Zu dem Streik- und Aktionstag, an dem sich auch zahlreiche Eltern beteiligten, hatte der Koordinationsrat der iranischen Lehrergewerkschaften aufgerufen. Kundgebungen gab es im ganzen Land und insbesondere vor den Außenstellen des Bildungsministeriums. In sozialen Medien war zu sehen, wie Einsatzkräfte des Regimes teils mit Pfefferspray und Wasserwerfern gegen die Demonstrierenden vorgingen. Bilder und Videos zeigten Proteste unter anderem in den Millionenstädten Tabris und Maschhad, in Isfahan, Schiras, am Kaspischen Meer sowie in den Kurdenregionen.
Proteste in Maschad, Saqqez und Sanandadsch
Die mehr oder weniger gleichgeschalteten und regimenahen Medien im Iran berichten in der Regel kaum oder gar nicht über Proteste, vor allem, wenn diese regierungskritisch sind. Über die heutigen Streiks und Kundgebungen - etwa in der Stadt Saqqez - schreiben aber eine Reihe von Online-Portalen und Organisationen, so etwa IranWire und die Menschenrechtsorganisation HRANA.
Auch der Korrespondent des französischen Magazins Le Point, Armin Arefi, berichtet von einem Protest von Lehrkräften und Eltern in der Stadt Maschad im Nordosten des Irans. Die Wiener Juristin und Iran-Expertin Shoura Hashemi berichtet über eine Kundgebung vor der Generaldirektion für Bildung in Ardabil. Sowohl HRANA als auch die Journalistin und Menschenrechts-Aktivistin Düzen Tekkal berichten von Protesten in Sanandadsch in der Provinz Kurdistan, an der sich offenbar hunderte Menschen beteiligten.
"Bildungsinternationale" im Ausland solidarisiert sich mit Lehrern
Über den Aufruf zu den Arbeitsniederlegungen berichtet auch die Journalistin und ehemalige Iran-Korrespondentin Natalie Amiri. Demnach schließen sich auch pensionierte Lehrkräfte den Streiks an. Die Bildungsinternationale, ein internationaler Dachverband von Bildungsgewerkschaften, solidarisierte sich mit Lehrkräften und Schülerinnen und Schülern im Iran und verurteilte jede Gewalt gegen Schüler und insbesondere Schülerinnen.
Die ersten Berichte über Vergiftungen gab es im Iran schon im November. Bis heute sollen mehr als 1.000 Schülerinnen betroffen sein - an vielen Schulen im ganzen Land. Sie klagen unter anderem über Übelkeit und Kopfweh, viele wurden im Krankenhaus behandelt. Ärzte sprechen von Gasvergiftungen.
Erste Verhaftungen
Heute teilte die Nachrichtenagentur Fars unter Berufung auf das Innenministerum mit, es seien Verdächtige in fünf Provinzen festgenommen worden. Genauere Angaben wurden nicht gemacht. Die Nachricht kam einen Tag nach der ersten Stellungnahme des religiösen Führers, Ayatollah Chamenei. Er bezeichnete die Taten als - Zitat - "unverzeihliches Verbrechen" und forderte für die Verantwortlichen harte Strafen. Der iranische Präsident Raisi hatte zuvor, so wie schon bei den regimekritischen Protesten, ausländische Kräfte für die Vergiftungen verantwortlich gemacht.
Doch wer hinter den Attacken steckt, ist bislang ungeklärt. Es gibt Berichte, nach denen religiöse Hardliner verantwortlich sein könnten, die eine Schulbildung für Mädchen und junge Frauen ablehnen. Viele Eltern von Schülerinnen machen das Regime selbst mitverantwortlich - wohl auch, weil gerade Schülerinnen und Studentinnen sehr aktiv an den jüngsten Protesten im Land beteiligt waren.
Diese Nachricht wurde am 07.03.2023 im Programm Deutschlandfunk gesendet.