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Lehrstellen
DIHK beklagt Azubimangel

Schuld an den fallenden Lehrlingszahlen ist aus Sicht des deutschen Industrie- und Handelskammertages die Politik. Die habe in den vergangenen Jahren einen völlig falschen Kurs eingeschlagen und jahrelang und undifferenziert nach einer Erhöhung der Studienquote gerufen.

Von Stefan Maas | 03.02.2014
    Eric Schweitzer, der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages, sorgt sich um Deutschlands Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit. Der Grund dafür: die seit Jahren fallen Auszubildendenzahlen. Im vergangenen Jahr sei die Zahl der neuen Auszubildendenverträge auf 315-Tausend gesunken. Im Vorjahr seien es noch 330-Tausend gewesen. Macht ein Minus von 4,5 Prozent. In allen Regionen Deutschlands gebe es Ausbildungsplätze, die nicht besetzt werden könnten, sagte Schweitzer den in Dortmund erscheinenden Ruhrnachrichten. Das besorgt auch Esther Hartwich, die Bereichsleiterin Ausbildung beim DIHK.
    "Das liegt nicht nur an der Demografie. Interessanterweise sind ja im letzten Jahr die Schulabgängerzahlen noch gar nicht zurückgegangen. Das wird erst im nächsten Jahr kommen."
    Auszubildende fehlten nicht nur bei Bäckern oder im Hotel- und Gaststättengewerbe, also Branchen, die schon seit längerem Nachwuchssorgen quälen, sagt Hartwich. Betroffen seien auch industrielle und technische Berufe aus dem sogenannten MINT-Bereich. Mathe, Informatik, Naturwissenschaften und Technik:
    "Da sagt das Institut für Wirtschaft, hier haben wir einen ganz erheblichen Fachkräftemangel, der uns bevorsteht. Bis zum Jahr 2020 werden uns 1,4 Millionen Facharbeiter fehlen. Und davon nur 150.000 Akademiker. Also der große Anteil der Fachkräfte, die uns in der Zukunft wirklich fehlen werden im Betrieb sind die betrieblich Qualifizierten. Insofern muss man da ganz bewusst nachsteuern."
    Schuld an den fallenden Lehrlingszahlen ist aus Sicht des deutschen Industrie- und Handelskammertages die Politik. Die habe in den vergangenen Jahren einen völlig falschen Kurs eingeschlagen und jahrelang und undifferenziert nach einer Erhöhung der Studienquote gerufen.
    "Wir sind mittlerweile an einem Punkt angelangt, wo sich die Zahlen der Ausbildungsanfänger und die der Studentenanfänger schon fast gleich sind. Und da ist etwas im Argen, da sagen wir, das kann eigentlich nicht sein. Das geht an dem vorbei, was die Betriebe brauchen."
    Laut Statistischem Bundesamt hat im vergangenen Jahr die Zahl der Erstsemester um zwei Prozent zugenommen: auf über 506-Tausend. Nur 2011 gab es mehr Studienanfänger.
    DIHK-Chef Schweitzer warnt, dieser Drang zum Studium könne sogar zu einer höheren Arbeitslosigkeit führen, weil bestimmte Profile gar nicht auf dem Arbeitsmarkt benötigt würden. Außerdem würde etwa jeder vierte Studienanfänger sein Studium ohne Abschluss beenden. Bei den Ingenieurswissenschaften sei es sogar jeder zweite.
    Für die stellvertretende Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes, Elke Hannack, ist der Azubi-Mangel mit Blick auf ihre Zahlen eine Fata Morgana. Es gebe rund 33.500 offene Stellen und rund 84.000 junge Leute, die derzeit einen Ausbildungsplatz suchten, rechnet Hannack vor. Das Problem sei vielmehr, dass sich die Betriebe an eine Bestenauslese gewöhnt hätten. Gerne würden Abiturienten als Azubis eingestellt, Hauptschüler hätten dagegen oft keine Chance. Nur sieben Prozent der Betriebe bildeten überhaupt Hauptschüler aus, so der Vorwurf des DGB. Das sei der Grund für eine sinkende Zahl neuer Lehrlinge. Nicht ein vermeintlicher Akademisierungswahn.