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Letzte Hoffnung Weihnachten

Seit den "goldenen" Nachkriegsjahren ist es mit der deutschen Unterhaltungselektronik-Industrie konstant bergab gegangen. Grundig, einst "Europas größte Rundfunkgerätefabrik", ist heute insolvent. Wo einmal 40.000 Menschen ihr Geld verdienten, bangen heute 1.500 um ihre Zukunft. Das Unternehmen musste zerschlagen werden, um überhaupt Investoren zu finden. Mittlerweile hat zumindest die Autoradiosparte einen Käufer gefunden: den amerikanischen Delphi-Konzern. Deutsche Investoren sind auch für die übrigen Unternehmensteile keine in Sicht, und so wird künftig da, wo die frühere deutsche Vorzeigemarke drauf ist, nichts Deutsches mehr drin sein.

Von Monika von Aufschnaiter und Adrian Dunskus |
    Der Abstieg des Unternehmens Grundig ist kein Einzelfall. Einzigartig ist nur, dass hier zumindest die Marke noch eine Überlebenschance hat. Viele andere deutsche Unterhaltungselektronik-Hersteller sind dagegen spurlos verschwunden. In nostalgischen Haushalten künden noch ein paar Geräte von Telefunken, Blaupunkt, Saba und Braun von einstigem Glanz, doch ihnen wird keine "junge deutsche Generation" mehr folgen.

    In Deutschland sind nur zwei Unterhaltungselektronik-Hersteller übrig geblieben: Metz und Loewe. Die anderen erfolgreichen Produzenten sind ebenso verschwunden wie die investitionsfreudigen Verbraucher.

    Das Rundfunkgerät zählt, zur Freude der Industrie, zu jenen Gebrauchsartikeln, an denen man grundsätzlich nicht spart. Selbst bei einem Familieneinkommen unter 400 DM hat im letzten Halbjahr etwa ein Viertel aller Käufer ein 400-Mark-Gerät gekauft, wobei fast 70 Prozent von dem Teilzahlungssystem Gebrauch machten.

    In den 50er Jahren bezeichneten auch die Firmen ihre Radiogeräte mit so klangvollen Namen wie Kaiserwalzer oder Jubilate oder Tarantella oder ihre Musiktruhen mit Pompadour. Das war einfach eine andere Produktkultur.

    Unterhaltungselektronik wird mittlerweile verramscht. Das hat seit 5, 6 Jahren, da hat der Aldi angefangen, dann hat Lidl angefangen, andere Supermärkte, Mediamarkt, Saturn, und die Leute kriegen so viel angeboten, dass man die Lust verliert. Zum Teil ist das das selbe Produkt unter zehn verschiedenen Namen. Wenn Sie’s umdrehen, steht überall Made in China drauf. Das geht alles nur noch billig, billig. Die Leute schimpfen zwar, wenn’s billig ist, dass es nix Gescheites ist, aber kaufen tun sie‘s trotzdem.

    Verbandssprecher und Einzelhändler sind sich einig, dass nichts mehr so ist wie früher. Aber wie kam es zu diesem Umsturz?

    Johann Schrädobler glaubt, die Konsumenten seien da kräftig beteiligt gewesen. Seit den siebziger Jahren betreibt der Ingenieur ein Fernseh-Fachgeschäft in Münchens Maxvorstadt. Er hat so seine Theorien darüber, warum Unterhaltungselektronik heute nicht mehr zum Statussymbol taugt.

    Wir haben immer wärmere Sommer bekommen, und da will die jüngere Generation natürlich zeigen, was sie hat. Eine Stereoanlage kann man halt nicht auf die Straße mitnehmen. Also was nimmt man mit: ein teures Handy. Weil das legt man im Biergarten hin, dass ein jeder sieht, was man sich für ein Handy leisten kann und wenn man vorfahrt, dann muss natürlich das richtig röhren, dröhnen der Motor, also Handy und Cabrio ist momentan der Mittelpunkt.

    Um mit Unterhaltungselektronik anzugeben, müsste es schon die Home-Cinema-Anlage sein, aber die kann sich die jüngere Generation dann doch nicht leisten. Gerade weil die Deutschen für andere Elektronik-Produkte viel Geld ausgeben, gilt bei der Unterhaltungselektronik die Maxime: Hauptsache billig. Doch was nichts kostet, ist in den Augen vieler Verbraucher auch nichts wert und eignet sich somit schlecht als Prestige-Objekt.

    Die Billigpreis-Taktik hat eine lange Geschichte. Schon in den Fünfziger Jahren sickerten japanische Transistorradios in die europäischen Märkte.

