Im Berliner Ensemble wird Brechts meistgespieltes Drama als pures Kunststück auf einen Präsentierteller gestellt. Bühnenbildner Frank Hänig hat eine nach vorn geneigte, weißumrandete schwarze Scheibe vor nackter Brandmauer als die leere Spielfläche geliefert, auf der Claus Peymann Brechts im Untertitel als eine "Chronik aus dem Dreißigjährigen Krieg" bezeichnete "Mutter Courage" wie eine Chronik aus der Theatergeschichte des Berliner Ensembles inszeniert hat.
Diese "Mutter Courage" lebt in keiner und in jeder Zeit. Es gibt keinerlei Historisierungen oder Aktualisierungen, keine Anspielungen auf eine Realität jenseits des Brechtschen Universums der verfremdeten Bühnenkünstlichkeit. Wenn im zweiten Teil der Aufführung vom Planwagen der Courage die Leuchtschrift "Courage & Co" strahlt, ist dies kein Hinweis auf dramaturgische Entwicklungen oder gesellschaftliche Bedeutungen, sondern nur ein Bühneneffekt.
Der Regisseur hat eingesehen, dass Brechts Stück, am Vorabend des II. Weltkrieges als Warnung vor diesem geschrieben, uns heute nicht mehr belehren kann. Was es uns sagt, wissen wir, ohne dass uns dieses Wissen hilft. Und nicht erst der Irak-Krieg hat gezeigt, dass durchaus Menschen an einem Krieg verdienen können, ohne ihm wie die Courage zum Opfer zu fallen.
Es ist zwar richtig, dass weder das Publikum noch die Courage in Brechts altem und veraltetem Stück etwas lernen, d.h. Brecht hat gegenüber kritischen Einwänden listig die These nachgeliefert, ein Publikum, das sehe, wie die Courage nichts lerne, erkenne das um so klarer, was diese nicht wahrzunehmen bereit und fähig sei.
Doch da wir heute über das Nichtlernen von Bühnenfiguren nichts mehr lernen können, was wir nach den Erfahrungen der weltweiten Kriege der letzten Jahrzehnte so klar wie folgenlos erfahren haben, kann auch die "Mutter Courage" nicht mehr als Stück der Aufklärung dienen.
Claus Peymann liefert folglich ein Spiel vom großen kritischen Einverständnis und belehrt uns mit schwerfälliger Ernsthaftigkeit und kunstvoll biederen Arrangements, dass er uns nicht belehren will. Dabei werden die Songs zu Moritaten für Kopfnicker:
Die Figuren dieses Stückes haben, Brechts Theorie zum Trotz, meist vor allem über die Einfühlung des Publikums gewirkt. Wenn Carmen-Maja Antoni die Courage in die Reihe ihrer souverän verschmitzten, resolut-liebenswerten und kraftvollen Mutter-Figuren am Berliner Ensemble spielt, dann schaut man ihrer Kunstfigur und Schauspielkunst gern zu.
Zwar ist sie weder eine verlumpende "Hyäne des Krieges", wie sie der Feldprediger anklagend nennt, noch stellt sie die Konflikte und Widersprüche der Figur, die an dieser zerren, ohne sie zu zerreissen, sonderlich deutlich aus. Doch das Publikum kann sich mit Sympathie in sie einfühlen, weshalb die Schauspielerin, obwohl die Aufführung von bleierner Teilnahmslosigkeit des Publikums begleitet wurde, am Schluss umjubelt wurde.
Wie auch Ursula Höpfner, die ihre Lagerhure Yvette zu einer brillant-komödiantischen Theaternummer ausbaute, und wie die junge Christina Drechsler, die ihre stumme Kattrin zur beredtesten und lebendigsten Figur in dieser Inszenierung machte. Einer Inszenierung, die trotz kräftiger Kürzungen, denen auch etliche große Brechtsche Szenen zum Opfer fielen, sich noch immer dreieinhalb Stunden lang dahin quälte, mit kunst-musealen Szenen.
Wie hier die Soldaten aus ihren Blechnäpfen löffeln, so tat man es nur am Berliner Ensemble zu DDR-Zeiten, als man die Proletarier als Kunstfiguren für die Bühne erfand. Peymann zeigt Soldaten in schick verschmutzten Uniformen mit bemalten Gesichtern, bietet steif ausgestellte Arrangements und lässt die Texte, zumal von den recht alt besetzten Männern, wichtigtuerisch aufsagen (nur Martin Seifert als Feldprediger spricht mit Witz und Distanz).
Indem der regieführende Intendant so auftrumpfend wie schwerfällig und überdeutlich stets Bedeutung und Kunst herzustellen sucht, landet er direkt in der bleiernen Vergangenheit eines Bühnen-Kunst-Realismus des Berliner Ensemble, den man völlig beerdigte hoffte.
