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Leukämie

Jeder kennt die Aufrufe in der Presse: Stammzellspender gesucht. Für viele Leukämiekranke ist es der verzweifelte Versuch, einen Menschen zu finden, dessen Gewebemerkmale mit den eigenen übereinstimmen. Denn für rund ein Drittel aller an Blutkrebs Erkrankten findet sich weder im Familienkreis noch in den Internationalen Spenderdateien ein passender Spender. Neue Hoffnung verspricht eine Therapie mit hochgereinigten Stammzellen.

Hartmut Schade |
    Das war einerseits eine große Hoffnung für mich, anderseits war es ein großes Schreckgespenst, weil ich nicht wusste, was daraus wird und ich hab dann wirklich vertraut und verlassen, dass es gut gehen muss.

    Es ging gut bei Ursula Eitelwein. Als die 43jährige Würzburgerin vor einem Jahr an Blutkrebs erkrankte, begann sofort die Suche nach einem geeigneten Stammzell-Spender. Doch weder in der Verwandtschaft noch in den weltweiten Datenbanken fand sich jemand, dessen Gewebemerkmale mit ihren übereinstimmten. Dresdner Ärzte fanden einen Ausweg: sie verpflanzten ihr die Stammzellen ihres Sohnes, obwohl die Gewebe nur zur Hälfte übereinstimmten. Normalerweise sorgt das sofort für heftige Abstoßungsreaktionen. Denn die Spender- Immunzellen erkennen nach einer Transplantation den neuen Körper als fremd und attackieren ihn. Die Dresdner Krebsspezialisten griffen deshalb zu einem Trick und trennten die Immunzellen von den Stammzellen. Dazu gaben sie besondere Eiweiße, so genannte Antikörper in das Spenderblut. Diese Antikörper koppeln nur an die Stammzellen an und die Dresdner versahen sie mit kleinen Eisenmolekülen. Das Stamm- und Immunzellengemisch wurde anschließend über einen Magneten geleitet, an dem die Eisenkügelchen mitsamt den Stammzellen hängen blieben. Diese Trennung muss nahezu perfekt sein, erklärt der Dresdener Leukämie Spezialist Professor Gerhard Ehninger.

    Das sind - wenn man das gesamte Transplantat nimmt, wo 100 Milionen Stammzellen drin sind, da verirren sich noch 1000-5000 Immunzellen, aber die sind so in der Minderheit, dass sie absterben im Körper.

    Da durch eine vorhergehende Chemotherapie und Bestrahlung auch das körpereigene Abwehrsystem komplett ausgeschaltet wird, ist der Patient über einige Wochen ohne Immunabwehr. Für Ursula Eitelwein hieß das, 6 Wochen in strengster Isolation zu verbringen, bis sich ein neues Abwehrsystem gebildet hatte.

    Es kommt zum Anfang zur einer schnellen Erholung eines nicht so spezifischen Immunsystems, das sind die natürlichen Killerzellen, die bereits nach vier Wochen aktiv sind. Das Immunsystem, was sich speziell gegen Viruserkrankungen oder auch gegen Kinderkrankheiten richtet, das dauert manchmal etwas länger – bis zu einem Jahr, bis es wieder hergestellt ist.

    Sagt Dr. Bornhäuser. Das neue Immunsystem auf der Basis der Spenderzellen überrascht die Mediziner – denn es reagiert auf noch vorhandene Leukämiezellen viel aggressiver als das alte Abwehrsystem.

    Man weiß eben, dass diese natürlichen Killerzellen gegen Leukämiezellen, die andere Gewebemerkmale tragen, sehr aktiv werden können und die dann wirklich sehr schnell wirksam eliminieren können die Leukämiezellen. Und das ist um so wahrscheinlicher, je größer der Gewebeunterschied zwischen Spender und Empfänger ist. Das heißt man macht sich in dem Fall eher diese vorher negativ diskutierte Problem des Unterschiedes zu Nutzen. Weil der Unterschied auch bewirkt, das die entstehenden Immunzellen des Spender die Leukämiezellen besser erkennen und abtöten können.

    Warum das so ist und warum sich die Immunzellen trotzdem nicht gegen Körper richten, ist derzeit noch unklar. Mittlerweile haben die Dresdener Mediziner ein Dutzend Patienten mit der neuen Therapie behandelt und sind optimistisch mit ihr eine Behandlungslücke füllen zu können. Denn so wie Ursula Eitelwein geht es einen knappen Drittel aller Leukämiepatienten: es findet sich kein passender Spender. Für sie alle erhöht sich nun die Überlebenschance, wenn es ausreicht, dass nur die Hälfte der Gewebemerkmale übereinstimmt und so Geschwister, Kinder oder Eltern als Spender in Frage kommen.

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