    Doch die deutschen Hersteller nahmen die Gefahr nicht ernst genug. Sie konnten sich nicht vorstellen, was die Japaner mit ihrer aggressiven Vermarktung im Ausland bewirken würden. Max Grundig glaubte noch, er könne die Imitationskünstler mit ihren eigenen Waffen schlagen und durch Nachahmungen aus seinem Markt vertreiben. Beispiel Transistoren:

    Wir haben von Anfang an die Expansion der japanischen Kleintransistorgeräte mit großer Besorgnis und mit großem Interesse verfolgt. Wir mussten uns über die enorm billigen Preise wundern, deren Entstehung uns heute bekannt ist und die in der Hauptsachen in dem billigen Lohn begründet sein dürften. Trotzdem haben wir durch entsprechende technische Entwicklung und Modernisierung in der Fabrikation es erreicht, dass wir heute Kleintransistorgeräte genau so bauen wie die japanische Industrie.

    Die deutschen Hersteller reagierten also falsch, indem sie versuchten, die Japaner über den Preis zu schlagen. Deutschland war damals, Ende der 60er-Jahre schon ein Hochlohnland und hatte deshalb beim Preiskampf wenig Chancen gegen die Konkurrenz aus Fernost.

    Auch der Firma Loewe, ursprünglich aus Berlin, seit Kriegsende in Kronach in Oberfranken ansässig, machten die Asiaten damals zu schaffen. In den 80ern hieß es dann: Neuorientierung oder Aufgabe – und das Unternehmen entschied sich für die Qualität. Pressesprecher Roland Raithel meint, dass diese Entscheidung Loewe gerettet habe.

    Es gab damals zwei Wege: der eine: ähnlich den Japanern auf billige Massenware zu setzen, den noch günstigeren Preis anzubieten und damit auf Erfolg zu hoffen. Und der andere war, hochwertige Produkte zu bauen, sehr gut gestaltete Produkte zu entwerfen und auf das Prämiumsegment im Markt zu setzen. Diese Richtung hat sich bei Loewe durchgesetzt und hat sich seitdem als doch erfolgreicher Weg erwiesen.

    Erfolgreich muss man in diesem Fall aber bescheiden definieren. Denn Loewe kämpft weiter ums Überleben: In diesem Jahr wird beinahe jede fünfte der 1.250 Stellen gestrichen und die Kurzarbeit ausgeweitet. Der Grund: Langsam aber sicher verdrängen Flachbildschirme die alten Röhrengeräte, wie sie auch Loewe verkauft – eine Entwicklung, die man völlig unterschätzt hatte.

    Während das Unternehmen nämlich bei der Preis- und Qualitätsstrategie die richtigen Entscheidungen getroffen hat, setzte es bei der Technologie auf die falsche Karte. Ein kollektiver Irrtum, wie Jochen Wiesinger von der Gesellschaft für Unterhaltungselektronik GfU meint.

    Die Deutschen haben sich sehr auf Röhrengeräte kapriziert und niemand hat vor zwei Jahren voraussagen können, dass die Flachbildschirme in diesen beiden Jahren einen derartigen Sprung nach vorne machen würden. Das haben auch die Japaner nicht so gesehen. Das ergab sich einfach durch den Aufbau riesiger Fertigungskapazitäten und kommt nun auch China dazu und auch dort entsteht ein riesiger Markt und entstehen vor allem billige Fertigungskapazitäten und die sorgen dafür, dass Flachbildschirme in ein Segment reinrutschen, in dem gute Röhrengeräte angesiedelt sind.

    Ein Blick in die 30er-Jahre zeigt jedoch: Schon damals fehlte den Ingenieuren manchmal der Kontakt zum Markt. Sie waren so etwas wie "Könige des Labors", zuständig allein für das Erfinden. Über die Verkäuflichkeit ihrer genialen Apparate sollten sich andere den Kopf zerbrechen. Roland Raithel blickt dennoch mit Stolz auf so manch unverkäufliche Erfindung.

    Innovation heißt bei Loewe nicht nur elektronisches Fernsehgerät 1931, sondern auch erstes Kassetten-Tonbandgerät Anfang der 50er Jahre oder eine der ersten Videorecorder Anfang der 60er Jahre. Dieses Gerät war damals so groß wie ein Kühlschrank, hatte ein Videoband mit mehr als 10 Zentimetern Durchmesser und sollte einen Preis bekommen von über 40.000 Mark, damals natürlich nicht erschwinglich, das war mehr als acht VW Käfer, aber für Loewe ein ganz ganz wichtiges Technologieprojekt.

