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"Leipziger Volkszeitung"
Weniger Journalisten, bessere Qualität?

Die Zeitungskrise in Deutschland betrifft auch die Madsack-Gruppe, zu der die "Leipziger Volkszeitung" gehört. Der Konzern will die Zeitung jetzt fit für die Zukunft machen. Für die Mitarbeiter klingt das wie eine Drohung.

Von Jens Falkowski | 10.05.2014
    Verschiedene deutsche Tageszeitungen liegen auf einem Tisch.
    Verschiedene deutsche Tageszeitungen liegen auf einem Tisch. (dpa / Jan Woitas)
    "Wir sind in großer Sorge." Diese Worte richten die Mitarbeiter der Leipziger Volkszeitung an ihren Verlag, die Madsack-Gruppe. Das Blatt hatte in den vergangenen Jahren 20.000 Leser verloren. Seit Oktober soll nun die Vision "Madsack 2018" für eine erfolgreiche Neuausrichtung des Konzerns sorgen. Doch heute rund acht Monate später kennen weder Mitarbeiter noch LVZ-Betriebsrat Jens Heeg konkrete Pläne zum Konzernumbau. Die Stimmung im Haus ist auf einem Tiefpunkt. Jens Heeg:
    "Die Leute sind mehr als beunruhigt. Kurz und knapp: Der Betriebsfrieden steht hier auf der Kippe in der LVZ. Die Leute flüchten sich in Zynismus. Leute schalten ab. Also alles Symptome, die man bei einer unklaren Zukunft hat. Niemand kennt neue Strukturen. Die Geschäftsführung hat außer Andeutung bis heute nichts konkret gesagt."
    Dass die Neuausrichtung Arbeitsplätze kosten wird, ist für alle klar. So werden bisher eigenständige Redaktionen der 18 Tageszeitungen der Madsack-Gruppe am Stammsitz in Hannover zu einer Zentralredaktion zusammengefasst. Diese liefert dann für die Lokalausgaben den Mantelteil. Auch wenn Konzernchef Thomas Düffert sich nicht gegenüber dem Deutschlandfunk äußern will, so beschreibt er sein großes Ziel auf dem Medientreffpunkt Mitteldeutschland:
    "Ich kann das mal relativ hart sagen: Wir wollen am Ende mit weniger Menschen Zeitungen in einer besseren Qualität herausbringen und auch den ganzen Verlagsapparat in einer besseren Qualität aufstellen. Durch die Größe des Konzerns müssen wir Dinge halt nicht 18 Mal machen."
    Jede dritte Stelle in Gefahr?
    Mittlerweile hält auch Betriebsrat Jens Heeg eine Antwort auf den offenen Brief in den Händen. Aber auch hier gibt es wenig Klarheit über die Zukunft bei der LVZ. Die Pläne befänden sich noch in der Entwicklung und man wolle die Entwicklung nicht per "Wasserstandsmeldung" verkünden heißt es in der Antwort. Doch daran glauben Belegschaft und auch Betriebsrat Heeg nicht:
    "Also wir als Belegschaft und Betriebsrat denken den Plan gibt es. Vielleicht muss man hier und da noch an irgendwelchen Dingen schrauben, wie man vielleicht demnächst hier einen Regio-Desk einrichtet, welche Gebiete in welchen Zeitschienen wie vertreten sind. Aber von der Personalausstattung und der Personalplanung sind wir uns relative sicher, dass hier in Kürze dem Betriebsrat mitgeteilt wird, dass irgend eine Summe 50 plus X an Arbeitskräften bis 2018 abgebaut werden soll."
    So könnte es bei der LVZ jeden dritte Redakteur treffen und die Redaktionen im Umland würden durch kleine Reporterteams ersetzt. Ein solcher Umbau lässt sich nicht über Altersteilzeit allein regeln. So würde dies auch viele junge Kollegen treffen. Für den Leipziger Medienwissenschaftler Hans-Jörg Stiehler kann dieses Konzept nicht aufgehen:
    "Ansonsten glaube ich, dass in dem Medienbereich so Effektivierungsmaßnahmen und Einsparungen irgendwann zu Lasten von Qualität gehen. Ich glaube nicht, dass weniger Journalisten besseren Lokaljournalismus machen."
    Mehr Geld für die Ausbildung
    Guter Lokaljournalismus ist für Hans-Jörg Stiehler die wichtigste Grundlage für eine überlebensfähige Lokalzeitung, die sich gegen Blogs und Internetprojekte durchsetzen kann:
    "Eine Orientierung in der Kommune und in dem was kommunal-politisch wichtig ist, das wird nur eine Tageszeitung leisten können und nicht die Amateure, die sich da sonst bewegen."
    Dass die Qualität in den Lokalredaktionen besser werden muss, ist auch der Madsack-Gruppe klar. So soll zukünftig mehr Geld in die Ausbildung ihrer Redakteure gesteckt werden. Auch wenn Betriebsrat Jens Heeg noch keine konkreten Zahlen in der Hand hält, ist er sich doch sicher mit dem offenen Brief das Richtige getan zu haben:
    "Wir als Betriebsrat mussten feststellen in den ganzen Gesprächen, dass das eigentlich der richtige Weg war, um den Dialog jetzt noch einmal anzustoßen, um eventuell Mitte Mai Fakten zu bekommen."
    Während die Mitarbeiter noch auf konkrete Pläne warten müssen, so werden die Leser bereits einige Veränderung an ihrer Zeitung feststellen. Das Layout der Ausgaben wird vereinheitlicht, um Seiten besser austauschen zu können. Teile, wie die Medienseite kommen bereits von der Zentralredaktion. Das Fernsehprogramm wird sogar aus Polen zugeliefert.