Lothar Guckeisen: Das Lernen lernen, das ist momentan Thema auf einer gemeinsamen Tagung der medizinischen Fakultäten Mannheim und der Uni Heidelberg. Bei der Veranstaltung zum landesweiten Tag der Lehre geht es um neueste Entwicklungen in der Lernforschung. Und ein Referent ist dort auch der Erziehungswissenschaftler Professor Thomas Fuhr. Und der Titel seines Vortrags, der lautet: Nachhaltiges Lernen im Studium. Herr Fuhr, was verstehen Sie unter Nachhaltigkeit beim Lernen?
Thomas Fuhr: Ja, guten Tag erst mal! Nachhaltiges Lernen heißt erst mal ganz einfach, dass das, was wir lernen, auch nach dem Studium noch für uns präsent ist und wichtig ist, und dass wir nicht nur, um es auf den Punkt zu bringen, für die Klausur lernen, für die Abschlussprüfung.
Guckeisen: Nun ist es aber doch ein Kennzeichen unserer Zeit, dass Wissen sehr schnell veraltet, auf der anderen Seite der Zugang zu Wissen schnell und problemlos möglich ist. Dann fragt man sich natürlich, ist es denn wirklich noch so wichtig, dass das Gelernte tatsächlich haften bleibt?
Fuhr: Ja, natürlich, es ist schon noch wichtig, aber das verändert sich auch, wenn man nachher mit dem Wissen umgeht. Ein Punkt des nachhaltigen Lernens ist deswegen auch, dass man das Lernen lernt, dass man lernt, wie man danach sich weiterbildet und dass man auch die innere Haltung erwirkt, dass man sagt, Lernen ist in meinem ganzen Leben etwas Wichtiges. Ich habe nicht ausgelernt, wenn ich mein Diplom in der Tasche habe oder mein Staatsexamen.
Guckeisen: Also, Sie sagen, es ist immer noch wichtig, dass was hängen bleibt. Wie schafft man, dass was hängen bleibt, gibt es da Strategien?
Fuhr: Ja, es gibt mehrere Strategien, aber ganz wichtig ist ganz bestimmt, dass das Lernen einem selbst sinnvoll erscheint, also dass man es verknüpfen kann mit dem, was man bisher schon gelernt hat, dass man es nicht nur memoriert, sondern auch mit dem Lernen arbeitet und auch dass man es schon frühzeitig benutzt in der Praxis und sozusagen nicht erst vier, fünf, sechs Jahre lang manchmal ja studiert und danach erst anfängt, dieses Wissen anzuwenden. Das würde nicht funktionieren.
Guckeisen: Sie sagen, es ist ganz wichtig, dass man das Lernen lernt - wie ist das denn an der Universität? Ist das mittlerweile so, dass man dort zunächst mal das Lernen lernt, bevor man etwas lernt?
Fuhr: Hm, ja, das ist ... also traditionell haben wir ja eigentlich die Einheit von Forschung und Lehre, und das ist eigentlich auch die Einheit des fachlichen Lernens und des Lernens, wie man lernt. Also man lernt, wie man Texte liest, wie man Untersuchungen interpretiert, dass man dann nachher zum Beispiel als Arzt, wenn man sich weiterbildet, auch eben solche Interpretationen machen kann. Das lernt man normalerweise traditionell durch das Lernen selbst, aber indem man es eben auch thematisiert, also wie sind wir jetzt vorgegangen, hat sich die Art des Lernens bewährt, haben wir Standards eingehalten bei der Begründung von Argumenten, die anerkannt sind und so weiter.
Guckeisen: Sagen wir mal, die eine Seite der Medaille ist das Lernen selbst, die andere Seite ist ja die Lehre an der Universität. Jetzt ist ja gerade auch ein Qualitätspakt für die Lehre vereinbart worden für die Hochschulen - wie wichtig finden Sie diesen Qualitätspakt?