    Während ein Teil der deutschen Ingenieure für eine ferne Zukunft entwickelte, konzentrierten die Japaner ihre Energie darauf, die deutschen Erfindungen zu kopieren und billig zu verkaufen – und das mit großem Erfolg, wie Jochen Wiesinger vom Herstellerverband zugibt.

    Es ist sicherlich so gewesen, dass die Japaner viel eher erkannt haben, dass man heute nur noch global agieren kann und das haben sie relativ schnell ausgenützt. Sie haben einmal den großen japanischen Markt gehabt, haben dann den amerikanischen Markt erobert und danach in den 60ern, 70ern eben auch den europäischen Markt. Die hatten das MiTi, eine staatliche Organisation, die dafür gesorgt hat, dass die Japaner ihre Innovationskompetenz zusammen führten und ganz gezielt den Weltmarkt angingen, so was hat es hier einfach nicht gegeben.

    Ob nun das MiTi Schuld war oder das vorbildliche Marketing: Nach zwei Jahrzehnten hatten die Japaner den deutschen Markt im Griff.

    Die Deutschen versuchten, den Konkurrenten einzuholen, doch der war ihnen stets einen Schritt voraus: Mittlerweile haben die Japaner das Billigsegment den Koreanern und Chinesen überlassen und sind vom geschickten Nachahmer zum Technologiepartner geworden. Die ehrgeizigen Umsatzziele von Loewe beispielsweise wären nicht möglich ohne seinen japanischen Partner Sharp. Der hat nämlich rechtzeitig in die Entwicklung von Flachbildschirmen investiert.

    Wenn man auf das vierte Quartal 2004 schaut, dann haben wir uns vorgenommen, dass dann mehr als die Hälfte des Umsatzes mit Fernsehgeräten erzielt wird, die neue Bildschirmtechnologien haben, also flache LCD-Geräte, flache Plasmageräte, aber auch Rückprojektionsgeräte mit großen Bildschirmdiagonalen.

    Kronach ist nicht der einzige deutsche Standort, der an den Folgen einer produktpolitischen Fehlentscheidung leidet .Vor kurzem hat Philips bekannt gegeben, dass Mitte nächsten Jahres das Aachener Werk geschlossen wird. 1.000 Mitarbeiter stellen hier Bildröhren für Fernsehgeräte her, bald stehen sie auf der Straße...

    Im letzten Jahr seien die Bildschirmpreise um ein Fünftel eingebrochen, begründet die Geschäftsführung die Entscheidung. Auslöser für den Preiskampf seien die neuen Flachbildschirme. Auch hier hat ein Hersteller offenbar nicht rechtzeitig auf die neue Technologie umgestellt. Der Betriebsratsvorsitzende Ludomir Dujkovic (sprich: Ljubomir Dolkowitsch) meint aber, auch die Politik sei Schuld an der bevorstehenden Werksschließung.

    Ich bin enttäuscht über die Konzernleitung, aber auch die Politiker. Wir haben im Jahre 2000 die heutige Sozialministerin Ulla Schmidt hier gehabt und haben natürlich alles dafür getan, schon vorzeitig Planungen zu schaffen, in Aachen hier Flachbildschirme zu produzieren. Daraus ist leider nichts geworden außer leere Versprechungen. Daher bin ich erst Mal von Politik enttäuscht, dass sie einfach zusehen, dass hier Arbeitsplätze nach Asien und Osteuropa abwandern.

    Hört man solche Argumentationen, hat man das Gefühl, hier seien die Lektionen der Vergangenheit nie angekommen. Denn wie sollte die Politik die deutschen Hersteller konkurrenzfähiger machen? Das müssen die deutschen Hersteller schon selbst tun, nämlich indem sie sich dauerhaft Vorteile gegenüber ihren ausländischen Wettbewerbern verschaffen. Einzelhändler Johann Schrädobler sieht da durchaus Möglichkeiten.

    Ein Deutscher, der heute Massenproduktimitation von einem Asiaten bringt, der hat keine Chance. Er muss individuell was bringen, wo er sieht, das ist wieder für die Gesellschaft. Also ein typischer Europäer kauft halt was anderes ein wie ein Asiate oder Amerikaner. Man hat einmal gehässig gesagt: »Die Asiaten die hören nicht Musik, die spielen Musik.« Das heißt, der Asiate, der kauft ein Gerät, damit er fünf Stunden mit den Tasten da dran spielen kann. Vielleicht ist da was Wahres dran, weil die Geräte alle so überladen sind, was eigentlich nicht der europäischen Mentalität entspricht. Andere Länder, andere Sitten.

