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Letzter Ausweg Enteignung

Dass der angeschlagene Immobilienfinanzierer Hypo Real Estate ohne den Einstieg des Staates nicht überleben kann, ist offensichtlich. Die Verstaatlichung von Banken ist dennoch umstritten. Und wie es bei der Hypo Real Estate nach der Enteignung der Aktionäre weitergehen soll, ist ebenfalls nicht klar.

Von Dietmar Reiche | 03.04.2009
    "Wer ist für die Anrufung des Vermittlungsausschusses gemäß Ziffer 1? Das ist eine Minderheit. Damit stelle ich fest, dass der Bundesrat die Einberufung des Vermittlungsausschusses nicht verlangt."
    Mit geradezu geschäftsmäßiger Routine protokollierte heute Mittag Kurt Beck, der rheinland-pfälzische Ministerpräsident und Vizepräsident des Bundesrates, die Abstimmung zum Finanzmarktstabilisierungsergänzungsgesetz.
    Doch von Routine kann eigentlich keine Rede sein. Es ist ein historischer Tag. Erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik ist die Enteignung von Aktionären möglich, die an Banken beteiligt sind - gegen Entschädigung! Nachdem der Bundestag bereits zugestimmt hatte, gab heute auch die Länderkammer, der Bundesrat, in Berlin grünes Licht. Helmut Linssen, Finanzminister von Nordrhein-Westfalen.
    ""Das Finanzmarktstabilisierungsbeschleunigungsgesetz enthält eine Reihe von Bestimmungen, welche die Durchführung von Stabilisierungsmaßnahmen vereinfachen und beschleunigen sollen. Uns ist allen klar, dies ist sicherlich die schlimmste Wirtschaftskrise seit 80 Jahren. Wir stehen in der politischen Mitverantwortung, alle notwendigen Maßnahmen möglich zu machen und zu ergreifen, um die Auswirkungen dieser Krise für Arbeitsplätze, für die Menschen in diesem Land abzumildern."
    Mit einem maßgeschneiderten Gesetz für den angeschlagenen Immobilienfinanzierer Hypo Real Estate – kurz HRE. Die Bank ist faktisch pleite und eine Insolvenz würde die Finanzmarktkrise weiter befeuern, weil sie weitere Banken, letztendlich aber auch Privatpersonen in Mitleidenschaft ziehen würde. Der Staat will deshalb – "zum Wohle der Allgemeinheit", wie es im Grundgesetz in Paragraph 14 heißt - die Hypo Real Estate verstaatlichen. Wenn nötig auch gegen den Willen der Aktionäre.
    Dazu braucht die Regierung jedoch ein Gesetz. Nämlich genau jenes, das heute im Bundesrat verabschiedet wurde. Das soll dem Staat den Einfluss sichern, den er braucht, um bei der Sanierung der HRE zu helfen. Ingolf Deubel, der Finanzminister von Rheinland Pfalz, geht gedanklich aber noch einen Schritt weiter und schließt weitere Verstaatlichungen von Banken nicht aus.
    "Heute können wir feststellen, es ist noch ein Stück schlimmer gekommen als man damals gedacht hat. Das heißt: Wir haben heute eine Situation, dass zumindest eine Bank - vielleicht auch mehrere - ganz offensichtlich nur dann gerettet werden können, wenn der Staat die Kontrolle übernimmt."
    Die Verstaatlichung von Banken, insbesondere der Hypo Real Estate, ist allerdings umstritten. Bereits im Bundestag lief die Opposition Sturm gegen die Pläne der Regierung.
    Obwohl der Immobilienfinanzierer ohne den Einstieg des Staates Pleite, die Aktie damit wertlos und die bisherigen Garantien in Höhe von 102 Milliarden Euro verloren wären, verteufeln Liberale und Linke einmütig das von ihnen sogenannte Enteignungsgesetz. Unterschiedlicher Ansicht sind sie allerdings bei den Konsequenzen der Verstaatlichung.
    Gregor Gysi, der Fraktionsvorsitzende der Partei "Die Linke" im Bundestag, bemängelt vor allem handwerkliche Fehler.
    "Der erste Fehler besteht darin, dass es Ende Juni ausläuft. Das ist völliger Quatsch. Das ist ein viel zu kurzer Zeitraum. So kann das überhaupt nicht funktionieren. Der zweite Fehler besteht darin, dass es auf die HRE zugeschnitten ist. Was machen Sie denn, wenn die Commerzbank kurz vor der Pleite steht? Machen wir dann ein neues Gesetz? Sie hätten das generell regeln können. Der dritte Fehler ist die Reprivatisierung. Sie haben geregelt, dass die HRE zu reprivatisieren ist, sobald sie nachhaltig stabilisiert ist. Das ist eine ganz schwammige Formulierung. Wir haben beantragt, folgende Formulierung aufzunehmen: '… wenn durch die Reprivatisierung gesichert ist, dass sämtliche Steuermittel einschließlich Zinsen wieder zurückfließen.' Genau an dieser Stelle aber verweigern Sie sich. Deshalb sage ich Ihnen, dass das Ganze auf einen neuen Fall von Untreue hinausläuft."
    Der FDP-Politiker Rainer Brüderle warnt hingegen in der gleichen Bundestagsdebatte vor einem Tabubruch in der marktwirtschaftlichen Ordnung.
    "Heute ist ein Tag der Unfreiheit. Heute wird eine Grundachse verschoben. Heute wird ein Tabu gebrochen. Der Schutz des Eigentums wird torpediert. Das Rettungsübernahmegesetz ist ein Schlag gegen unsere Wirtschaftsordnung. Sie sollten es besser Enteignungsgesetz nennen. Das trifft zu."
    Deshalb soll sich nun auf Antrag der Opposition ein Untersuchungsausschuss mit der Pleite der Hypo Real Estate beschäftigen und der Frage nachgehen, ob das Krisenmanagement sowie die Informationspolitik der Bundesregierung angemessen ist. Finanzminister Peer Steinbrück vermutet dahinter ein taktisches Manöver. Kurz vor der Bundestagswahl gehe es der Opposition vornehmlich darum, die Regierung öffentlich an den Pranger zu stellen, sagte der SPD-Minister dem Handelsblatt.
    Dabei ist die Regierung in einer schwierigen Situation: Der Staat hat sich - angesichts der Exzesse auf dem Finanzmarkt - gegenüber der internationalen Staatengemeinschaft verpflichtet, große Banken in Deutschland vor der Insolvenz zu retten. Der Bund haftet für die Hypo Real Estate mit milliardenschweren Kreditgarantien. Das versetzt ihn in eine ungünstige Verhandlungsposition – und ärgert den Finanzminister.

