Durak: Die Schweizer Leuna-Akten kommen endlich nach Deutschland. Das Bun-desjustizministerium hat dafür gesorgt, spät, vielleicht zu spät für den Parteispenden-Untersuchungsausschuß, der sich auch mit Leuna befasst, denn seine Zeit läuft irgendwie ab, aber immerhin. Ungewöhnlich ist, dass sich der Bund nun darum kümmert, dass eine Strafverfolgung möglich werden könnte, denn es ist eigentlich seine Sache nicht. Seit Mo-naten wurden die bisher damit befassten Staatsanwälte in Magdeburg beispielsweise und Augsburg heftig kritisiert, weil sie auf diese Akten verzichtet haben. Weshalb taten sie dies? Was steckt dahinter? - Mein Gesprächspartner jetzt ist Friedhelm Julius Beucher von der SPD, seit seiner Arbeit im Untersuchungsausschuss zum DDR-Vermögen mit den Leuna-Vorgängen befasst. Nun also am Telefon und, Herr Beucher, höchst erleichtert denke ich über das Eingreifen?
Beucher: Nicht nur erleichtert, sondern unverhohlene Freude. Und eines ist klar: die Maschen der Netze, die wir ausgelegt haben und durch die uns die ganzen Auskunftsver-weigerer bisher immer durchgeschlüpft sind, werden immer enger, und das ist auch gut so.
Durak: Sie haben den Parteispenden-Untersuchungsausschuss. Sie wollen die Ak-ten sehen. Wie funktioniert es, dass Sie die Akten sehen können?
Beucher: Was wir jetzt ganz schnell machen müssen: eine Sondersitzung des Unter-suchungsausschusses, damit wir einen Beweisbeschluss fassen, der uns die Einsicht-nahme in die Akten ermöglicht. Allein das Wollen reicht nicht. Wir müssen uns ja ohnehin bereit halten wegen der Mazedonien-Geschichte, dass wir mit einer Sondersitzung zu rechnen haben. Also glaube ich, das kann schnell und unbürokratisch über die Bühne ge-hen.
Durak: Was versprechen Sie sich für den Ausschuss aus diesen Akten?
Beucher: Diese Unterlagen werden uns bei der Aufklärung dieser CDU-Affäre - ich sage das mal so - einen Pantersprung nach vorne bringen, denn die Schweizer, Staats-anwalt Bertossa und sein Untersuchungsrichter, haben ja nicht nur die ganzen Akteure aus Frankreich und die Franzosen, die in der Schweiz wohnen, vernommen, sondern sie haben ja auch sehr viele Beiakten zusammengetragen. Bisher konnten wir immer nur von den Aussagen der Franzosen leben, die sagten, diese 256 Millionen Franc sind nach Deutschland als Bestechungsgelder gegangen. Jetzt glaube ich haben wir erstmalig einen Zugang auf den konkreten Weg der Geldflüsse und an deren Ende stehen auch Namen. Das ist das, worauf wir so gespannt sind und wo wir uns die Aufklärung erhoffen.
Durak: Könnten das Akten sein, um mit dem Beispiel Frankreich zu kommen, die die Republik erschüttern?
Beucher: Ja. Zumindest ist die Zeit des jahrelangen Verschweigens und Vertuschens vorbei. Ich habe 1997 bereits Staatsanwaltschaften in Deutschland aufgefordert, nach den Vorwürfen aus Frankreich, nun unternehmt doch endlich mal etwas. Im letzten Untersu-chungsausschuss sind uns förmlich die Akten vor der Nase weggenommen worden. Dann kommt in diesen Skandal auch noch das Verschwinden im Kanzleramt. Das muss man alles als Mosaikstein sehen und dort ist so viel unternommen worden, um nicht aufzuklä-ren. Das kann alles kein Zufall sein. Da hat man wohl versucht, eine Erschütterung zu verhindern.
Durak: Die Frage ist, die wir uns seit dieser Zeit mit Ihnen stellen, wieso blockieren oder haben diese Staatsanwälte so blockiert? Stehen sie unter politischem Einfluss oder waren sie einfach zu nachlässig oder weshalb?
