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Leere Regale

In Zeiten leerer öffentlicher Kassen müssen auch die Universitätsbibliotheken den Gürtel enger schnallen. Besonders betroffen sind davon vielerorts die Abonnements wissenschaftlicher Fachzeitschriften. Hier kommt erschwerend hinzu, dass die Verlage die Preise ihrer Publikationen regelmäßig anheben und das unverhältnismäßig stark, meint Professor Ulrich Naumann, Chef der Universitätsbibliothek der FU Berlin: "Die schlechtesten Beispiele bieten hier die naturwissenschaftlichen Zeitschriften, vor allem aus der Physik und der Chemie. Hier gibt es einige international renommierte Organe, deren Preissteigerungsrate bei fast 20 Prozent pro Jahr liegt, ohne dass ein Mehrnutzen erkennbar wird." Insgesamt habe man an der FU den Zeitschriftenbestand in den vergangenen zehn Jahren halbiert, so Naumann, und zunächst Mehrfachabos, dann auch einzelne Titel ganz gestrichen: "Das geht natürlich an die Substanz."

    Dass Digitalisierung und der Bezug von elektronischen Zeitschriften ein Ausweg sein könnten, hat sich als Trugschluss erwiesen. Denn oft sind die papierlose Zeitschriften teurer als ihre gedruckten Pendants. Ein Beispiel ist das Wissenschaftsmagazin "nature", eines der führenden naturwissenschaftlichen Blätter, sagt Sibylla Proschitzki von der Physik-Bibliothek der TU Berlin: "Die gedruckte Ausgabe kostet die Universitätsbibliothek 1000 Mark pro Jahr, die Online-Ausgabe würde uns im günstigsten Fall das Zehnfache kosten."

    Die Bibliotheken wehren sich: Sie gründen Bibliotheksverbünde wie das Berliner Friedrich-Althoff-Konsortium, um Preisrabatte durchzusetzen. Allerdings spielen dabei viele Verlage nicht mehr mit. Der holländische Multi "Elsevier Science" etwa weigert sich, mit bundesweiten Konsortien zu verhandeln, berichtet Ulrich Naumann: "Er schließt mit einzelnen Ländern Verträge ab, deren Inhalt nicht offen gelegt werden darf, sodass wir nicht einmal wissen, was die Kollegen in den anderen Bundesländern für die gleiche Leistung bezahlen." Viele Dozenten bauen sich inzwischen eigene Bibliotheken auf und beziehen Fachjournale als Privatleute. Die stünden dann aber nicht Uni-weit zur Verfügung, klagt Sibylla Proschitzki: "Sondern nur für einen Professor oder eine Arbeitsgruppe. Das ist natürlich für die Forschung katastrophal."