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Leishmaniose
Forscher entwickeln neuen Vakzin-Typ

Leishmaniose gehört zu den vernachlässigten Krankheiten, die vor allem in ärmeren Regionen der Erde auftreten und kaum im Fokus der Forschung stehen. Etwa 40.000 Menschen sterben jährlich daran. Wissenschaftler vom National Institute of Health in Maryland arbeiten an einer Impfung und haben dabei einen unerwarteten Verbündeten gefunden.

Von Magdalena Schmude | 04.06.2015
    "Sandfliegen gehören zu den Sandmücken. Sie sind haarig und ziemlich klein, etwa drei Millimeter groß. Ihre Flügel zeigen in einem 45-Grad-Winkel nach oben und sie können damit nicht besonders gut fliegen. Die meiste Zeit hüpfen sie eher oder sitzen an der Wand. Einige von ihnen sind sandfarben, und daher kommt wahrscheinlich auch ihr Name, denn es gibt sie nicht nur in sandigen Lebensräumen, sondern so ziemlich überall."
    Shaden Kamhawi, Immunologin am National Institute of Health im amerikanischen Rockville, arbeitet schon seit vielen Jahren mit den blutsaugenden Insekten. Sie untersucht, wie die Tiere Infektionskrankheiten übertragen. Dabei sind sie und ihre Kollegen schon unzählige Male selbst gebissen worden, erzählt sie: "Definitively I have been bitten and everyone in our team has been bitten as well."
    Für die Wissenschaftler blieben die Bisse ohne Folgen, doch in vielen Regionen Afrikas und Südamerikas sind die Fliegen mit Leishmanien infiziert. Beim Biss übertragen sie die Parasiten mit ihrem Speichel auf den Menschen und lösen so Leishmaniose aus, die im schlimmsten Fall tödlich verlaufen kann. Eine Impfung gegen die Erkrankung gibt es bisher nicht und die Entwicklung ist schwierig, wie Shaden Kamhawi erklärt.
    "Leishmanien verstecken sich in den Zellen ihres Wirtes. Und zwar ausgerechnet in den Zellen, die sie eigentlich bekämpfen sollen, den Makrophagen. Dann schalten sie die Makrophagen ab und vermehren sich darin. Deshalb muss das Immunsystem sehr schnell reagieren, bevor die Parasiten sich verstecken und festsetzen können."
    Auf der Suche nach einer Impfstrategie, die diese schnelle Immunreaktion sicherstellt, stießen die Forscher auf einen unerwarteten Helfer. In Versuchen mit Affen konnten Shaden Kamhawi und ihre Kollegen zeigen, dass die Tiere weitgehend vor einer Leishmanien-Infektion geschützt waren, wenn sie vorher von nicht-infizierten Sandfliegen gebissen worden waren.
    "Wir haben gesehen, dass im Speichel der Sandfliege viele Proteine vorkommen, die der Fliege beim Blutsaugen helfen, aber gleichzeitig auch das Immunsystem aktivieren. Dann ging es darum, das Protein zu finden, das eine spezifische Immunreaktion auslöst und ein Milieu erzeugt, das für die Leishmanien ungünstig ist. Das könnte helfen, die Infektion in Schach zu halten."
    Aus über 30 Proteinen wählten die Forscher ein geeignetes aus und impften die Affen damit, bevor sie sie infizierten Sandfliegen aussetzten. Anschließend untersuchten sie die Immunreaktion und den Krankheitsverlauf der Tiere.
    "Das Immunsystem geimpfter Affen reagiert auf das Protein. Bei 70 Prozent von ihnen gab es eine passende Immunantwort. Sie hatten weniger Krankheitssymptome und weniger Parasiten im Körper. Dadurch sind sie vor Leishmaniose geschützt."
    Dieser Effekt allein wird nicht ausreichen, um den Ausbruch der Krankheit komplett zu verhindern, glaubt Shaden Kamhawi. Doch die Immunisierung mit Speichelproteinen könnte eine Leishmanien-spezifische Impfung ergänzen und verstärken. Diese Doppel-Strategie könnte außerdem im Kampf gegen andere Krankheiten helfen, die von Insekten übertragen werden.
    "Parasiten werden mit dem Speichel übertragen, der, wie wir wissen, selbst das Immunsystem beeinflusst. Das müssen wir berücksichtigen, wenn wir Krankheiten, die auf diesem Weg verbreitet werden, verstehen und beherrschen wollen."