    "Das geht so nicht, dass wir dort staatlich 87 Milliarden Garantien drin haben, Banken 15 Milliarden Euro, ohne jede Möglichkeit der Einflussnahme auf die Stabilisierung und Restrukturierung dieser Bank, weil wir kein Anteilseigner sind. Wir haben keine einzige Aktie von denen. Und deshalb komme ich zu dem Ergebnis, dass es eine Vorsorge zu treffen gibt, um diese Garantien abzusichern, damit sie nicht fällig werden. Und deshalb debattiere ich, dass es im Zweifelsfall zu einer Enteignung kommen muss, damit wir eine Kontrollmehrheit im Interesse der Steuerzahlers bei einer solchen Bank bekommen."
    Deshalb will der Staat nun die Altaktionäre der Hypo Real Estate – aus dem Unternehmen rausdrängen. Wenn möglich rauskaufen und wenn nötig enteignen. Die Bank soll im Sinne des Staates saniert werden und das möglichst preiswert. Prof. Hartmann-Wendels von der Universität Köln
    "Also um diese sehr schwache, erpressbare Situation des Staates abzuwenden, ist natürlich dieses Gesetz, dass die Enteignung ermöglicht, sehr hilfreich. Der Staat hat jetzt eine sehr viel stärkere Verhandlungsposition, um die Aktionäre zu bewegen, ihre Aktien dem Staat zu einem fairen Preis, zum aktuellen Marktpreis zu übereignen."
    Und der lag heute Mittag bei 1,26 Euro pro Anteilsschein. Die Aktionäre dürfte das kaum freuen, denn sie haben die Aktien meist zu einem viel höheren Wert gekauft und müssen sich jetzt auf schwere Verluste einstellen. Besonders der Großaktionär J.C. Flowers, der rund ein Viertel der Aktien hält, hatte in der Vergangenheit um einen deutlich höheren Rückkaufpreis gerungen – etwa drei Euro pro Aktie. Solchen Forderungen hatte Bundeskanzlerin Merkel aber schon eine Absage erteilt. Im Deutschlandfunk sagte sie Mitte März im Interview der Woche.
    "Was wir nicht können ist, jetzt Preise zu bezahlen, die nicht den marktüblichen Werten entsprechen, weil auch hier wir natürlich wieder schauen müssen: Wie gehen wir mit dem Geld des Steuerzahlers um. Wir haben Exzesse der Märkte gehabt, die wir durch staatliche Eingriffe nur stoppen können, um wieder die Selbstheilungskräfte der Märkte überhaupt zur Entwicklung und Entfaltung zu bringen."

