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Lehrerausbildung im Schnelldurchgang

Lehrerverbände und das Aktionsbündnis Schule in Nordrhein-Westfalen protestieren gegen Pläne der Landesregierung, das Lehramtsstudium ab 2011 auf Bachelor und Master umzustellen. Sie befürchten eine mangelhafte Ausbildung und einen Niveauverlust, den letztlich die Schüler ausbaden müssten.

Von Hilde Braun | 11.06.2008
    Die Lehrerausbildung in Nordrhein-Westfalen soll komplett umgestaltet werden. Statt dem Ersten und Zweiten Staatsexamen heißt es ab 2011 Bachelor und Master. Das Referendariat wird von zwei Jahren auf ein Jahr verkürzt. Stattdessen sollen die Hochschulen einen höheren Praxisanteil übernehmen, aber:

    " Nach einer ganzen Reihe von Rückmeldungen ist es nicht so, das die Hochschulen sich danach drängen, den Vorgaben der beiden Ministerien jetzt nachzukommen, jetzt kommen weitere Vorgaben hinzu - nämlich ein Praxissemester die Verständigung mit Schulen, mit Studienseminaren und da verweigern sie sich, da wollen sie nicht mitmachen. "

    Peter Silbernagel ist Sprecher des Aktionsbündnis Schule und Vorsitzender des Philologenverbandes Nordrhein-Westfalen. Er befürchtet, dass die Lehrerausbildung unter den Reformplänen leidet, weil die Hochschulen kaum Erfahrung in der schulpraktischen Ausbildung haben. Er kritisiert, dass das erst während eines Praxissemesters im Masterstudium vorgesehen ist. Der Master folgt aber nicht automatisch auf den Bachelor:

    " Wir fürchten, das wenn die Hochschulen sich nicht verbindlich dazu erklären alle aufzunehmen, das es dann eine Ausbildung light, ein Schmalspurausbildung geben könnte, das nämlich viele Bachelorabsolventen von den Schulen angefragt werden könnten, weil sie auch nicht weiterkommen in den Hochschulen und dann in die Schulen hineinkommen, aber ihre Ausbildung ist bei weitem nicht komplett und sie kommen vielleicht auch zu Konditionen in die Schule, wo sie entsprechend viel weniger Geld verdienen. "

    Thomas Ahr hat insgesamt sechs Jahre Studium an der Hochschule hinter sich zu alten Bedingungen. Er unterrichtet bereits Chemie und Biologie am naturwissenschaftlichen Gymnasium in Mönchengladbach. Diese zwei Jahre an der Schule und in den Studienseminaren waren für ihn die wichtigste Zeit in der Lehrerausbildung:

    " Das ist eine Katastrophe, diese Kürzung des Vorbereitungsdienstes ist ja geplant. Die 2. Ausbildungsphase ist eine sehr, sehr wichtige Phase, weil man dort wirklich sozusagen in das kalte Wasser gestoßen wird und man dann dort wirklich sehr, sehr praktisch orientiert ausgebildet wird an den Schulen, an den Studienseminaren und deshalb finde ich persönlich ist diese Kürzung ein Schuss, der nach hinten losgehen wird. "

    Schon jetzt ist den Studierenden die Ausbildung an der Universität viel zu theoretisch. Zwar gibt es einige Schulpraktika, aber die kommen nur einem Schnuppern in den Schuldienst gleich meint Sara Michaelis. Sie ist 23 Jahre alt und studiert im sechsten Semester Deutsch und Englisch auf Grundschullehramt.

    " Die sollten uns sowieso generell mehr in die Schule schicken statt hier so theoretische Sachen zu machen. Man muss sich hier so wissenschaftlich ausdrücken und in der Grundschule musst Du den Kindern das alles in kleinen Häppchen gut erklären, dass sie das verstehen. "

    Nach den Reformplänen sollen die jeweiligen Schulformen in den Studiengängen zwar stärker als bisher berücksichtigt werden. Die Studiendauer soll aber bei allen Lehrämtern gleich sein. Peter Silbernagel:

    " Wir fürchten mit der Vereinheitlichungstendenz alle Lehrämter gleich lange Zeit - und die Hochschulen haben sogar vor - sie sagen das nicht immer offen und ehrlich- gleiche Module, also gleiche Lerneinheiten anzubieten, dass damit auch sehr viel Vereinheitlichung hinein kommt, die einer professionellen Ausbildung zuwider läuft. "

    An den Hochschulen selbst steht noch nicht genau fest wie die Lehramtsreform umgesetzt wird. Zur Zeit gibt es viele Diskussionen zwischen Prüfungsämtern, Ministerien und den Verantwortlichen an den Universitäten. Ein Kompromiss wurde jetzt jedoch erzielt: Anders als bei anderen Studiengängen dürfen die Hochschulen das Bachelorstudium nicht ohne die Mitsprache des Schulministeriums akkreditieren. Ein entsprechender Gesetzentwurf ist auf dem Weg. Auch wenn die Politik den Hochschulen sonst gerne die Freiheit lässt - beim Lehramt macht zu viel Unabhängigkeit offenbar doch nicht Schule.