Morgens um acht - Dienstbeginn für Christoph Seibold. Heute nicht im Klassenzimmer vor seinen Schülern, sondern bei einem IT-Dienstleister in München. Geschäftsführer Michael Reisserer hat wenig Zeit für Smalltalk. Der Lehrer soll sich einen Tag lang an seine Fersen heften:
" Ich denke, wir wollen so vorgehen, dass wir jetzt erst mal drei Worte über die Firma verlieren, dass Sie erzählen, was Ihre Intention ist, warum Sie sich einen Tag im Chefsessel antun. Und dann beginnt auch schon der hektische Tagesablauf. Wir haben einen Kunden, der bis zehn Uhr ein Angebot braucht."
Seibold unterrichtet Wirtschaft und Recht sowie Sport an einem Gymnasium in der Nachbarschaft. Vom Alltag eines Managers hat der 34-Jährige keine konkreten Vorstellungen:
" Man studiert zwar, aber man studiert nicht, wie Unternehmen funktionieren. Man lernt es zwar theoretisch, aber nicht so praktisch, wie man es heute hier vielleicht sehen kann. Es ist einfach interessant, den Ablauf in einem Unternehmen mal kennen zu lernen, um den vielleicht den Schülern in der Schule vermitteln zu können."
Er erfährt, dass die Prometheus GmbH ein junges Unternehmen ist. Mit einer Kundenliste, die sich liest wie das Who is who der deutschen Wirtschaft. Bestellt man beispielsweise einen neuen Rechner im Internet, könnte es sein, dass ein Prometheus-Mitarbeiter das Gerät im Auftrag liefert und installiert.
" Wie sind denn die normalen Arbeitszeiten für die Mitarbeiter? Wir haben ja schon mal darüber gesprochen. Es wird mal mehr, mal weniger gearbeitet. Sie wollen, dass immer mehr gearbeitet wird. Ja, das kommt auf die Uhrzeit an, wir messen hier keine Uhrzeiten. Es ist natürlich Projektabhängig, wenn wir morgens um vier Uhr anfangen mit Dienstleistungen, die enden nachts um drei Uhr, dann teilen sie es sich auf. In der Regel arbeiten die Kollegen schon mehr als die klassischen acht Stunden."
Nur 30 Mitarbeiter sind fest angestellt. Der IT-Dienstleister engagiert auftragsabhängig freiberufliche Computerspezialisten. Tausende Namen hat Reisser in seiner Datei:
" Das ist jetzt ein Projekt, das wir mit einem Kunden durchgeführt haben. Hier das wichtigste: die Qualitätsmessung, die wir durchführen: Lieber Kunde, wie zufrieden warst du denn? Da stehen ganz komische, altmodische Werte wie Auftreten, Freundlichkeit, Höflichkeit. Der Kunde hat seine Prioritäten. Auf Ohrringe, Tätowierungen. Wenn einer aussieht wie der letzte Rabauke, dann kann man ihn halt nicht einsetzen. "
Reisserer sucht motivierte Mitarbeiter; gerne auch Quereinsteiger. Noten sind dem Unternehmer nicht so wichtig. Bei mancher Bewerbung allerdings sträuben sich ihm die Haare.
" Wir kommunizieren über E-Mail, fast ausschließlich. Aber Leute, die noch ganze Sätze schreiben können, die gibt es immer weniger. Die können alle schreiben, call me back oder Abkürzungen, die man nicht versteht, aber sie können keinen deutschen Satz mehr schreiben. Und da sind wir noch unglaublich konservativ im deutschen Wirtschaftsleben."
Der Lehrer hört aus erster Hand, welche Defizite Schüler heutzutage haben. Der Manager macht aus seinen schlechten Erfahrungen keinen Hehl: 80 Prozent seiner Praktikanten, erzählt er, erscheinen am zweiten Tag bereits nicht mehr.
" Waren das dann Schüler, die Praktikum machten? Quer durch den Gemüsegarten. Die sagen einfach, das ist fürchterlich stressig. Es ist für viele ein Problem, sich selbst zu organisieren. Sie müssen sich selbst Arbeit suchen."
Der Chef drängt. Ein Kunde wartet auf ein Angebot. Ein anderer auf seinen Rückruf. Seibold blickt ihm über die Schulter. Auch das Telefonat mit dem Kunden hört er mit. Der Lehrer ist erstaunt über den lockeren Umgangston.
" Lockeres Telefonat mit einem Kunden. Das Telefongespräch beginnt mit einem Scherz, obwohl es um hohe Summe wahrscheinlich geht."
Für den Lehrer war es ein lehrreicher Tag im Betrieb. Und auch der Unternehmer ist zufrieden. Michael Reisserer sucht bewusst den Kontakt zu Schulen. Demnächst wird er zum Gegenbesuch in Seibolds Klasse kommen:
" Da kann ich die eine oder andere Botschaft loswerden, was wichtig ist und heute einfach fehlt: wie Höflichkeit, gutes Auftreten. Außerdem nutzen und missbrauchen wir den Lehrer als Schnittstelle zu den engagierten jungen Leute, die sich vielleicht mal später bei uns einbringen können."