    Das Erfolgsrezept für die Deutschen könnte also lauten: Neue, europäische Schlichtheit. Schrädobler erinnert sich gerne an die robusten, alten Geräte, bei denen kein Stromausfall die Einstellungen löschen konnte. Auch einige seiner Kunden schwärmen von den Zeiten, in denen man ein Radio noch nicht programmieren musste.

    Das war schön, da hat man Drucktasten gehabt, da hat man keine Fernbedienung gebraucht, da ist noch jeder aufgesprungen, wenn er einen Sender umgeschaltet hat, aber jeder hat so ein Gerät bedienen können. Heute jammern die Leute wieder und suchen wieder so was. Es gibt schon wieder eine Generation, leider nicht nur alte sondern auch junge, die froh wären, wenn ‘s wieder so ganz schlichte Geräte gibt, aber gut, die Auswahl ist nicht, das wächst immer mehr alles mit dem Computer zusammen, was die Leute überfordert. Und das ist auch das, warum die Leute den Spaß verlieren, weil ihnen so viel aufgebürdet wird.

    Im Bildschirmdesign und in der Benutzerführung sieht auch Loewe eine Chance, sich zu profilieren. Die Firma möchte ein Universal-Gerät für Musik und Fernsehen anbieten, das sich trotzdem einfach bedienen lässt. Das heißt konkret: Mit dem Gerät sollen nicht drei Fernbedienungen und eine dicke Bedienungsanleitung mitgeliefert werden, sondern der Benutzer soll sich mit dem Gerät von der ersten Minute an zurecht finden.: Mehr Funktion dürfe nicht heißen: mehr Aufwand in der Bedienung.

    Denn die Kunden wollen nicht erst einen Computerführerschein machen müssen, um zuhause fernzusehen. Sie möchten all die Komponenten und all die Möglichkeiten, die die digitale Technik bietet, mit einer einzigen Fernbedienung nutzen und das sehr sehr einfach.

    Bei den Stereoanlagen für den deutschen Musikfreund haben sich jedoch nicht die Deutschen profiliert, sondern ausgerechnet die Japaner: Die schlichten Systemteile der Firma Marantz haben sich laut Schrädobler in den vergangenen Jahren besonders gut verkauft – trotz des stolzen Preises: Gut 1.000 Euro muss man für eine Anlage mit CD-Player und Radiodeck hinblättern. Doch mit ihrem Konzept scheinen die Japaner einen Nerv zu treffen.

    Die haben halt gesagt, gut, es gibt immer noch viele Deutsche, die ihre klassische Musik hören wollen und die haben das gebaut, was so der typisch deutsche Musikgenießer noch haben will und haben Erfolg damit. Die haben halt den Markt analysiert, haben gesagt, es kann nicht sein, dass jeder nur noch Dolby Surround hat, da brauch ich zwei gute Lautsprecher und eine gute Anlage. Und nachdem die Konkurrenz so schwach ist, haben die noch mehr Erfolg. Also es gibt schon Nischen, und das könnte ein deutsche Firma auch machen.

    Als Beispiel nennt Schrädobler ein schlichtes Radio. Entworfen hat den Quader in der Größe eines Milchkartons ein deutscher Ingenieur. Reduktion war sein oberstes Prinzip: Das Gerät ähnelt äußerlich deutschen Radios der sechziger Jahre und kommt mit nur drei Knöpfen aus. Der Klang ist für ein Gerät dieser Größe erstaunlich satt. Der bedienungsfreundliche Zwerg findet reißenden Absatz – trotz seines stolzen Preises von 179 Euro. Schrädobler meint, die Kunden würden für so viel Qualität und Komfort gern mehr bezahlen.

    Eine Chance für die Deutschen sieht der Einzelhändler beim Service: Denn Nachrüstmöglichkeiten und Reparaturservice würden die asiatischen Hersteller kaum anbieten.

    Wenn Sie heute japanische Geräte kaufen, die Ersatzteile sind horrend teuer, das heißt sie werden geködert mit einem billigen Preis im Kauf und danach wird ihnen das doppelt abgenommen und so was vergisst der Kunde halt. Wenn er heute einen DVD-Recorder kauft für 300 Euro, dann muss der nach 3 Jahren hin sein, dann schmeißt ihn der Kunde weg. Die Frage ist: Kauft er sich wieder einen billigen oder sagt er: Nee, jetzt mag ich nimmer, jetzt kauf ich mir einen Gescheiten.

