer türkischen Süßspeise abgeleitete "Bug"-lava zu.

    Insekten sollen das Fleisch der Zukunft werden, noch aber ist die Insektenpizza, wie sich zeigt, nicht jedermanns Sache. Da nützt auch die ausführliche Information über den gesundheitlichen Wert und den guten Geschmack der Insekten nichts. Ärztin Gilta:

    "Obwohl mein medizinischer Verstand eigentlich sagt: Alles gut, kannst du gut essen, gesund, aber ich bin so sozialisiert, dass ich es leider nicht machen konnte."

    Aber ab und zu setzt sich doch jemand über die anfängliche Abwehr hinweg. Manche überwinden sich eher vorsichtig. Andere geben sich einen Ruck:

    "Hahaaa, ich ess jetzt ne Heuschrecke!"

    Und erleben, wie Silke, eine Überraschung:

    "Hm, die schmeckt richtig gut: lecker, kross, würzig, bisschen shrimp-ähnlich. Also, schmeckt gut."

    Angeboten werden die Würmer und Heuschrecken in solchen Plastiktöpfchen, in denen etwa Oliven oder andere kleine Häppchen auf dem Markt verkauft werden. Eng gepackt liegen sie krumm und geringelt unter den transparenten Deckeln. Schüttelt man die Töpfchen, dann macht es den Eindruck, als ob die Tierchen sich noch bewegen würden. Aber dass das nicht sein kann, wird deutlich, wenn man sie aus der Schachtel herausschüttet. Knusprig und sehr leicht liegen sie in der Hand. Und sie schmecken auch roh, findet Dirk Steffens:

    "Ja, zunächst mal richtig knusprig, wie so 'ne Zutat zum Wein oder Bier. Und wenn man sie dann etwas länger im Mund hat, doch etwas bitter, aber nicht unangenehm. Und das Aussehen dieser Mehlwürmer ist ja auch weder abstoßend noch irgendwie, wie man sich das so vorstellt. Man kann's nehmen."

    Der Nachtisch kommt. Es gibt frischgebackene Muffins mit Apfelstückchen und Mehlwürmern. An allen Seiten kringeln die Würmer aus den Muffins heraus. Noch einmal ist Überwindung gefragt. Anna bemüht sich:

    "Also, ich glaube, wenn ich alles so zuhalte, was nach Mehlwurm aussieht. Und dann 'reinbeiße, wo es nicht nach Mehlwurm aussieht, vielleicht geht's dann."

    Es folgt, den Muffin in ziemlich verdrehten Händen, der Biss:

    "Also, da knuspelt was, ich weiß nicht, ob das der Apfel ist. Hm, vielleicht habe ich Glück und hab' gar keinen Mehlwurm erwischt."

    Andreas aus Leipzig bemerkt das Gleiche. Aber er ist auf den Geschmack gekommen und beißt schon in seinen zweiten Muffin:

    "Also, du schmeckst von den Würmern eigentlich nichts, aber man spürt sie, also man spürt die Wurmform auf der Zunge - und das hat etwas sehr Delikates."