In routinierten Pendelbewegungen führt der 13-jährige Kai Kortus seinen Langstock über den Boden.
"Hier ist ein Gerüst, da muss ich jetzt auf die Straße ausweichen."
Kai Kortus hat Mobilitätstraining, das heißt, er lernt sich selbständig in Marburg zu bewegen. Der aufgeweckte Junge hat noch 1,2 Prozent Sehkraft - die helfen ihm sehr, denn er kann hell und dunkel unterscheiden und große Hindernisse wie Autos zumindest erahnen. Außerdem setzt er sein Gehör und seinen Geruchssinn bewusst ein.
Aufgabe diesmal ist es, den Weg zum Bäcker zu finden - eigentlich eine leichte Übung, denn der Bäcker liegt auf seinem täglichen Schulweg. Aber derzeit ist alles anders als gewohnt: Bauarbeiten machen den Weg für Kai Kortus gefährlich.
"Man hört hier schon, dass die kräftig am bauen sind. Ich folge den Autos, die am Straßenrand geparkt sind. Hier ist ein Pfeiler, jetzt bin ich auf der Baustelle und hier ist Kies, bei Kies lässt sich der Langstock nicht so gut bewegen. Jetzt hab ich den Bäcker gefunden.
Ja, hier riecht es nach frischen Brötchen. "
Mobilitätstraining gehört für Kai Kortus seit drei Jahren zum Stundenplan - seit dieser Zeit besucht er die Blindenstudienanstalt, kurz blista. Neben normalen Unterrichtsfächern wie Mathe und Deutsch hat er zudem das Fach LPF - Lebenspraktische Fähigkeiten im Stundenplan stehen. Hier hat Kai Kortus zum Beispiel gelernt sich ein Schnitzel zu braten oder einkaufen zu gehen.
Die blista macht ihren Schülern zudem viele Angebot in den Bereichen Sport: Sie können schwimmen, reiten, rudern, und sogar Skifahren lernen. Bevor Kai Kortus zur blista kam, hat er eine ganz normale Grundschule besucht - er hat nicht nur positive Erinnerungen daran.
"Wenn man damals in der Grundschule Kunst gemacht hat, war das immer nur zeichnen. Für meine Bilder habe ich dann immer nur Fünfen und Sechsen gekriegt habe, egal wie ich sie gemalt habe oder in der Gemeinschaftsarbeit wurde gesagt, Kai, du darfst nicht mitmalen, es soll ja schön aussehen. Das ist jetzt einfach entspannter, die Lehrer wissen, wie man mit einem umgehen muss und so. "
In der Carl-Strehl-Schule sind die Klassen so klein, dass alle Schüler individuell beim Lernen unterstützt werden können. Je nach Stärke und Form der Sehbehinderung haben sie die benötigten Hilfsmittel an ihrem Platz . Seit drei Jahren gehört ein Notebook für jeden Schüler zur Standardausrüstung. Schüler wie Kai Kortus, die fast nichts sehen oder völlig blind sind, arbeiten mit einer so genannten Braillezeile. Brailleschrift, so heißt die Punktschrift, in der man Texte ertasten kann. Die Braillezeile übersetzt Texte in diese Punktschrift. So können Blinde vom Computer Texte ablesen. Eine weitere Möglichkeit ist die so genannte Sprachausgabe, die sich gut für Internetrecherchen eignet.
" Googlesuche blista, Homepage blista, Carl-Strehl-Schule. "
Der 16-jährige David Knors konnte bis zu seinem sechsten Lebensjahr gut sehen - doch seitdem verliert er immer mehr an Sehkraft und kann nur noch stark vergrößerte Texte lesen. Deshalb benutzt er im Unterricht ein spezielles Lesegerät: Eine Kamera, die mit seinem Bildschirm verbunden ist. Er richtet sie auf das Papier und kann die Texte dann stark vergrößert auf seinem Bildschirm lesen. Das Gerät funktioniert wie eine elektronische Lupe. Bis zur achten Klasse hat David Knors eine Regelschule besucht - allerdings wurden seine Noten dort immer schlechter, weil er dem Unterricht nicht mehr folgen konnte.
"An der Tafel liegt das. Wenn man in der Regelschule ist, also auf der normalen Schule, da wird ziemlich viel mit der Tafel gearbeitet, das wird hier so gut wie gar nicht gemacht, vielleicht einmal im Monat oder zweimal im Monat, weil das meiste wird hier diktiert oder man bekommt Texte zum lesen und das wird dann mündlich besprochen."
