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Lecker schmecken, wenig kosten

Das Essen in der Schule soll schmecken, aber auch den Richtlinien der Deutschen Gesellschaft für Ernährung entsprechen. Teuer darf es auch nicht sein, aber die Kinder sollen von ihrer Portion satt werden. An der Universität Göttingen hat ein Team von Agrarwissenschaftlern das Essen in deutschen Schulmensen unter die Lupe genommen. Ihr Fazit, die Schüler geben dem Essen die Note 3 oder schlechter.

Von Carolin Hoffrogge |
    "Jacob: Pizzabagutte und Nudeln, Äpfel, Bananen.
    Lisa: Ich esse Rote Beete, ich finde die lecker.
    Selina: Wir haben immer Gerichte zum Auswählen, zur Not gibt es dann Nudeln."

    Jacob, Lisa und Selina essen gerne in ihrer Schulkantine der Georg Christof Lichtenberg Gesamtschule in Göttingen. Sie haben die Auswahl zwischen zwei Gerichten, außerdem einem Salat und einem Nudelbuffet. Damit das Essen der Sechstklässler nicht halbgegessen auf dem Teller zurückbleibt, strengt sich Bernhard Theis mit seinem Team in der Schulküche an. Seine Hitliste der beliebtesten Essen:

    "Pizzabaguette, Milchreis, Griesbrei, Hühnerfrikassee, Schnitzel, Currywurst Pommes. Mehr fällt mir auf die Schnelle nicht ein. "

    Auf die Schnelle fällt Professor Achim Spiller vom Institut für Agrarmarketing der Universität Göttingen ein Vorurteil Erwachsener zum Geschmack der Kinder ein.

    "Es wird häufig gesagt Kinder wollen nur Pasta, Pizza und Pommes essen, das stimmt auch so, wenn man sie direkt erst einmal fragt, aber Kinder die über Jahre in der gleichen Mensa essen, sind sehr wohl froh, wenn sie ein abwechselungsreiches Essen bekommen und das nutzt sich auch ab, wenn es immer nur Pizza geben würde. "

    Agrarökonom Spiller hat 3000 Schülerinnen und Schüler in Deutschland zu ihrem Schulessen befragt. Er empfiehlt den Schulköchen sich kindgerechte, interessante Gerichte einfallen zu lassen.
    Koch Bernhard Theis ist schon dabei:

    "Diese Woche haben wir im Angebot Putenschnitzel mit Kartoffelpüree, als Alternative Kartoffeltaschen mit Frischkäsefüllung und Kräuterdipp, Rahmspinat mit Eieromelett, Hähnchenkeule mit Fruchtsoße und Reis. Bei uns wiederholt sich der Speiseplan nicht. Wir achten auch darauf, dass wir saisonal einkaufen, das heißt Kohlgerichte gibt es dann zur kalten Jahreszeit. Das werden wir jetzt im Sommer durch leichte Salate und Gemüse ersetzen. "
    Alle wollen lecker essen, aber kosten darf es nicht viel. Das durchschnittliche Schulessen - so fand Achim Spiller mit seiner Göttinger Studie heraus - wird in deutschen Ganztagsschulen mit 2 Euro 40 veranschlagt. Viel zu wenig, ärgert sich Bernhard Theis. Zu diesem Preis sollen er und seine Kollegen schmackhaft kochen und zudem noch ausgewogene und vollwertige Menüs auf den Tisch zaubern. Da sind nicht nur ihre Kochkünste, sondern auch noch ihre Rechenkünste gefragt:

    "Wir haben hier Gerichte, weil wir hier eine Mischkalkulation haben, die günstiger sind und dann kann man mal wieder Produkte einsetzen, die dementsprechend teuer sind. Bisschen Fingerspitzengefühl und auch saisonal einkaufen, das man nicht die Erdbeeren nicht im Winter hat. "

    Was Mischkalkulation für die Schüler heißt, weiß die 16-jährige Janne aus Erfahrung. Seit sechs Jahren isst sie in der Schulmensa der IGS Göttingen, mischkalkuliertes Essen:

    "Eintopf, das ist aber nicht lecker: da findest du die Reste von der Woche in diesem Eintopf wieder. Da gibt es dann auch keine Nudeln dazu, weil sonst keiner Eintopf essen würde. Aber es gibt auch Pizzabaguette, das ist lecker und schön warm. "

    Je frischer das Schulessen zubereitet werden kann, desto eher schmeckt es den Kindern, ist sich Koch Theis sicher. Schließlich versorgt er mit seiner Schulmensa nicht nur die 1600 Schüler der IGS, sondern auch noch städtische Kindergärten, Grundschulen und Gymnasien in Göttingen. Für diese Kunden muss er dass Essen in Thermen warm halten. Dann stehen Kartoffelpuffer, Schnitzel, Bohnen und Co. durchaus schon mal drei Stunden herum. Schmackhafter wird das Essen dadurch nicht. Schlechte Noten bekommen viele Schulkantinen von ihren jungen Kunden oftmals auch, weil das Personal das Essen lieblos auf die Teller knallt, laut herumbrüllt oder mit den Schülern zu streng ist. Aber die Schüler können genauso laut sein, meinen die 15-jähirgen Hanna und Charlotte:
    "Hanna: Es ist immer sehr laut und chaotisch. Mal lässt mal jemand ein Tablett fallen.
    Charlotte: Ich finde die Frauen manches Mal sehr unfreundlich, also das könnte besser sein und es ist sehr laut. Aber es ist sauber und nicht eklig, also dass man denkt ich kann das essen jetzt nicht essen weil es eklig ist."

    Insgesamt sind die Kinder der Göttinger IGS Mensa mit ihrem Essen zufrieden. Charlotte Hilliger spricht für viele ihrer Mitschüler.

    "Wir haben zwei verschiedene Gerichte und Salat und Nudelbuffet. Es gibt zwei verschiedene Nudelarten und zwei verschiedene Soßen. Oder es gibt Kartoffelpuffer mit Apfelmus und Rahmspinat mit Kartoffeln und Ei. Manches Mal Schnitzel Cordon bleu oder Teigtaschen gefüllt, gefüllte Paprika, und es gibt immer was Vegetarisches. Es ist immer was dabei. "

    Für ihre beiden Kinder ist leider nicht immer etwas dabei, bedauert Mutter Susanne Stobbe. Die Göttingerin wäre durchaus bereit auch mehr Geld für das Schulessen ihrer Kinder zu bezahlen.

    "Die Eltern werden schon informiert, das die sich sehr viel Mühe geben und auch hochwertige Grundnahrungsmittel einzukaufen. Aber man merkt doch immer wieder, dass es in diesen großen Mengen es doch schwierig ist, das umzusetzen, in schmackhaftes kindergerechtes Essen."

    Nach der Göttinger Studie zur Qualität der deutschen Schulverpflegung kaufen er und seine Kollegen von den Göttinger Schulmensen mehr und mehr Produkte bei heimischen Landwirten, sagt Koch Bernhard Theis.

    "Für uns ist wichtig, dass wir einen hohen Vorverarbeitungsgrad vorfinden, das heißt, die Kartoffel muss geschält sein, das Gemüse muss geputzt sein. Es sind einfach zu hohe Kosten, wenn wir das alles selber machen müssten. Die Landwirtschaft hier in der Göttinger Region reagiert auch schon drauf. Die kooperieren miteinander, tauschen sich gegenseitig aus, wer was anbaut, wer was nicht anbaut, wer was weiterverarbeiten und vermarkten kann. "