Beucher: Ich will das nicht behaupten, ob sie unter politischem Einfluss stehen, aber sie müssen ja förmlich zum Jagen getragen werden, wie wir es jetzt noch unlängst bei der beabsichtigten Einstellung bei der Frage nach den verschwundenen Kanzleramtsakten gesehen haben. Ich habe dafür kein Verständnis und mag dort auch einfach nicht an Zu-fälle glauben. Deshalb ist es so wichtig, dass jetzt der Generalbundesanwalt entweder entscheidet, Länderstaatsanwaltschaft dort oder Länderstaatsanwaltschaft da, du über-nimmst den Fall, oder er zieht es selbst an sich, was er wegen der möglichen internationa-len Wirtschaftskriminalität vielleicht auch könnte. Das ist aber eine Frage der juristischen Prüfung von Zuständigkeiten.
Durak: Was wäre Ihnen denn lieber?
Beucher: Am liebsten wäre mir, wenn der Generalbundesanwalt die Sachen behal-ten würde und selber ermitteln würde, weil eben die Erfahrungen mit vielen Länderstaats-anwaltschaften bis auf ganz wenige Ausnahmen einfach so schlecht waren.
Durak: Das klingt nicht sehr vertrauenerweckend?
Beucher: Das muss ich so sagen. Wenn sie praktisch vier Jahre lang schreien und sagen, warum unternehmt ihr nichts, wo ihr eigentlich von Amtswegen etwas hättet unter-nehmen können, dann mag ich nicht immer daran glauben, dass man sich vor der vielen Arbeit scheut, und dann mag ich auch ebenso nicht daran glauben, dass dies alles Zufall ist. Deshalb diese Erleichterung und Freude darüber, dass es jetzt auf einem justiziablem Weg in Deutschland angekommen ist und der Generalbundesanwalt in Kürze nach Sich-tung der Unterlagen verfügen kann, der macht es, der macht es oder ich mache es selbst.
Durak: Zurück zum Untersuchungsausschuss. Ich habe es eingangs erwähnt, Sie haben so viel Zeit nicht mehr. Bis Weihnachten glaube ich müssten Sie Ihren Bericht fertig haben, weil alles in der laufenden Legislaturperiode verabschiedet und besprochen wer-den muss. Ist das irgendwie zu schaffen?
Beucher: Wir fahren ja Anfang September auch nach Paris. Das wird den Kreis prak-tisch ebenso schließen. Wir werden dort mit französischen Justizbehörden Kontakt auf-nehmen. Das ist auch völlig neu. Das war vor Jahren noch undenkbar. Wir werden dar-über hinaus in Frankreich nach Übersendung der Schweizer Akten auch Zeugen verneh-men. Während so etwas ansonsten ja monatelang dauert bin ich doch jetzt sehr hoff-nungsfroh, dass wir hier eben diesen Pantersprung weiter kommen in Sachen Aufklärung der Bestechungsgelder, in Sachen Leuna/Minol.
Durak: Wenn nachgewiesen würde, dass die CDU oder einzelne Mitglieder der CDU Gelder erhalten haben, welche Konsequenzen sollte das haben?
Beucher: Das wäre natürlich ein neues Kapitel in Sachen CDU-Affären. Ich denke, sollten welche dabei sein, die jetzt noch aktiv in der Politik haben, haben die dort ebenso wenig zu suchen wie diejenigen, die möglicherweise die Hände aufgehalten haben und jetzt nicht mehr in der aktiven Politik sind. Das ist aber Spekulation, wer es sein könnte. Wir haben hier dem öffentlich erhobenen Vorwurf von Beteiligten aus dem Umfeld von Elf-Aquitaine nachzugehen, die nicht nur gesagt haben, die Gelder seien nach Deutschland gegangen, sondern die auch konkret gesagt haben, die Gelder seien in Richtung CDU gegangen. Da müssen wir aufklären, wer es ist, und dies mit allen Konsequenzen. Wir sind jahrelang genug behindert worden in dieser Sache. Darüber müssen wir dann befin-den, wie mit den möglichen Ergebnissen umgegangen wird.