David Knors besucht die zehnte Klasse. In Sozialkunde bereiten sich die zwölf Schüler gerade auf ihr erstes Berufspraktikum vor:
"Vielleicht Rechtsanwalt oder vielleicht auch was in der Informatikbranche machen. "
"Ich würde gerne was im Bereich Journalismus machen. "
Ich interessiere mich für den sozialen Bereich. Ich haben mich jetzt bei der Polizei beworben. "
"Architektur oder vielleicht was im Hotel. "
"Ich wollte am liebsten bei einem Rechtsanwalt unter kommen. "
Überdurchschnittlich viele Abgänger der blista studieren Jura. In den letzten Jahren hat sich der Bereich Informatik als Arbeitsfeld für Blinde und Sehbehinderte eröffnet. Und eine weitere große Gruppe wählt pädagogische Berufe.
So auch die 32-jährige Andrea Katemann. Sie ist nach dem Abitur in Marburg geblieben und hat Lehramt Germanistik und Politik studiert. Die Universität Marburg ist auf blinde und sehbehinderte Studierende eingestellt, es gibt blindengerechte Computer und die Vorlesungsverzeichnisse werden in Brailleschrift bereit gestellt.
Trotzdem können Blinde und Sehbehinderte auf dem Weg ins Berufsleben schnell abgehängt werden, denn Zusatzqualifikationen wie Praktika stellen für sie besondere Hürden dar, weiß Andrea Katemann
"Möglichst viele Praktika, möglichst das Jahr im Ausland, das sind alles Dinge, die als Blinder und Sehbehinderter auch möglich sind, aber es bedeutet viel Aufwand, die Zusatzleistung zu organisieren."
Denn ein blinder oder sehbehinderter Mensch muss in einer anderen Stadt erstmal den Weg zur Praktikumsstelle lernen.
Andrea Katemann ist einfach in Marburg geblieben - sie promoviert derzeit in Germanistik und arbeitet zudem an der blista als Lehrerin für Brailleschrift.
Sie hat die Erfahrung gemacht, dass Arbeitgeber of schlecht informiert sind, über das was Blinde und Sehbehinderte können - beispielsweise am PC arbeiten.
"Da ist es sinnvoll, dass man auf die Arbeitgeber zugeht, dass man Arbeitgebern zeigt, das können Blinde und die Arbeitgeber wissen, was sie fordern können von blinden Mitarbeitern.
"Hier ist ein Gerüst, da muss ich jetzt auf die Straße ausweichen."
Kai Kortus hat Mobilitätstraining, das heißt, er lernt sich selbständig in Marburg zu bewegen. Der aufgeweckte Junge hat noch 1,2 Prozent Sehkraft - die helfen ihm sehr, denn er kann hell und dunkel unterscheiden und große Hindernisse wie Autos zumindest erahnen. Außerdem setzt er sein Gehör und seinen Geruchssinn bewusst ein.
Aufgabe diesmal ist es, den Weg zum Bäcker zu finden - eigentlich eine leichte Übung, denn der Bäcker liegt auf seinem täglichen Schulweg. Aber derzeit ist alles anders als gewohnt: Bauarbeiten machen den Weg für Kai Kortus gefährlich.
"Man hört hier schon, dass die kräftig am bauen sind. Ich folge den Autos, die am Straßenrand geparkt sind. Hier ist ein Pfeiler, jetzt bin ich auf der Baustelle und hier ist Kies, bei Kies lässt sich der Langstock nicht so gut bewegen. Jetzt hab ich den Bäcker gefunden.
Ja, hier riecht es nach frischen Brötchen. "
Mobilitätstraining gehört für Kai Kortus seit drei Jahren zum Stundenplan - seit dieser Zeit besucht er die Blindenstudienanstalt, kurz blista. Neben normalen Unterrichtsfächern wie Mathe und Deutsch hat er zudem das Fach LPF - Lebenspraktische Fähigkeiten im Stundenplan stehen. Hier hat Kai Kortus zum Beispiel gelernt sich ein Schnitzel zu braten oder einkaufen zu gehen.
Die blista macht ihren Schülern zudem viele Angebot in den Bereichen Sport: Sie können schwimmen, reiten, rudern, und sogar Skifahren lernen. Bevor Kai Kortus zur blista kam, hat er eine ganz normale Grundschule besucht - er hat nicht nur positive Erinnerungen daran.