" Ich denke, wir wollen so vorgehen, dass wir jetzt erst mal drei Worte über die Firma verlieren, dass Sie erzählen, was Ihre Intention ist, warum Sie sich einen Tag im Chefsessel antun. Und dann beginnt auch schon der hektische Tagesablauf. Wir haben einen Kunden, der bis zehn Uhr ein Angebot braucht."
Seibold unterrichtet Wirtschaft und Recht sowie Sport an einem Gymnasium in der Nachbarschaft. Vom Alltag eines Managers hat der 34-Jährige keine konkreten Vorstellungen:
" Man studiert zwar, aber man studiert nicht, wie Unternehmen funktionieren. Man lernt es zwar theoretisch, aber nicht so praktisch, wie man es heute hier vielleicht sehen kann. Es ist einfach interessant, den Ablauf in einem Unternehmen mal kennen zu lernen, um den vielleicht den Schülern in der Schule vermitteln zu können."
Er erfährt, dass die Prometheus GmbH ein junges Unternehmen ist. Mit einer Kundenliste, die sich liest wie das Who is who der deutschen Wirtschaft. Bestellt man beispielsweise einen neuen Rechner im Internet, könnte es sein, dass ein Prometheus-Mitarbeiter das Gerät im Auftrag liefert und installiert.
" Wie sind denn die normalen Arbeitszeiten für die Mitarbeiter? Wir haben ja schon mal darüber gesprochen. Es wird mal mehr, mal weniger gearbeitet. Sie wollen, dass immer mehr gearbeitet wird. Ja, das kommt auf die Uhrzeit an, wir messen hier keine Uhrzeiten. Es ist natürlich Projektabhängig, wenn wir morgens um vier Uhr anfangen mit Dienstleistungen, die enden nachts um drei Uhr, dann teilen sie es sich auf. In der Regel arbeiten die Kollegen schon mehr als die klassischen acht Stunden."
Nur 30 Mitarbeiter sind fest angestellt. Der IT-Dienstleister engagiert auftragsabhängig freiberufliche Computerspezialisten. Tausende Namen hat Reisser in seiner Datei:
" Das ist jetzt ein Projekt, das wir mit einem Kunden durchgeführt haben. Hier das wichtigste: die Qualitätsmessung, die wir durchführen: Lieber Kunde, wie zufrieden warst du denn? Da stehen ganz komische, altmodische Werte wie Auftreten, Freundlichkeit, Höflichkeit. Der Kunde hat seine Prioritäten. Auf Ohrringe, Tätowierungen. Wenn einer aussieht wie der letzte Rabauke, dann kann man ihn halt nicht einsetzen. "
Reisserer sucht motivierte Mitarbeiter; gerne auch Quereinsteiger. Noten sind dem Unternehmer nicht so wichtig. Bei mancher Bewerbung allerdings sträuben sich ihm die Haare.
" Wir kommunizieren über E-Mail, fast ausschließlich. Aber Leute, die noch ganze Sätze schreiben können, die gibt es immer weniger. Die können alle schreiben, call me back oder Abkürzungen, die man nicht versteht, aber sie können keinen deutschen Satz mehr schreiben. Und da sind wir noch unglaublich konservativ im deutschen Wirtschaftsleben."
Der Lehrer hört aus erster Hand, welche Defizite Schüler heutzutage haben. Der Manager macht aus seinen schlechten Erfahrungen keinen Hehl: 80 Prozent seiner Praktikanten, erzählt er, erscheinen am zweiten Tag bereits nicht mehr.
" Waren das dann Schüler, die Praktikum machten? Quer durch den Gemüsegarten. Die sagen einfach, das ist fürchterlich stressig. Es ist für viele ein Problem, sich selbst zu organisieren. Sie müssen sich selbst Arbeit suchen."
Der Chef drängt. Ein Kunde wartet auf ein Angebot. Ein anderer auf seinen Rückruf. Seibold blickt ihm über die Schulter. Auch das Telefonat mit dem Kunden hört er mit. Der Lehrer ist erstaunt über den lockeren Umgangston.
" Lockeres Telefonat mit einem Kunden. Das Telefongespräch beginnt mit einem Scherz, obwohl es um hohe Summe wahrscheinlich geht."
Für den Lehrer war es ein lehrreicher Tag im Betrieb. Und auch der Unternehmer ist zufrieden. Michael Reisserer sucht bewusst den Kontakt zu Schulen. Demnächst wird er zum Gegenbesuch in Seibolds Klasse kommen:
" Da kann ich die eine oder andere Botschaft loswerden, was wichtig ist und heute einfach fehlt: wie Höflichkeit, gutes Auftreten. Außerdem nutzen und missbrauchen wir den Lehrer als Schnittstelle zu den engagierten jungen Leute, die sich vielleicht mal später bei uns einbringen können."