Durak: Friedhelm Julius Beucher von der SPD, Mitglied im Parteispenden-Untersuchungsausschuss. Er erwartet die Leuna-Akten wie viele andere auch und hat viel Arbeit vor sich. - Herzlichen Dank Herr Beucher für das Gespräch!
Link: Interview als RealAudio
Beucher: Nicht nur erleichtert, sondern unverhohlene Freude. Und eines ist klar: die Maschen der Netze, die wir ausgelegt haben und durch die uns die ganzen Auskunftsver-weigerer bisher immer durchgeschlüpft sind, werden immer enger, und das ist auch gut so.
Durak: Sie haben den Parteispenden-Untersuchungsausschuss. Sie wollen die Ak-ten sehen. Wie funktioniert es, dass Sie die Akten sehen können?
Beucher: Was wir jetzt ganz schnell machen müssen: eine Sondersitzung des Unter-suchungsausschusses, damit wir einen Beweisbeschluss fassen, der uns die Einsicht-nahme in die Akten ermöglicht. Allein das Wollen reicht nicht. Wir müssen uns ja ohnehin bereit halten wegen der Mazedonien-Geschichte, dass wir mit einer Sondersitzung zu rechnen haben. Also glaube ich, das kann schnell und unbürokratisch über die Bühne ge-hen.
Durak: Was versprechen Sie sich für den Ausschuss aus diesen Akten?
Beucher: Diese Unterlagen werden uns bei der Aufklärung dieser CDU-Affäre - ich sage das mal so - einen Pantersprung nach vorne bringen, denn die Schweizer, Staats-anwalt Bertossa und sein Untersuchungsrichter, haben ja nicht nur die ganzen Akteure aus Frankreich und die Franzosen, die in der Schweiz wohnen, vernommen, sondern sie haben ja auch sehr viele Beiakten zusammengetragen. Bisher konnten wir immer nur von den Aussagen der Franzosen leben, die sagten, diese 256 Millionen Franc sind nach Deutschland als Bestechungsgelder gegangen. Jetzt glaube ich haben wir erstmalig einen Zugang auf den konkreten Weg der Geldflüsse und an deren Ende stehen auch Namen. Das ist das, worauf wir so gespannt sind und wo wir uns die Aufklärung erhoffen.
Durak: Könnten das Akten sein, um mit dem Beispiel Frankreich zu kommen, die die Republik erschüttern?
Beucher: Ja. Zumindest ist die Zeit des jahrelangen Verschweigens und Vertuschens vorbei. Ich habe 1997 bereits Staatsanwaltschaften in Deutschland aufgefordert, nach den Vorwürfen aus Frankreich, nun unternehmt doch endlich mal etwas. Im letzten Untersu-chungsausschuss sind uns förmlich die Akten vor der Nase weggenommen worden. Dann kommt in diesen Skandal auch noch das Verschwinden im Kanzleramt. Das muss man alles als Mosaikstein sehen und dort ist so viel unternommen worden, um nicht aufzuklä-ren. Das kann alles kein Zufall sein. Da hat man wohl versucht, eine Erschütterung zu verhindern.
Durak: Die Frage ist, die wir uns seit dieser Zeit mit Ihnen stellen, wieso blockieren oder haben diese Staatsanwälte so blockiert? Stehen sie unter politischem Einfluss oder waren sie einfach zu nachlässig oder weshalb?
