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Lenbachhaus München
Faszination des Untergangs

Ob das Erdbeben in Nepal, ertrinkende Flüchtlinge im Mittelmeer oder die Ebola-Epidemie in Westafrika: Katastrophen bestimmen unsere Nachrichten und sorgen als Blockbuster für volle Kinosäle. Warum uns Katastrophen gleichermaßen erschrecken und faszinieren, das versucht die Ausstellungsreihe "Facts & Fiction" im Lenbachhaus München aktuell zu ergründen.

Von Julian Ignatowitsch |
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    Die Fassade des Lenbachhauses am Königsplatz in München (picture alliance / dpa / Peter Kneffel)
    Es müssen nicht immer Aliens sein. Manchmal reicht der ganz normale Alltagswahnsinn, um die Welt an den Abgrund zu stellen.
    Zur Soundspur von Steven Spielbergs "Krieg der Welten" macht ein Familienvater Frühstück, das Kind spielt in der Küche, ein Kurzschluss tritt die Katastrophe los.
    Diese ironisch-schräge Filmmontage des Künstlers Guy Ben-Ner macht den Auftakt zur Veranstaltungsreihe im Lenbachhaus in München: "Facts & Fiction – Katastrophenbilder und Zukunftsszenarien". Kuratorin Elisabeth Giers:
    "Zum einen Facts, also Bilder, die wir aus den Nachrichten kennen, aus der täglichen Berichterstattung. Und zum anderen Fiction, das spielt natürlich ganz stark auf den Hollywood-Film an, auf die Faszination in erzählerischen Formen, wie Katastrophen und andere Zukunftsszenarien ganz bildmächtig inszeniert werden."
    Die tägliche Suche nach neuen Katastrophen
    Künstler reflektieren die Darstellung und Wahrnehmung von Katastrophen.
    Die Medien. Eine Arbeit von Omer Fast montiert Ausschnitte von CNN-Nachrichten zu einer psychologisch-subjektiven Katastrophenerzählung.
    "Das, was wir in der täglichen Nachrichtenberichterstattung haben, ist ja eine Aneinanderreihung von Katastrophen, die sich jeden Tag ändern. Es muss immer wieder was Neues erzählt werden, es wird täglich neues Material geliefert und das andere ist dann schon wieder vergessen."
    Oder: das Kino. Marjolijn Dijkman erzählt anhand von Bildern aus Hollywood eine cineastische Zukunftsgeschichte, die von 2008 bis ins Jahr 800.000 reicht.
    "Dieses Motiv der Sehnsucht von einer Welt ohne Menschen, oder von einer Welt nach dem Menschen – und es gibt ja auch dieses Motiv des letzten Menschen, aus dessen Perspektive die Zukunft erzählt wird."
    Dokumentarfilme von Werner Herzog und Oliver Ressler thematisieren das Thema Natur- und Klimakatastrophe.
    Woher kommt sie, unsere Faszination für den Untergang?
    Katastrophe als Wendepunkt
    Schon in der griechischen Tragödie hat die Katastrophe als Wendepunkt immer auch eine moralische Funktion. Mit der Botschaft: So kann es nicht weitergehen. Das Unglück als Läuterung, als Reinigung, als Neustart für eine bessere Zukunft. So ist ja schon die biblische Erzählung der Sintflut zu verstehen – und so sprechen Hollywood und die Nachrichten heute noch.
    Die zerstörerische Natur des Menschen und seiner Umwelt, sie spiegelt sich in jeder Katastrophe.
    "Und was uns ganz wichtig ist als Museum, an solche aktuelle Debatten anzuknüpfen, diese aufzugreifen - und letztlich als Diskussionsort zu funktionieren."
    Wie heißt es schon bei Schiller: Du musst dein Leben ändern. Also, jetzt oder nie!