Fuhr: Ja, ich finde das sehr wichtig. Also ich selbst bin ja Erziehungswissenschaftler, und sogar als Erziehungswissenschaftler weiß man nicht einfach direkt oder kann es auch nicht so ohne Weiteres, Studenten so zu unterrichten, dass sie das als gewinnbringend erachten. Man kann viele Lernformen sich vorstellen, man kann auch Vorlesungen machen, also traditionelle Lernformen, man muss nicht nur, sag ich mal, modernere Lernformen haben. Aber all das muss man auch können und lernen, und deswegen ist die hochschuldidaktische Qualifizierung von Dozenten, glaube ich, ein ganz zentrales Qualitätsmerkmal von Universität heutzutage.
Guckeisen: Also auch die Lehrenden müssen noch eine ganze Menge lernen.
Fuhr: Genau.
Guckeisen: Seit Jahren ist ja die Rede davon, dass es insbesondere wichtig ist, Kinder eben darauf vorzubereiten, wie man sinnvoll lernt. Jetzt hören wir das tagtäglich. Ist das denn bloße Rhetorik oder ist es beispielsweise tatsächlich schon spürbar, dass heutige Studienanfänger besser aufs Lernen vorbereitet sind?
Fuhr: Doch, sie sind schon sehr viel besser vorbereitet als vor 20 Jahren allemal oder auch vor zehn Jahren. Also zum Beispiel können sie oftmals verschiedene Exzerpiertechniken, also wie man Texte so aufbereitet, dass man das zentrale Wissen herausholt, sie können sehr gut in der Gruppe arbeiten, also sich gegenseitig helfen beim Lernen, sich austauschen über die Bedeutsamkeit des Wissens, Wissen strukturieren. Sie können aber auch sehr gut präsentieren. Also früher gab es ja auch Studenten, die haben im Studium zum ersten Mal ein Referat gehalten, also sie mussten erst im Studium lernen, wie man so etwas vorbereitet, wie man Text entsprechend strukturiert und so weiter. Da machen die Schulen schon sehr viel im Vergleich zu früher.
Guckeisen: Also auf diesem Gebiet ist schon eine ganze Menge gegangen, und Sie machen uns auch Hoffnungen, dass das auch weiterhin so ist. Ich wünsche Ihnen noch eine erfolgreiche Tagung in Mannheim, bedanke mich für das Gespräch. In "Campus & Karriere" Professor Thomas Fuhr von der Pädagogischen Hochschule in Freiburg. Besten Dank!
Thomas Fuhr: Ja, guten Tag erst mal! Nachhaltiges Lernen heißt erst mal ganz einfach, dass das, was wir lernen, auch nach dem Studium noch für uns präsent ist und wichtig ist, und dass wir nicht nur, um es auf den Punkt zu bringen, für die Klausur lernen, für die Abschlussprüfung.
Guckeisen: Nun ist es aber doch ein Kennzeichen unserer Zeit, dass Wissen sehr schnell veraltet, auf der anderen Seite der Zugang zu Wissen schnell und problemlos möglich ist. Dann fragt man sich natürlich, ist es denn wirklich noch so wichtig, dass das Gelernte tatsächlich haften bleibt?
Fuhr: Ja, natürlich, es ist schon noch wichtig, aber das verändert sich auch, wenn man nachher mit dem Wissen umgeht. Ein Punkt des nachhaltigen Lernens ist deswegen auch, dass man das Lernen lernt, dass man lernt, wie man danach sich weiterbildet und dass man auch die innere Haltung erwirkt, dass man sagt, Lernen ist in meinem ganzen Leben etwas Wichtiges. Ich habe nicht ausgelernt, wenn ich mein Diplom in der Tasche habe oder mein Staatsexamen.
Guckeisen: Also, Sie sagen, es ist immer noch wichtig, dass was hängen bleibt. Wie schafft man, dass was hängen bleibt, gibt es da Strategien?
Fuhr: Ja, es gibt mehrere Strategien, aber ganz wichtig ist ganz bestimmt, dass das Lernen einem selbst sinnvoll erscheint, also dass man es verknüpfen kann mit dem, was man bisher schon gelernt hat, dass man es nicht nur memoriert, sondern auch mit dem Lernen arbeitet und auch dass man es schon frühzeitig benutzt in der Praxis und sozusagen nicht erst vier, fünf, sechs Jahre lang manchmal ja studiert und danach erst anfängt, dieses Wissen anzuwenden. Das würde nicht funktionieren.
