Sie sind jung, motiviert, gut ausgebildet und ohne Stelle. Jeder zweite Junglehrer in Baden-Württemberg steckt in der Sackgasse. Deshalb wandern viele aus. Und zwar nicht nur symbolisch, wie gestern auf dem Stuttgarter Schlossplatz. Die frustrierten Pädagoginnen verlassen Baden-Württemberg tatsächlich: Mareike geht nach Nordrhein--Westfalen, Anne nach Hessen und diese junge Frau hier versucht es mit ganz weit weg:
"Ich wandere nach Dubai aus. Das hat geklappt, aber hier in Baden-Württemberg gab es nix. Von daher war mein Motto: Auswandern und gucken, wo man eine Stelle kriegt."
Bepackt mit Rucksäcken, Koffern und Taschen ziehen die jungen Lehrer davon. Kollegen, Studenten und Eltern winken ihnen mit roten Taschentüchern hinterher. Eine hübsche Inszenierung. Die Realität ist weniger schön. Mareike Burk zum Beispiel hat eine Zwei im Staatsexamen. Die 25 Jahre alte Grundschullehrerin aus Karlsruhe darf trotzdem nicht unterrichten. 1,7 hätte ihr Schnitt sein müssen. Sie schüttelt den Kopf. Die Absage macht Mareike Burk zu schaffen - und das, obwohl sie nach den Ferien eine Stelle in NRW antreten kann.
"Ich würde gern hierbleiben. Es ist schon eine Notlösung. Man fühlt sich sehr schlecht, weil man sich denkt: Ja, man hat eigentlich eine gute Note und wird trotzdem abgeschoben. Es ist so auch aussichtslos irgendwo."
Doro Moritz, die Landeschefin der Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft (GEW) kritisiert die Einstellungspraxis des Landes heftig. Nicht nur die Lehrer seien die Leidtragenden, sondern auch die Schüler, und zwar die ganz jungen Schüler.
"Für uns ist das Problem, dass ausgerechnet in den Schularten, wo die Grundlagen für die Entwicklung der Kinder gelegt werden und wo sehr viel Förderung möglich und nötig ist - nämlich in den Grundschulen, in den Hauptschulen und auch in den Sonderschulen - dass dort nur zwischen 25 und 40 Prozent der Bewerberinnen eingestellt werden und gleichzeitig die Bedingungen in diesen Schularten so schlecht sind, dass Förderung kaum möglich ist, teilweise nicht einmal die Stundentafel erfüllt werden kann."
Die Bildungspolitik der Landesregierung stehe vor einem Scherbenhaufen, so Doro Moritz. Man investiere in die Optimierung weiterführender Schulen, die dann das reparieren müssten, was ganz zu Anfang - eben in der Grundschule - schief laufe.
"Für mich ist klar, dass die Wertigkeit der Arbeit mit jüngeren Kindern größer werden muss. Wir fordern eine Senkung des Klassenteilers in der Grundschule. Das würde 350 neue Arbeitsplätze für Lehrer und Lehrerinnen schaffen."
Mehr Lehrerstellen für das kommende Schuljahr fordern auch der Verband Bildung und Erziehung sowie viele Elternverbände und -initiativen. Auf dem Stuttgarter Schlossplatz gab es dafür viel Beifall.
Falsche Prognosen und eine vollmundige Werbung fürs Lehramtsstudium vonseiten des Kultusministeriums seien die Hauptursachen der Stellenmisere, so das Urteil der GEW. Kultusminister Helmut Rau von der CDU wehrt die Kritik ab - genauso wie den Hinweis auf den volkswirtschaftlichen Schaden, der entsteht, wenn Tausende Ausbildungen verpuffen, am Arbeitsmarkt vorbeigehen:
"Das ist eine in meinen Augen völlig falsche Betrachtungsweise. Die Lehrerausbildung ist hochwertig. Mit dieser Ausbildung kann man in vielen Bereichen etwas anfangen. Das zeigt die Tatsache, dass wir im Laufe des Schuljahres kaum noch Vertretungslehrer finden, weil die Lehrer und Lehrerinnen in anderen Berufen eine Perspektive gefunden haben."
Eine zynische Antwort in den Augen der GEW, und auch diese Grundschullehrerin mit Zweier-Examen in der Tasche kann die Aussage des Ministers nicht fassen:
"Soll er mich bitte anrufen und sagen, wo ich einen Job kriege."