    Die Hypo Real Estate ist mit einer Bilanzsumme von rund 400 Milliarden Euro eine der größten Banken der Welt und finanziert rund um den Globus die Infrastrukturprojekte von Staaten, Kommunen und Unternehmen.
    Sie ist – wie die Experten sagen – systemrelevant. Eine Insolvenz würde eine Kettenreaktion auf dem Finanzmarkt auslösen. Schwere Störungen auf dem Geldmarkt, im nationalen und europäischen Zahlungsverkehr sowie Verwerfungen auf dem Pfandbriefmarkt, wären die Folgen, heißt es einem Brief der Deutschen Bundesbank und Bankenaufsicht BAFIN an das Finanzministerium Auch die Verbraucher, Rentner und Sparer wären betroffen.
    "Die Auswirkungen eines Ausfalls hätten auch breit gestreute Versorgungswerke, Berufsgenossenschaften sowie Länder und deutsche Kommunen erfasst, die teilweise dreistellige Millionenbeträge bei der Hypo Real Estate angelegt hatten."
    Ausgelöst hatte das finanzielle Desaster der Hypo Real Estate die Immobilienkrise in den USA. Noch im November 2007 glaubte der ehemalige Vorstandsvorsitzende, Georg Funke, dass seine Bank gestärkt aus der Finanzkrise hervorgehe werde.
    Doch bereits zwei Monate später, im Januar 2008, platzte die Bombe. Völlig überraschend räumte das Management ein, dass die Bank 390 Millionen Euro auf US-Vermögensanlagen abschreiben musste. Der Aktienkurs brach um 35 Prozent ein, der Beginn einer dramatischen Talfahrt.
    Das war die die Stunde der Schnäppchenjäger. Der US-Finanzinvestor JC Flowers kündigte im April des vergangenen Jahres an, für 1,1 Milliarden Euro knapp ein Viertel der Hypo Real Estate Bankengruppe zu kaufen.
    "Es ist übrigens kein Zufall, dass Flowers als Private Equity Investor in der Hypo Real Estate engagiert ist. Denn Flowers gilt als Bankensanierer. Ehemals wurde er auch als Aktionär begrüßt, weil man sich dachte, dass dieses Probleminstitut, was es schon vorher war, möglicherweise durch einen Private Equity Investor neu aufgestellt worden wäre."
    So Manfred Jäger vom Institut der deutschen Wirtschaft Köln.
    Das besagte Probleminstitut hatte vor allem Schwierigkeiten mit seiner Immobilientochter Depfa in Irland. Dort wurde – unter der weniger strengen Bankenaufsicht - die klassische Immobilienfinanzierung auf Rendite getrimmt. Prof. Hartmann-Wendels von der Universität Köln.
    "Und um diese geringe Zinsmarge aufzupeppen, ist die Hypo Real Estate – aber auch ihre irische Tochter [Depfa] – dazu übergegangen, Langlaufende Kredite zu einem Teil durch kurzfristige Kreditaufnahmen zu finanzieren. In normalen Zeiten ist der Zinssatz für kurzfristige Anlagen niedriger. Dies [es Geschäft] ging dann auch eine gewisse Zeit gut. Aber dann kam die Finanzmarktkrise dazwischen. Die Banken konnten nur noch Kredite zu höheren Zinssätzen aufnehmen, weil Banken [von den Geldgebern] als riskanter angesehen wurden. Damit wurde über Nacht diese Zinsmarge zerstört. Die Bank machte durch ihre Refinanzierung Verluste, und das brachte die Bank sehr schnell an den Abgrund."
    In den sie schließlich am 15. September stürzte. An diesem Tag meldete die US-Investmentbank Lehman Brothers Insolvenz an und löste ein Beben an den Finanzmärkten aus.
    "Dieses Liquiditätsproblem ist maßgeblich ausgelöst worden, durch den Fall von Lehman. Weil sich dadurch die Refinanzierungsmöglichkeiten für die Hypo Real Estate Group immer weiter verschlechterte und sie buchstäblich auszutrocknen drohte."
    Sagt Finanzminister Steinbrück. Einen Monat später drohte der Kollaps des Finanzsystems. Mittendrin: der Immobilienfinanzierer Hypo Real Estate. Am 5.Oktober, an einem Sonntagnachmittag, traten Kanzlerin Merkel und Finanzminister Steinbrück vor die Presse:
    Merkel: ""Wir sagen den Sparern und Sparerinnen, dass ihre Einlagen sicher sind. Auch dafür steht die Bundesregierung ein."