Diese Aufführung wirkt wie ein schlechtes Zitat und ist urkonservatives Einverständnistheater. Das Publikum, dass sich zum Schluss aus seiner Erstarrung in heftigen Applaus befreite, scheint die Denkfaulheit der Inszenierung und die Denkfreiheit für sich honoriert zu haben. Kunst muss eben langweilig und anstrengend sein! Muss sie das? Gerade am einstigen Theater von Bertolt Brecht?
Diese "Mutter Courage" lebt in keiner und in jeder Zeit. Es gibt keinerlei Historisierungen oder Aktualisierungen, keine Anspielungen auf eine Realität jenseits des Brechtschen Universums der verfremdeten Bühnenkünstlichkeit. Wenn im zweiten Teil der Aufführung vom Planwagen der Courage die Leuchtschrift "Courage & Co" strahlt, ist dies kein Hinweis auf dramaturgische Entwicklungen oder gesellschaftliche Bedeutungen, sondern nur ein Bühneneffekt.
Der Regisseur hat eingesehen, dass Brechts Stück, am Vorabend des II. Weltkrieges als Warnung vor diesem geschrieben, uns heute nicht mehr belehren kann. Was es uns sagt, wissen wir, ohne dass uns dieses Wissen hilft. Und nicht erst der Irak-Krieg hat gezeigt, dass durchaus Menschen an einem Krieg verdienen können, ohne ihm wie die Courage zum Opfer zu fallen.
Es ist zwar richtig, dass weder das Publikum noch die Courage in Brechts altem und veraltetem Stück etwas lernen, d.h. Brecht hat gegenüber kritischen Einwänden listig die These nachgeliefert, ein Publikum, das sehe, wie die Courage nichts lerne, erkenne das um so klarer, was diese nicht wahrzunehmen bereit und fähig sei.
Doch da wir heute über das Nichtlernen von Bühnenfiguren nichts mehr lernen können, was wir nach den Erfahrungen der weltweiten Kriege der letzten Jahrzehnte so klar wie folgenlos erfahren haben, kann auch die "Mutter Courage" nicht mehr als Stück der Aufklärung dienen.
Claus Peymann liefert folglich ein Spiel vom großen kritischen Einverständnis und belehrt uns mit schwerfälliger Ernsthaftigkeit und kunstvoll biederen Arrangements, dass er uns nicht belehren will. Dabei werden die Songs zu Moritaten für Kopfnicker:
Die Figuren dieses Stückes haben, Brechts Theorie zum Trotz, meist vor allem über die Einfühlung des Publikums gewirkt. Wenn Carmen-Maja Antoni die Courage in die Reihe ihrer souverän verschmitzten, resolut-liebenswerten und kraftvollen Mutter-Figuren am Berliner Ensemble spielt, dann schaut man ihrer Kunstfigur und Schauspielkunst gern zu.
Zwar ist sie weder eine verlumpende "Hyäne des Krieges", wie sie der Feldprediger anklagend nennt, noch stellt sie die Konflikte und Widersprüche der Figur, die an dieser zerren, ohne sie zu zerreissen, sonderlich deutlich aus. Doch das Publikum kann sich mit Sympathie in sie einfühlen, weshalb die Schauspielerin, obwohl die Aufführung von bleierner Teilnahmslosigkeit des Publikums begleitet wurde, am Schluss umjubelt wurde.
Wie auch Ursula Höpfner, die ihre Lagerhure Yvette zu einer brillant-komödiantischen Theaternummer ausbaute, und wie die junge Christina Drechsler, die ihre stumme Kattrin zur beredtesten und lebendigsten Figur in dieser Inszenierung machte. Einer Inszenierung, die trotz kräftiger Kürzungen, denen auch etliche große Brechtsche Szenen zum Opfer fielen, sich noch immer dreieinhalb Stunden lang dahin quälte, mit kunst-musealen Szenen.
Wie hier die Soldaten aus ihren Blechnäpfen löffeln, so tat man es nur am Berliner Ensemble zu DDR-Zeiten, als man die Proletarier als Kunstfiguren für die Bühne erfand. Peymann zeigt Soldaten in schick verschmutzten Uniformen mit bemalten Gesichtern, bietet steif ausgestellte Arrangements und lässt die Texte, zumal von den recht alt besetzten Männern, wichtigtuerisch aufsagen (nur Martin Seifert als Feldprediger spricht mit Witz und Distanz).
Indem der regieführende Intendant so auftrumpfend wie schwerfällig und überdeutlich stets Bedeutung und Kunst herzustellen sucht, landet er direkt in der bleiernen Vergangenheit eines Bühnen-Kunst-Realismus des Berliner Ensemble, den man völlig beerdigte hoffte.
Diese Aufführung wirkt wie ein schlechtes Zitat und ist urkonservatives Einverständnistheater. Das Publikum, dass sich zum Schluss aus seiner Erstarrung in heftigen Applaus befreite, scheint die Denkfaulheit der Inszenierung und die Denkfreiheit für sich honoriert zu haben. Kunst muss eben langweilig und anstrengend sein! Muss sie das? Gerade am einstigen Theater von Bertolt Brecht?