    Was den Verbraucher ärgert, freut den Hersteller. Denn in einem übersättigten Markt fällt es ohnehin schwer, neue Geräte zu verkaufen. Billige Ware ist beliebt, und so wird eben billig produziert – auf Kosten der Produktlebensdauer. Mit teuren Geräten oder neuen Technologien Umsatz zu machen, ist wesentlich schwieriger: Immer schneller nach Markteinführung nämlich gehen die Preise in den Keller. Die DVD-Player zum Beispiel sorgten in diesem Jahr zwar noch kräftig für Umsatz; rund 23 Millionen Stück wurden verkauft; doch der Durchschnittspreis ist im gleichen Zeitraum um ein Drittel gesunken. Noch ein Grund für die deutschen Hersteller, auf andere Wettbewerbsfaktoren als den Preis zu setzen.

    Bedienungsfreundlichkeit, Qualität und Service: Bei Loewe glaubt man, dass diese Faktoren künftig einen noch größeren Wettbewerbsvorteil bedeuten könnten: Denn je mehr Funktionen das früher simple Fernsehgerät im Haushalt übernehme, desto wichtiger werde die Kundennähe.
    Wir sehen die Zukunft des Fernsehgeräts in 3 Bereichen: Zum einen neudeutsch Home-Cinema, Heimkino genannt, der zweite Weg: Home Multimedia. Also die Integration von Internet ins Fernsehgerät bis hin zu Abo-TV wie Premiere und der dritte Weg: Das Fernsehgerät auszubauen zur Zentrale im elektronisch vernetzten Haus, so dass Sie mit dem Gerät auch die Jalousien, die Beleuchtung oder die Türüberwachung steuern können.

    Welches Unternehmen die Geräte herstellen wird, auf denen diese Zukunftsmusik einmal spielen wird, hängt letztlich davon ab, ob nun das Internet ins Fernsehen wandert oder umgekehrt. Denn mit dem Zusammenwachsen der Medien werden völlig neue Konkurrenten auf den umkämpften Markt drängen, warnt Jochen Wiesinger.

    Eine Computerfirma wie Dell hat angekündigt, sich in der U-Industrie zu engagieren, und das wird sie im Niedrigpreis-Segment tun und das wird eine neue Gefahr, zumal auch Microsoft in die Unterhaltungselektronik schielt, alle Unternehmen der Computerindustrie, wo nicht so viel vorangeht, was die Technik angeht, die schielen schon in die Wohnzimmer der Bürger.

    Ob diese Entwicklung tatsächlich bei den Verbrauchern auf Kauffreude stoßen wird, ist allerdings eine andere Frage. Denn neben der kleineren Gruppe Technikbegeisterter scheint es doch eine wachsende Kundschaft für schlichte, solide Radios, Fernseher und Stereoanlagen zu geben. Wer sich heute schon ärgert, beim Stromausfall die Radiokanäle neu programmieren zu müssen, wird die Funktionen seines Haushalts wohl ungern über eine elektronische Schaltzentrale abwickeln. Bis aus diesen Visionen, wenn überhaupt, Verkaufsschlager werden, muss man laut Jochen Wiesinger aber ohnehin noch ein gutes Jahrzehnt abwarten.

    Zwischen der finsteren Zukunft und der finsteren Vergangenheit liegt aber noch ein Lichtblick: das Weihnachtsgeschäft. Die ersten Verkaufswochenenden lassen hoffen: Die Nachfrage nach Unterhaltungselektronik ist groß – besonders nach DVD-Geräten und Flachbildschirmen. Deren Absatz soll sich nach Schätzung des Branchenverbandes gegenüber dem Vorjahr verdreifachen.

    Weniger rosig sieht es für die Röhrengeräte aus. Zwar werden derzeit noch dreimal so viele Röhrenfernseher verkauft wie Flachbildschirme. Insgesamt ist aber der Absatz mit dieser beinahe schon veralteten Technologie um 3 % gesunken. Die Kunden halten sich zurück, weil sie abwarten wollen, bis die Flachbildschirme billiger werden. Auch im Weihnachtsgeschäft scheint es also hauptsächlich um Schnäppchen zu gehen. Keine gute Nachricht für einen Hochpreis-Hersteller wie Loewe. Doch die Zukunft endet nicht mit dem Weihnachtsgeschäft, meint Branchenverband-Sprecher Jochen Wiesinger. Er sieht trotz allem Hoffnung für die deutsche Unterhaltungselektronik-Industrie.

    Die Deutschen werden sich nicht über Technik, Bildschirmtechnik und Ähnliches profilieren können, sondern nur über Angebote, die in den Bedienkomfort hineinreichen, Konvergenzprodukte vor allem. Denken Sie an das Zusammenspiel von Fernsehen und Internet und Ähnliches und vor allen Dingen an die Vernetzung im Haus, da haben die Deutschen durchaus Chancen.