    Steinbrück: "Ja ich möchte gerne unterstreichen, dass in der Gemeinsamen Verantwortung, die wir in der Bundesregierung fühlen, dass wir dafür Sorge tragen wollen, dass die Sparer nicht befürchten müssen eine Euro ihre Spareinlagen zu verlieren."

    Merkel: "Deshalb wird auch mit Hochdruck daran gearbeitet, die Hypo Real Estate zu sichern. Und wir sagen außerdem, dass diejenigen, die unverantwortliche Geschäfte gemacht haben, zur Verantwortung gezogen werden. Dafür wird die Bundesregierung sorgen. Das sind wir auch den Steuerzahlern in Deutschland schuldig."
    Den ersten Schritt zur Verstaatlichung der Hypo Real Estate unternahm der Bund bereits am vergangenen Samstag, also bevor das Bankenrettungsgesetz vom Bundesrat verabschiedet wurde. Der staatliche Rettungsfonds Soffin kaufte 20 Millionen neue Aktien der Hypo Real Estate und hält damit 8,7 Prozent der Anteile.
    Dabei handelte es sich um eine von der Hauptversammlung bereits genehmigte Kapitalerhöhung. Das ist im Prinzip ein Blanko-Scheck für den Vorstand. Die Aktionäre hatten also schon vor der Krise das Management ermächtigt, das Kapital zu erhöhen.
    Der Soffin zahlte drei Euro pro Aktie - fast das doppelte des aktuellen Kurswertes an der Börse. Ein schlechtes Geschäft zum Wohle der Bürger. Der Grund: Laut Aktiengesetz dürfen neue Anteilsscheine nicht unter dem Nennwert an die Aktionäre ausgegeben werden. Und der beträgt drei Euro.

