Samstag, 18. Mai 2024

Archiv


Leuchtturmprojekt der bilateralen Bildungsbeziehungen

Im Hochschulbereich existieren zahlreiche Gemeinschaftsprojekte, zum Beispiel in Ägypten, Syrien, Jordanien oder in Vietnam, nur eine deutsch-türkische Universität, die gibt es bislang nicht. Doch das soll sich bald ändern. Die Leiterin des Türkei-Referates des DAAD, Beate Schindler-Kovats, begrüßte die geplante Gründung einer solchen Einrichtung.

Moderation: Kate Maleike | 29.05.2008
    Kate Maleike: Deutsche Hochschulen kooperieren weltweit mit vielen Partnerhochschulen und unterhalten zum Teil auch regelrechte eigene akademische Auslandsvertretungen. Es gibt aber auch Gemeinschaftsprojekte, zum Beispiel in Ägypten, Syrien, Jordanien oder in Vietnam, nur eine deutsch-türkische Universität, die gibt es bislang nicht. Doch das ändert sich ab morgen, denn in Berlin soll mit großem politischen Bahnhof die Gründungsvereinbarung für eben diese erste deutsch-türkische Universität unterzeichnet werden. Zu finden sein wird sie dann in Istanbul. Beate Schindler-Kovats ist die Leiterin des Türkei-Referates beim DAAD, dem Deutschen Akademischen Austauschdienst und jetzt am Telefon. Guten Tag!

    Beate Schindler-Kovats: Guten Tag!

    Maleike: Wie muss man sich denn diese neue Universität in der Praxis vorstellen?

    Schindler-Kovats: Ja, wir haben ein besonderes Profil für die deutsch-türkische Universität. Allein im Namen ist es klar, dass es eine türkische, staatliche Universität ist, mit besonderen deutschen Markenzeichen im akademischen Bereich. Das Besondere dieser doch weltoffenen wissenschaftlichen Einrichtung mit innovativem Ansatz ist, dass geplant ist, dass Abschlüsse gemeinsam vergeben werden, qualifizierte Studiengänge, die deutschsprachiges Studienangebot beinhalten, vor allen Dingen aber auch einen angemessenen Anteil an Studienbegleitendem Deutschsprachunterricht und natürlich auch einen angemessenen Anteil an deutschen Gastdozenten, die dort dann Forschung und Lehre unterstützen.

    Maleike: Wer soll denn diese Universität besuchen?

    Schindler-Kovats: Besuchen sollen sie natürlich Top-Absolventen türkischsprachiger Gymnasien. Da wollen wir natürlich in einer Top-Liga spielen. Wir wollen aber auch, weil es eben das besondere Profil ist, Studierende mit Deutschlandbezug anziehen. Sei es also Studierende in der Türkei, Bewerber, die aus den deutschsprachigen Schulen kommen, aus den internationalen Schulen oder aber auch Studienbewerber aus Deutschland, etwa Remigranten, aber auch ganz normale deutsche Studierende.

    Maleike: Und welche Fächer werden dort unterrichtet?

    Schindler-Kovats: Geplant sind vier Fakultäten zunächst einmal. Eine sicher sehr wichtige ingenieur- und naturwissenschaftliche, also eine technische Fakultät. Geplant ist aber auch Wirtschaft und Sozialwissenschaften, Rechtswissenschaften und eine kultur- und geisteswissenschaftliche Fakultät.

    Maleike: Zu dem Ganzen steuert die Bundesrepublik ja auch einiges bei. Monetär sind es 40 Millionen Euro. Sehen Sie diese neue Universität eher als ein Symbol für politische, interkulturelle Verständigung mit der Türkei, oder hat sie auch wirklich wissenschaftlich-akademisch gesehen einen Mehrwert?