Knapp sechs Jahre hat diese junge Frau in ihre Ausbildung zur Grundschullehrerin gesteckt. Dass sie im Nachrückverfahren noch zum Zuge kommt, hält sie für unwahrscheinlich. Im schlimmsten Fall, sag sie muss sie im Herbst Hartz IV beantragen - eigentlich unvorstellbar mit 25 Jahren und einem abgeschlossenen Lehramtsstudium. Dann vielleicht doch auswandern, lächelt sie, wie Mareike, Anne und die anderen.
"Ich wandere nach Dubai aus. Das hat geklappt, aber hier in Baden-Württemberg gab es nix. Von daher war mein Motto: Auswandern und gucken, wo man eine Stelle kriegt."
Bepackt mit Rucksäcken, Koffern und Taschen ziehen die jungen Lehrer davon. Kollegen, Studenten und Eltern winken ihnen mit roten Taschentüchern hinterher. Eine hübsche Inszenierung. Die Realität ist weniger schön. Mareike Burk zum Beispiel hat eine Zwei im Staatsexamen. Die 25 Jahre alte Grundschullehrerin aus Karlsruhe darf trotzdem nicht unterrichten. 1,7 hätte ihr Schnitt sein müssen. Sie schüttelt den Kopf. Die Absage macht Mareike Burk zu schaffen - und das, obwohl sie nach den Ferien eine Stelle in NRW antreten kann.
"Ich würde gern hierbleiben. Es ist schon eine Notlösung. Man fühlt sich sehr schlecht, weil man sich denkt: Ja, man hat eigentlich eine gute Note und wird trotzdem abgeschoben. Es ist so auch aussichtslos irgendwo."
Doro Moritz, die Landeschefin der Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft (GEW) kritisiert die Einstellungspraxis des Landes heftig. Nicht nur die Lehrer seien die Leidtragenden, sondern auch die Schüler, und zwar die ganz jungen Schüler.
"Für uns ist das Problem, dass ausgerechnet in den Schularten, wo die Grundlagen für die Entwicklung der Kinder gelegt werden und wo sehr viel Förderung möglich und nötig ist - nämlich in den Grundschulen, in den Hauptschulen und auch in den Sonderschulen - dass dort nur zwischen 25 und 40 Prozent der Bewerberinnen eingestellt werden und gleichzeitig die Bedingungen in diesen Schularten so schlecht sind, dass Förderung kaum möglich ist, teilweise nicht einmal die Stundentafel erfüllt werden kann."
Die Bildungspolitik der Landesregierung stehe vor einem Scherbenhaufen, so Doro Moritz. Man investiere in die Optimierung weiterführender Schulen, die dann das reparieren müssten, was ganz zu Anfang - eben in der Grundschule - schief laufe.
"Für mich ist klar, dass die Wertigkeit der Arbeit mit jüngeren Kindern größer werden muss. Wir fordern eine Senkung des Klassenteilers in der Grundschule. Das würde 350 neue Arbeitsplätze für Lehrer und Lehrerinnen schaffen."
Mehr Lehrerstellen für das kommende Schuljahr fordern auch der Verband Bildung und Erziehung sowie viele Elternverbände und -initiativen. Auf dem Stuttgarter Schlossplatz gab es dafür viel Beifall.
Falsche Prognosen und eine vollmundige Werbung fürs Lehramtsstudium vonseiten des Kultusministeriums seien die Hauptursachen der Stellenmisere, so das Urteil der GEW. Kultusminister Helmut Rau von der CDU wehrt die Kritik ab - genauso wie den Hinweis auf den volkswirtschaftlichen Schaden, der entsteht, wenn Tausende Ausbildungen verpuffen, am Arbeitsmarkt vorbeigehen:
"Das ist eine in meinen Augen völlig falsche Betrachtungsweise. Die Lehrerausbildung ist hochwertig. Mit dieser Ausbildung kann man in vielen Bereichen etwas anfangen. Das zeigt die Tatsache, dass wir im Laufe des Schuljahres kaum noch Vertretungslehrer finden, weil die Lehrer und Lehrerinnen in anderen Berufen eine Perspektive gefunden haben."
Eine zynische Antwort in den Augen der GEW, und auch diese Grundschullehrerin mit Zweier-Examen in der Tasche kann die Aussage des Ministers nicht fassen:
"Soll er mich bitte anrufen und sagen, wo ich einen Job kriege."
Knapp sechs Jahre hat diese junge Frau in ihre Ausbildung zur Grundschullehrerin gesteckt. Dass sie im Nachrückverfahren noch zum Zuge kommt, hält sie für unwahrscheinlich. Im schlimmsten Fall, sag sie muss sie im Herbst Hartz IV beantragen - eigentlich unvorstellbar mit 25 Jahren und einem abgeschlossenen Lehramtsstudium. Dann vielleicht doch auswandern, lächelt sie, wie Mareike, Anne und die anderen.