"Wenn man damals in der Grundschule Kunst gemacht hat, war das immer nur zeichnen. Für meine Bilder habe ich dann immer nur Fünfen und Sechsen gekriegt habe, egal wie ich sie gemalt habe oder in der Gemeinschaftsarbeit wurde gesagt, Kai, du darfst nicht mitmalen, es soll ja schön aussehen. Das ist jetzt einfach entspannter, die Lehrer wissen, wie man mit einem umgehen muss und so. "
In der Carl-Strehl-Schule sind die Klassen so klein, dass alle Schüler individuell beim Lernen unterstützt werden können. Je nach Stärke und Form der Sehbehinderung haben sie die benötigten Hilfsmittel an ihrem Platz . Seit drei Jahren gehört ein Notebook für jeden Schüler zur Standardausrüstung. Schüler wie Kai Kortus, die fast nichts sehen oder völlig blind sind, arbeiten mit einer so genannten Braillezeile. Brailleschrift, so heißt die Punktschrift, in der man Texte ertasten kann. Die Braillezeile übersetzt Texte in diese Punktschrift. So können Blinde vom Computer Texte ablesen. Eine weitere Möglichkeit ist die so genannte Sprachausgabe, die sich gut für Internetrecherchen eignet.
" Googlesuche blista, Homepage blista, Carl-Strehl-Schule. "
Der 16-jährige David Knors konnte bis zu seinem sechsten Lebensjahr gut sehen - doch seitdem verliert er immer mehr an Sehkraft und kann nur noch stark vergrößerte Texte lesen. Deshalb benutzt er im Unterricht ein spezielles Lesegerät: Eine Kamera, die mit seinem Bildschirm verbunden ist. Er richtet sie auf das Papier und kann die Texte dann stark vergrößert auf seinem Bildschirm lesen. Das Gerät funktioniert wie eine elektronische Lupe. Bis zur achten Klasse hat David Knors eine Regelschule besucht - allerdings wurden seine Noten dort immer schlechter, weil er dem Unterricht nicht mehr folgen konnte.
"An der Tafel liegt das. Wenn man in der Regelschule ist, also auf der normalen Schule, da wird ziemlich viel mit der Tafel gearbeitet, das wird hier so gut wie gar nicht gemacht, vielleicht einmal im Monat oder zweimal im Monat, weil das meiste wird hier diktiert oder man bekommt Texte zum lesen und das wird dann mündlich besprochen."
David Knors besucht die zehnte Klasse. In Sozialkunde bereiten sich die zwölf Schüler gerade auf ihr erstes Berufspraktikum vor:
"Vielleicht Rechtsanwalt oder vielleicht auch was in der Informatikbranche machen. "
"Ich würde gerne was im Bereich Journalismus machen. "
Ich interessiere mich für den sozialen Bereich. Ich haben mich jetzt bei der Polizei beworben. "
"Architektur oder vielleicht was im Hotel. "
"Ich wollte am liebsten bei einem Rechtsanwalt unter kommen. "
Überdurchschnittlich viele Abgänger der blista studieren Jura. In den letzten Jahren hat sich der Bereich Informatik als Arbeitsfeld für Blinde und Sehbehinderte eröffnet. Und eine weitere große Gruppe wählt pädagogische Berufe.
So auch die 32-jährige Andrea Katemann. Sie ist nach dem Abitur in Marburg geblieben und hat Lehramt Germanistik und Politik studiert. Die Universität Marburg ist auf blinde und sehbehinderte Studierende eingestellt, es gibt blindengerechte Computer und die Vorlesungsverzeichnisse werden in Brailleschrift bereit gestellt.
Trotzdem können Blinde und Sehbehinderte auf dem Weg ins Berufsleben schnell abgehängt werden, denn Zusatzqualifikationen wie Praktika stellen für sie besondere Hürden dar, weiß Andrea Katemann
"Möglichst viele Praktika, möglichst das Jahr im Ausland, das sind alles Dinge, die als Blinder und Sehbehinderter auch möglich sind, aber es bedeutet viel Aufwand, die Zusatzleistung zu organisieren."
Denn ein blinder oder sehbehinderter Mensch muss in einer anderen Stadt erstmal den Weg zur Praktikumsstelle lernen.
Andrea Katemann ist einfach in Marburg geblieben - sie promoviert derzeit in Germanistik und arbeitet zudem an der blista als Lehrerin für Brailleschrift.
Sie hat die Erfahrung gemacht, dass Arbeitgeber of schlecht informiert sind, über das was Blinde und Sehbehinderte können - beispielsweise am PC arbeiten.
"Da ist es sinnvoll, dass man auf die Arbeitgeber zugeht, dass man Arbeitgebern zeigt, das können Blinde und die Arbeitgeber wissen, was sie fordern können von blinden Mitarbeitern.