    Schindler-Kovats: Ich denke, es ist sicher ein Leuchtturmprojekt der bilateralen Kultur- und Bildungsbeziehungen, insofern ein ganz wichtiges Projekt. Gleichwohl - und das können wir bestätigen aus unserem akademischen Austausch - ist ja gerade der deutsch-türkische Austausch in den letzten Jahren auch durch die Teilnahme an den EU-Programmen sehr intensiv geworden. Wir haben sehr viele Rückfragen, Interesse deutscher Hochschulen an Projekten mit der Türkei. Geplant ist ja ein deutsches Hochschulkonsortium. Und immerhin haben wir 40 Hochschulen, die namentlich ihre Beteiligung rückgemeldet haben. Da kann man schon von ausgehen, dass es dort auch ein sehr großes Interesse und auch einen sehr großen Bedarf gibt, die deutsch-türkischen Wissenschaftsbeziehungen zu intensivieren.

    Maleike: Die Türkei baut ja derzeit ihren tertiären Bildungsbereich aus, eben auch im Bereich der Hochschulen damit. Ist die deutsch-türkische Universität jetzt eigentlich nur noch das i-Tüpfelchen auch von türkischer Seite?

    Schindler-Kovats: Das glaube ich nicht, weil der Bedarf in der Türkei im tertiären Bildungssektor ist enorm. Wir haben dort eine sehr junge Generation, wir haben dort einen sehr großen Bedarf an Bildung, vor allen Dingen auch an tertiärer Bildung. Im Master-Bereich sehen wir eine sehr zukunftsträchtige Ausbaukapazität. Und wir sehen auch, dass der türkische Staat gezwungen ist, Gründungen vorzunehmen und jetzt eben auch mit Beteiligung der EU-Partnerländer. Wir sind nicht die Einzigen vor Ort, es gibt auch Initiativen anderer Länder, der Niederländer, der Briten, die Franzosen sind schon mit der Galatasaray vor Ort. Also das, denke ich, ist sicher auch ein Prozess, der ein bisschen in die Annäherung an den EU-Bildungsmarkt ist und deshalb zu begrüßen.

    Maleike: Welche Rolle wird denn Ihr Haus, der DAAD, bei dieser Universität übernehmen?

    Schindler-Kovats: Wir haben vom Auswärtigen Amt das Mandat, sage ich mal, für die akademische Umsetzung. Wir sind dabei, im akademischen Bereich das Hochschulkonsortium, das ja letztendlich das Projekt tragen muss, zu betreuen, aber auch vor allen Dingen zu steuern, und der DAAD ist da im Prinzip die Federführung für die deutschen Hochschulpartner, die an der DTU dann beteiligt sein sollen.

    Maleike: Wie sieht der weitere Zeitplan aus für die Uni, wann geht der Studienbetrieb richtig los?

    Schindler-Kovats: Wir hoffen sehr im nächsten Herbst, weil wir ja jetzt mit der Unterzeichnung, die morgen ist, das doch als Startschuss sehen, wo es dann, wie wir hoffen, noch vor der Sommerpause möglicherweise zu diesem Gründungsgesetz kommen kann. Und wir auf deutscher Seite haben mit unseren deutschen Hochschulpartnern uns schon mal sehr intensive konzeptionelle Überlegungen gemacht, die wir dann auch hoffentlich bald mit der türkischen Seite diskutieren können. Dazu soll es eine deutsch-türkische Expertenkommission geben. Und gleichzeitig wollen wir natürlich auch möglichst noch vor der Sommerpause unser deutsches Hochschulkonsortium gegründet haben, sodass wir dann auch als, ja als Verein vermutlich einen Partner für die DTU stellen können.

    Maleike: Wir wünschen viel Erfolg bei den vorbereitenden Arbeiten. In "Campus & Karriere" war das Beate Schindler-Kovats vom Deutschen Akademischen Austauschdienst. Und wir haben gesprochen über die erste deutsch-türkische Universität, für die morgen in Berlin der Startschuss fällt.