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Lehrergesundheit
Kein Stress in der Schule

In Schulen ist es häufig laut und hektisch. Doch vielen Lehrerinnen und Lehrern setzen auch psychische Stressfaktoren zu. Wie damit umgehen, damit am Ende nicht der Burnout steht? Mut zur Lücke hilft.

Von Anke Petermann | 20.11.2014
    Ein Junge wirft in einem Klassenzimmer mit einem Gegenstand. Im Hintergrund ist ein Tafelbild mit einer Hexe.
    In vielen Klassenzimmern herrscht Unruhe und Lärm (dpa / picture alliance / Felix Kästle)
    Wie sie mit beruflichen Belastungen umgehen und berufsbedingte gesundheitliche Probleme vermeiden können, darüber informiert die Uni Mainz Studierende auf dem jährlichen Tag der Lehrergesundheit. Ein relativ neues Angebot: Zum vierten Mal bietet das Institut für Lehrergesundheit, angesiedelt am Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin diese Kombination aus Vorlesung und Workshops an. Das Institut arbeitet dabei zusammen mit dem Zentrum für Lehrerbildung. Anke Petermann berichtet.
    Christoph Kampik ist angehender Sportlehrer, und einen Belastungsfaktor kennt er als ehrenamtlicher Schwimmtrainer gut:
    "Ich glaube, der Lärmpegel ist an Schulen besonders hoch, nicht vergleichbar mit anderen Berufen, die man vielleicht anstrebt. Ich als Sportlehrer auch in der Sporthalle, die ganzen Bälle, die dopsen, da muss man sich irgendwie schon Gehör verschaffen bei den Schülern und auch mal Regeln einführen, damit die Schüler mal zur Ruhe kommen."
    Disziplin spielt eine Rolle, um Lärmbelastung als Hauptstressor in den Griff zu bekommen, bestätigt Professor Stephan Letzel. Ist aber die Akustik von Klassenzimmern zu ungünstig, könne es sich lohnen, eine Gefährdungsanalyse anzuregen, meint der Direktor des Mainzer Instituts für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin. Je nach Einschätzung von Experten für Arbeitssicherheit ist möglicherweise eine Lärmsanierung fällig. Was angehende Lehrer zusätzlich für sich tun können:
    "Stimmbildung ist sicherlich ein Thema, weil doch die Stimme ein Organ ist, das in der Schule sehr gefordert ist, und da kann man professionell erlernen, wie man mit der Stimme am besten umgeht. Also ein Stimmtraining macht, das ist sicherlich sinnvoll."
    Eigene Potenziale zur Stressbewältigung entdecken
    Neben Lärm als objektivem Stressfaktor macht sich Eva-Maria Ehrhardt als angehende Fremdsprachenlehrerin Gedanken über die subjektiven Belastungen:
    "Da ich jemand bin, der es sehr gern machen will und auch voll dahinter steht, denke ich, dass mir vieles Stress machen kann, weil ich das halt dann halt sehr, sehr gut machen möchte und mich dadurch vielleicht selbst in Stress bringen werde. Ich denke, ich bin mein größtes Problem, wenn ich ehrlich bin."
    Perfektionsstreben birgt das Risiko, sich übermäßig zu verausgaben, bestätigt Till Beutel, Diplom-Psychologe am Institut für Lehrergesundheit und Leiter des Workshops Stressbewältigung. Andererseits:
    "Jemand, der Lehramt studiert aus dem Motiv heraus, er möchte Schülern etwas beibringen, (das) ist natürlich deutlich vorteilhafter, als wenn jemand von ganz anderen Motiven getrieben ist letztendlich."
    Anstrengende Phasen lassen sich eher mit einer starken pädagogischen Motivation bewältigen, ist Beutels Erfahrung. Wer die Herausforderungen des Lehrerberufs ausblendet und sich vom Beamtenstatus oder langen Ferienzeiten blenden lässt, landet schneller in der Stressfalle.
    In seinem Workshop ermutigt Beutel Studierende dazu, eigene Potenziale zu entdecken, um Stress zu bewältigen. Den Umfang einer Aufgabe richtig einschätzen, Arbeit einteilen, die Hochphasen des eigenen Biorhythmus kennen und nutzen, das alles gehört dazu. Eva-Maria Ehrhardt fängt demnächst ihr Referendariat an. Im Freundeskreis hat sie Kommilitoninnen erlebt, die Tag und Nacht durcharbeiteten, eine brach das Referendariat ab. Die angehende Fremdsprachenlehrerin nimmt sich vor, sich nicht so extrem unter Druck zu setzen.
    "Durch die Praktika und die Nebentätigkeiten im Studium hat man ja schon Erfahrungen gesammelt, und das Referendariat dient ja weiterhin zur Erfahrungssammlung, und ich denke, man sollte nach dem Studium nicht davon ausgehen, dass man die perfekte Lehrkraft ist die alles kann."
    Mut zur Lücke, nach wie vor ein einfaches, aber effektives Anti-Stress-Rezept.