Das Personal der ungebetenen Bewerber macht die ohrenbetäubende Pracht der 1000 Blüten nieder wie ein Mähdrescher und den Platz frei für das Ballett. Das vermag natürlich Alphise nicht geneigter zu stimmen, einen der beiden Söhne Boreas', des Nordwinds, zu erhören. Also: Ballett!
Die dunklen Gestalten aus dem kühlen Norden drohen mit der Verwüstung des mythisch-orientalischen Baktrien. Das lag dort, wo heute Afghanistan ist. Damals wie heute: die Regenten wollen den Herren des Nordens nicht zu Willen sein. Aphise und Abaris fürchten sich vor dem großen Sturm – der Regisseur Robert Carsen lässt ihn ebenso dekorativ hereinbrechen wie er das Austreiben des Liebesblüten zeigte: aus Dutzenden von rasch gedrehten Schirmen wirbelt herbstliches Laub, das auch in großer Menge vom Bühnenhimmel regnet. Ballett!
Der Tanz, oberarmbetont energisch und mit stechenden Bewegungen, verrät die Disco- und Fernseherfahrung des Choreographen Edouard Lock. Viel schwarze und weiße Unterwäsche – das ist nun einmal Mode. Die Weißen werden, wetten dass, gewinnen!
Immer wieder mischen sich Menuette und Gavotten, eine Air vif und noch eine Air gracieux, Contredanses und Rondeaus in die Suite der Rameauschen Arien, die sich teils durch bemerkenswertes Espressivo auszeichnen, streckenweise aber nicht frei von elysischen Längen sind. Die dehnten sich bei der Premiere, weil während der Vorstellung viermal der Strom ausfiel und es jeweils geraume Zeit dauerte, bis die Haustechniker wenigstens für Arbeitslicht sorgen konnten. Doch auch im illustersten Schein wirken "Le Boréades" wohl am Ende nur bedingt erleuchtet – trotz so viel Phantasie und Mühe von Seiten der Ausstatter: ein wundersamtener Sommersternenhimmel kontrapunktiert Alphises Erwägung, um ihrer Liebe willen dem Thron zu entsagen, als schon eine überdimensionale Hochzeitstafel mit Hochzeitstorte bereitsteht. Ballett!
Die Jahreszeiten schreiten fort. Nach dem Schneetreiben (aus den wiederum rasch gedrehten Regenschirmen und vom Plafond herab) fröstelt Alphise in den grauen Eiskeller-Kavernen des Windkönigs Boreas, wohin sie entführt wurde. In die nasskalte Regenschirmpracht schwebt Apoll herab wie ein von dannen wiederkehrender Christus zur finalen Klärung und Verklärung und es entscheidet sich der tanzende Kampf zwischen Kalt-Nass-Schwarz und Positiv-Weiss: Abaris ist niemand anderer als des Gottes Sohn und mithin wahrhaft königlicher Gemahlsanwärter. Die Herzensneigung siegte über die Staatsraison und wird doch eben alsbald auf der höchsten irdischen Ebene für ihre Standhaftigkeit belohnt. Ballett!
Die Unterweltler legen ihre schwarze Oberkleidung ab und demonstrieren, dass auch sie eigentlich zu den Guten gehören. Sie zeigen also weiße Unterwäsche. An ihr wird man also von nun an die Zugehörigkeit zu den großen Parteiungen dieser Welt erkennen. Alle pflanzen wieder Blumen – und der Märzenregen gibt seinen Segen dazu, bevor das hellste Licht den Vorschein des Ewigen spendet. Ballett!
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988.html
Die dunklen Gestalten aus dem kühlen Norden drohen mit der Verwüstung des mythisch-orientalischen Baktrien. Das lag dort, wo heute Afghanistan ist. Damals wie heute: die Regenten wollen den Herren des Nordens nicht zu Willen sein. Aphise und Abaris fürchten sich vor dem großen Sturm – der Regisseur Robert Carsen lässt ihn ebenso dekorativ hereinbrechen wie er das Austreiben des Liebesblüten zeigte: aus Dutzenden von rasch gedrehten Schirmen wirbelt herbstliches Laub, das auch in großer Menge vom Bühnenhimmel regnet. Ballett!
Der Tanz, oberarmbetont energisch und mit stechenden Bewegungen, verrät die Disco- und Fernseherfahrung des Choreographen Edouard Lock. Viel schwarze und weiße Unterwäsche – das ist nun einmal Mode. Die Weißen werden, wetten dass, gewinnen!
Immer wieder mischen sich Menuette und Gavotten, eine Air vif und noch eine Air gracieux, Contredanses und Rondeaus in die Suite der Rameauschen Arien, die sich teils durch bemerkenswertes Espressivo auszeichnen, streckenweise aber nicht frei von elysischen Längen sind. Die dehnten sich bei der Premiere, weil während der Vorstellung viermal der Strom ausfiel und es jeweils geraume Zeit dauerte, bis die Haustechniker wenigstens für Arbeitslicht sorgen konnten. Doch auch im illustersten Schein wirken "Le Boréades" wohl am Ende nur bedingt erleuchtet – trotz so viel Phantasie und Mühe von Seiten der Ausstatter: ein wundersamtener Sommersternenhimmel kontrapunktiert Alphises Erwägung, um ihrer Liebe willen dem Thron zu entsagen, als schon eine überdimensionale Hochzeitstafel mit Hochzeitstorte bereitsteht. Ballett!
Die Jahreszeiten schreiten fort. Nach dem Schneetreiben (aus den wiederum rasch gedrehten Regenschirmen und vom Plafond herab) fröstelt Alphise in den grauen Eiskeller-Kavernen des Windkönigs Boreas, wohin sie entführt wurde. In die nasskalte Regenschirmpracht schwebt Apoll herab wie ein von dannen wiederkehrender Christus zur finalen Klärung und Verklärung und es entscheidet sich der tanzende Kampf zwischen Kalt-Nass-Schwarz und Positiv-Weiss: Abaris ist niemand anderer als des Gottes Sohn und mithin wahrhaft königlicher Gemahlsanwärter. Die Herzensneigung siegte über die Staatsraison und wird doch eben alsbald auf der höchsten irdischen Ebene für ihre Standhaftigkeit belohnt. Ballett!
Die Unterweltler legen ihre schwarze Oberkleidung ab und demonstrieren, dass auch sie eigentlich zu den Guten gehören. Sie zeigen also weiße Unterwäsche. An ihr wird man also von nun an die Zugehörigkeit zu den großen Parteiungen dieser Welt erkennen. Alle pflanzen wieder Blumen – und der Märzenregen gibt seinen Segen dazu, bevor das hellste Licht den Vorschein des Ewigen spendet. Ballett!
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