Guckeisen: Sie sagen, es ist ganz wichtig, dass man das Lernen lernt - wie ist das denn an der Universität? Ist das mittlerweile so, dass man dort zunächst mal das Lernen lernt, bevor man etwas lernt?
Fuhr: Hm, ja, das ist ... also traditionell haben wir ja eigentlich die Einheit von Forschung und Lehre, und das ist eigentlich auch die Einheit des fachlichen Lernens und des Lernens, wie man lernt. Also man lernt, wie man Texte liest, wie man Untersuchungen interpretiert, dass man dann nachher zum Beispiel als Arzt, wenn man sich weiterbildet, auch eben solche Interpretationen machen kann. Das lernt man normalerweise traditionell durch das Lernen selbst, aber indem man es eben auch thematisiert, also wie sind wir jetzt vorgegangen, hat sich die Art des Lernens bewährt, haben wir Standards eingehalten bei der Begründung von Argumenten, die anerkannt sind und so weiter.
Guckeisen: Sagen wir mal, die eine Seite der Medaille ist das Lernen selbst, die andere Seite ist ja die Lehre an der Universität. Jetzt ist ja gerade auch ein Qualitätspakt für die Lehre vereinbart worden für die Hochschulen - wie wichtig finden Sie diesen Qualitätspakt?
Fuhr: Ja, ich finde das sehr wichtig. Also ich selbst bin ja Erziehungswissenschaftler, und sogar als Erziehungswissenschaftler weiß man nicht einfach direkt oder kann es auch nicht so ohne Weiteres, Studenten so zu unterrichten, dass sie das als gewinnbringend erachten. Man kann viele Lernformen sich vorstellen, man kann auch Vorlesungen machen, also traditionelle Lernformen, man muss nicht nur, sag ich mal, modernere Lernformen haben. Aber all das muss man auch können und lernen, und deswegen ist die hochschuldidaktische Qualifizierung von Dozenten, glaube ich, ein ganz zentrales Qualitätsmerkmal von Universität heutzutage.
Guckeisen: Also auch die Lehrenden müssen noch eine ganze Menge lernen.
Fuhr: Genau.
Guckeisen: Seit Jahren ist ja die Rede davon, dass es insbesondere wichtig ist, Kinder eben darauf vorzubereiten, wie man sinnvoll lernt. Jetzt hören wir das tagtäglich. Ist das denn bloße Rhetorik oder ist es beispielsweise tatsächlich schon spürbar, dass heutige Studienanfänger besser aufs Lernen vorbereitet sind?
Fuhr: Doch, sie sind schon sehr viel besser vorbereitet als vor 20 Jahren allemal oder auch vor zehn Jahren. Also zum Beispiel können sie oftmals verschiedene Exzerpiertechniken, also wie man Texte so aufbereitet, dass man das zentrale Wissen herausholt, sie können sehr gut in der Gruppe arbeiten, also sich gegenseitig helfen beim Lernen, sich austauschen über die Bedeutsamkeit des Wissens, Wissen strukturieren. Sie können aber auch sehr gut präsentieren. Also früher gab es ja auch Studenten, die haben im Studium zum ersten Mal ein Referat gehalten, also sie mussten erst im Studium lernen, wie man so etwas vorbereitet, wie man Text entsprechend strukturiert und so weiter. Da machen die Schulen schon sehr viel im Vergleich zu früher.
Guckeisen: Also auf diesem Gebiet ist schon eine ganze Menge gegangen, und Sie machen uns auch Hoffnungen, dass das auch weiterhin so ist. Ich wünsche Ihnen noch eine erfolgreiche Tagung in Mannheim, bedanke mich für das Gespräch. In "Campus & Karriere" Professor Thomas Fuhr von der Pädagogischen Hochschule in Freiburg. Besten Dank!