    Durch den Kauf erhielt die Hypo Real Estate 60 Millionen Euro. Angesichts des geschätzten Kapitalbedarfs zwischen sechs und zehn Milliarden Euro war das ein Tropfen auf den heißen Stein, aber ein Signal. Denn die Zeit drängt.
    Tatsächlich ist das Eigenkapital der Bank wie Schnee in der Sonne geschmolzen. Eigentlich hätte die Bafin die Hypo Real Estate Ende März schließen müssen. Denn Banken müssen mindestens vier Euro Eigenkapital vorweisen, wenn sie einen Kredit in Höhe von 100 Euro vergeben. Die Kernkapitalquote der HRE rutschte aber unter die aufsichtsrechtliche Marke von vier Prozent.
    Doch durch das Versprechen der Bundesregierung, die Bank über den Soffin mit neuem Kapital auszustatten und letztlich zu verstaatlichen, darf die Hypo Real Estate weiterleben. Wahrscheinlich folgt nun in einem zweiten Schritt ein Übernahmeangebot, sagt Prof. Hartmann-Wendels von der Universität Köln.
    "Zunächst mal würde der Soffin ein Angebot machen. Das würde sicherlich auch passieren, um nach außen nicht den Eindruck entstehen zu lassen, der Staat verstaatlicht hier rein willkürlich und er könne es gar nicht abwarten. Ich denke schon, man will auch nach außen dokumentieren – auch für die Zukunft – `Wir machen das nicht, weil wir Lust haben am Verstaatlichen, sondern als letzte Möglichkeit, wenn alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft sind´."
    Weil das Angebot aber niedrig ausfallen wird, und der Großaktionär Flowers zu diesem Preis seine Papiere nicht verkaufen will, kann der Vorstand auch gegen den Willen der Aktionäre die Verstaatlichung der Hypo Real Estate vorantreiben. Dafür kann er eine Kapitalerhöhung vorschlagen. Laut Soffin-Gesetz braucht er dazu nur die Zustimmung des Aufsichtsrates, nicht aber die der Hauptversammlung und damit der Aktionäre.
    Allerdings darf auf diesem Weg das Grundkapital nur um maximal 50 Prozent erhöht werden. Rein rechnerisch könnte der Bund damit also die Verfügungsgewalt über rund 40 Prozent der Aktienanteile an der Hypo Real Estate erhalten. Das ist immer noch zu wenig. Die Bundesregierung strebt die vollständige Übernahme an.
    Deshalb müsste der Vorstand in einem weiteren Schritt noch eine Rettungshauptversammlung einberufen. Die Vorlauffrist dafür: ein Tag. Nun müssten sich die Aktionäre entscheiden, ob sie noch einmal in die Bank investieren und sich an der Kapitalerhöhung beteiligen, oder, wenn ein Angebot vorliegt, ihre Papiere verkaufen. Ansonsten droht die Enteignung.
    Doch wie auch immer sich die Aktionäre entscheiden werden. Unklar ist, was der Staat mit der Bank genau vor hat. Im vergangenen Geschäftsjahr hat die Bank laut untestiertem Jahresabschluss einen Konzernverlust in Höhe von 5,3 Milliarden Euro verbucht. Der Vorstand geht davon aus, dass die Bank mindestens noch zwei Jahre rote Zahlen schreibt.
    Das alte Geschäftsmodell, das auf Schönwetterperioden ausgerichtet gewesen sei, habe angesichts der schwierigen Marktverfassung, überhaupt keine Zukunft mehr, erklärte der ehemalige Soffin-Chef, Günther Merl, zuvor im Finanzausschuss des Bundestages.

    "Die Tatsache, dass extrem weit gehende Maßnahmen ergriffen werden müssen. Das kann dazu führen, dass erhebliche Unternehmensteile – die Hälfte oder sogar zwei Drittel des Unternehmens - abgespalten und liquidiert werden müssen. Dies sind Maßnahmen, die die Einzigartigkeit dieses Falles plausibel machen."
    Um die Hypo Real Estate langfristig wieder auf eigene Beine zu stellen, baut Vorstandschef Axel Wieandt den Konzern bereits kräftig um. Die Tochter Deutsche Pfandbriefbank wird mit der HRE Bank verschmolzen und die Refinanzierung auf ein solides Fundament gestellt. Noch in diesem Monat sollen fünf Büros geschlossen werden, elf weitere bis Ende des Jahres.
    Nach der Sanierung soll die neue Hypo Real Estate wieder privatisiert werden. Auf Dauer will der Staat kein Banker sein. Deshalb sucht der Aufsichtsrat hinter den Kulissen fieberhaft neue Partner. Eine weitere Alternative: Ein 100-prozentiges Staatsunternehmen könne immer Nukleus für das Andocken anderer Institute sein, sagte der Aufsichtsratsvorsitzende Michael Endres dem Handelsblatt.
    Diese Formulierung löste wilde Spekulationen aus, der Bund könne einen neuen, großen Immobilienfinanzierer in Deutschland aus der Taufe heben. Immerhin ist der Staat zwischenzeitlich mit über 25 Prozent an der Commerzbank beteiligt. Deren Immobilientochter Eurohypo wurde als neuer Partner der Hypo Real Estate gehandelt. Die bestreitet dies. Doch niemand kennt die Pläne der Bundesregierung, wie sie die Bank wieder privatisieren will. Klar ist nur: An der Verstaatlichung führt kein Weg vorbei. Deshalb ist Professor Hartmann-Wendels von der Universität Köln überzeugt:

    "Dass die Aktionäre verkaufen werden. Der Bund wird vermutlich einen Preis bieten, der etwas über dem Preis liegen wird, den er für eine Entschädigung zahlen müsste. Dies tut er, um auch dieses negative Image einer Enteignung, das haften bleibt, zu vermeiden. Ich denke, es kommt zu einer gütlichen Einigung, aber mit dem drohenden Schwert der Enteignung."

    Für diesen Fall hat der der Großaktionär J.C. Flowers heute allerdings schon rechtliche Schritte angekündigt.