Beucher: Ich will das nicht behaupten, ob sie unter politischem Einfluss stehen, aber sie müssen ja förmlich zum Jagen getragen werden, wie wir es jetzt noch unlängst bei der beabsichtigten Einstellung bei der Frage nach den verschwundenen Kanzleramtsakten gesehen haben. Ich habe dafür kein Verständnis und mag dort auch einfach nicht an Zu-fälle glauben. Deshalb ist es so wichtig, dass jetzt der Generalbundesanwalt entweder entscheidet, Länderstaatsanwaltschaft dort oder Länderstaatsanwaltschaft da, du über-nimmst den Fall, oder er zieht es selbst an sich, was er wegen der möglichen internationa-len Wirtschaftskriminalität vielleicht auch könnte. Das ist aber eine Frage der juristischen Prüfung von Zuständigkeiten.
Durak: Was wäre Ihnen denn lieber?
Beucher: Am liebsten wäre mir, wenn der Generalbundesanwalt die Sachen behal-ten würde und selber ermitteln würde, weil eben die Erfahrungen mit vielen Länderstaats-anwaltschaften bis auf ganz wenige Ausnahmen einfach so schlecht waren.
Durak: Das klingt nicht sehr vertrauenerweckend?
Beucher: Das muss ich so sagen. Wenn sie praktisch vier Jahre lang schreien und sagen, warum unternehmt ihr nichts, wo ihr eigentlich von Amtswegen etwas hättet unter-nehmen können, dann mag ich nicht immer daran glauben, dass man sich vor der vielen Arbeit scheut, und dann mag ich auch ebenso nicht daran glauben, dass dies alles Zufall ist. Deshalb diese Erleichterung und Freude darüber, dass es jetzt auf einem justiziablem Weg in Deutschland angekommen ist und der Generalbundesanwalt in Kürze nach Sich-tung der Unterlagen verfügen kann, der macht es, der macht es oder ich mache es selbst.
Durak: Zurück zum Untersuchungsausschuss. Ich habe es eingangs erwähnt, Sie haben so viel Zeit nicht mehr. Bis Weihnachten glaube ich müssten Sie Ihren Bericht fertig haben, weil alles in der laufenden Legislaturperiode verabschiedet und besprochen wer-den muss. Ist das irgendwie zu schaffen?
Beucher: Wir fahren ja Anfang September auch nach Paris. Das wird den Kreis prak-tisch ebenso schließen. Wir werden dort mit französischen Justizbehörden Kontakt auf-nehmen. Das ist auch völlig neu. Das war vor Jahren noch undenkbar. Wir werden dar-über hinaus in Frankreich nach Übersendung der Schweizer Akten auch Zeugen verneh-men. Während so etwas ansonsten ja monatelang dauert bin ich doch jetzt sehr hoff-nungsfroh, dass wir hier eben diesen Pantersprung weiter kommen in Sachen Aufklärung der Bestechungsgelder, in Sachen Leuna/Minol.
Durak: Wenn nachgewiesen würde, dass die CDU oder einzelne Mitglieder der CDU Gelder erhalten haben, welche Konsequenzen sollte das haben?
Beucher: Das wäre natürlich ein neues Kapitel in Sachen CDU-Affären. Ich denke, sollten welche dabei sein, die jetzt noch aktiv in der Politik haben, haben die dort ebenso wenig zu suchen wie diejenigen, die möglicherweise die Hände aufgehalten haben und jetzt nicht mehr in der aktiven Politik sind. Das ist aber Spekulation, wer es sein könnte. Wir haben hier dem öffentlich erhobenen Vorwurf von Beteiligten aus dem Umfeld von Elf-Aquitaine nachzugehen, die nicht nur gesagt haben, die Gelder seien nach Deutschland gegangen, sondern die auch konkret gesagt haben, die Gelder seien in Richtung CDU gegangen. Da müssen wir aufklären, wer es ist, und dies mit allen Konsequenzen. Wir sind jahrelang genug behindert worden in dieser Sache. Darüber müssen wir dann befin-den, wie mit den möglichen Ergebnissen umgegangen wird.
Durak: Friedhelm Julius Beucher von der SPD, Mitglied im Parteispenden-Untersuchungsausschuss. Er erwartet die Leuna-Akten wie viele andere auch und hat viel Arbeit vor sich. - Herzlichen Dank Herr Beucher für das Gespräch!
Link: Interview als RealAudio